Stefan Brupbacher: «Bauwirtschaft und Industrie sind wichtige Partner»
Stefan Brupbacher, Direktor von Swissmem, beschäftigt sich in seiner Kolumne mit der Frage nach komplizierten Vorgaben für die Baubranche und den sich verändernden klimatischen Bedingungen für die hiesige Arbeitswelt.

Quelle: zvg
Der Direktor von Swissmem, Stefan Brupbacher.
Die Tech-Industrie (Maschinen-, Elektro und
Metall-Industrie) ist eine zentrale Stütze der Schweizer Volkswirtschaft. Sie
beschäftigt über 320 000
Mitarbeitende und erwirtschaftet 7 Prozent des BIP.
Industriefirmen haben ein enges Verhältnis zum Bau. Firmen
wie Geberit, Schindler, Stahl Gerlafingen, Belimo und Siemens beliefern die
Bauwirtschaft. Und unsere Firmen vergeben Bauaufträge. 75 Prozent der
Swissmem-Mitgliedfirmen wollen in den nächsten Jahren in der Schweiz
investieren – unter anderem in neue Fabriken.
Allerdings beklagen die Unternehmen die sehr komplexen
Bauvorschriften und empfinden die Einsprachen als prohibitiv. Generell sind
Baubewilligungen zu teuer. In einem zweisprachigen Kanton müssen Baugesuche
übersetzt werden. Das kostet mehrere 10 000
Franken. Weil die Verwaltung sich aufbläht, wachsen
auch die Kosten für Gebühren. Da
braucht es politisches Gegensteuer etwa mit einer Beschränkung der
Zahl Staatsangestellter sowie einem Zurückdrängen von Heimat- und Denkmalschutz.

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Immer komplexere Bauvorschriften, langwierige Bewilligungsprozedere, grosser Verwaltungsaufwand: Die Hürden für die Baubranche sind gross.
Dessen Preis ist in der Schweiz zwei- bis dreimal höher als
im Ausland. Anders als dort will die Industrie nicht, dass ihr Strompreis
subventioniert wird. Was wir brauchen, ist eine bessere Regulierung. Im Zentrum
steht das Netzentgelt. Unsere Firmen investieren stark in Energieeffizienz,
Abwärmenutzung, neue Heiztechnologien und PV. Anders als die Privaten
verbrauchen sie den PV-Strom meist selbst. Bei viel Sonne fluten jedoch private
PV-Anlagen den Strommarkt, was zu Negativpreisen führt. Davon merken diese
PV-Besitzer wenig, weil sie oft garantierte Abnahmepreise haben. Das ist falsch
und verteuert den Netzausbau. Auch für PV-Besitzer müssen Marktpreise gelten.
Das schafft den Anreiz, in Stromspeicher zu investieren und E-Fahrzeuge auch
als Batterien zu nutzen.
Zudem braucht es das Stromabkommen mit der EU. Es führt zur
überfälligen, vollständigen Öffnung des Strommarktes. Die heutige Struktur mit
über 600 Verteilnetzbetreibern ist kaum effizient und innovativ. Nur wer im
Wettbewerb die Nase vorne hat, soll sich durchsetzen. So kann der Umbau der
Energieversorgung richtig beginnen. Und so fliessen auch Aufträge für die
Bauwirtschaft.

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23 Grad: Die magische Grenze, wenn es um die Qualität von Schlaf, Lernen und Arbeiten geht.
Zweitens braucht es im Kampf gegen den Klimawandel
Technologie statt Ideologie. Für Singapur war der Einsatz der Klimaanlage einer
der Gründe des Erfolgs. Singapur hat ein tropisches Klima. Es weiss, was wir
nun lernen: Ab 23 Grad Raumtemperatur nimmt die Qualität von Schlaf, Lernen und
Arbeit rapide ab. Deshalb setzte Singapur auf Klimaanlagen. Ganz anders die
Stadt Zürich. Hier sollen extreme Bauhürden für Klimaanlagen die Bevölkerung
zum Schwitzen bringen und klimapolitisch umerziehen. Das ist falsch. Besser
sind Innovation und Technologie. Und da haben Swissmem-Firmen Lösungen. Mit
intelligenten Steuerungen können gebäudetechnische Einrichtungen wie Heizung,
Kühlung, Lüftung und Beleuchtung optimiert und bedarfsgerecht geregelt werden.
Der Energieverbrauch wird in Echtzeit erfasst. Verbraucher und Netzbetreiber
können Ineffizienzen so-wie Lastspitzen erkennen und vermeiden. Mit künstlicher
Intelligenz werden Nutzerdaten analysiert und Wartungsbedarf sowie
Einsparpotentiale erkannt. In Bürogebäuden können so bis 30 Prozent der Energie
und 20 Prozent der Betriebskosten eingespart werden.
Im Land mit den höchsten Baukosten bietet die Industrie Chancen für die Bauwirtschaft. Packen wir sie!