09:18 BAUPRAXIS

In Kölliken ist der letzte Hallenbogen demontiert

Geschrieben von: Claudia Bertoldi (cb)
Teaserbild-Quelle: Claudia Bertoldi

Von 1978 bis 1985 wurden im aargauischen Kölliken Abfälle eingelagert, 2003 dann der Rückbau verfügt. Über dem Gelände entstanden anschliessend drei unter Druck stehende Hallen. Nach abgeschlossener Bodensanierung ist nun auch die riesige Metallstruktur endgültig verschwunden.

Raupenkran und Lehrgerüst Demontage Halle Sondermülldeponie Kölliken

Quelle: Claudia Bertoldi

Nach abgeschlossener Bodensanierung fand 2018 die Demontage der riesigen Metallstruktur statt. Ein riesiger Raupenkran und ein Lehrgerüst waren für den Rückbau der 170 Meter langen Hallenbögen nötig.

Jedem, der bisher auf der A1 zwischen Aarau und Solothurn unterwegs war, stach eine riesige Struktur unwillkürlich ins Auge. Inmitten der ländlichen Umgebung stand da eine enorme, weisse Halle, die einfach nicht hierher passte. Nach über zehn Jahren Standzeit sind nun die letzten Teile der grössten Halle der Schweiz wieder abgetragen. Doch damit sind die Arbeiten des Rückbaus der Sondermülldeponie Kölliken (SMDK)noch lange nicht beendet. Nur acht Jahre lang wurden in Kölliken Sonderabfälle eingelagert. Die Sanierung dauert wesentlich länger und kostet insgesamt 850 Millionen Franken.

Beim Betreten der Baustelle fallen zunächst der riesige Raupenkran sowie ein Lehrgerüst auf, das jeweils unter zwei der Hallenbögen steht und dann weitergeschoben wird. Der Abriss erfolgt in westliche Richtung. Ganz oben, am höchsten Punkt der Stahlkonstruktion arbeiten einige Männer, gesichert wie Höhenkletterer oder Bergsteiger. Die Stahlbauer bereiten jeweils einen Bogen für die Demontage vor. Sie lösen die Metallverbindungen im oberen Teil der 170 Meter langen, gebogenen Stahlträger, die komplett zu schwer für den Abtransport wären. Dann kann der Kran die halben Bogenelemente anheben und im angrenzenden Gelände ablegen. Sie werden am Boden mit Brechzangen weiter zerkleinert und abtransportiert. Der Stahl wird recycliert.

Abriss schneller als geplant

Im hintersten Bereich der riesigen Baugrube arbeitet ein Bagger. Er beseitigt verbliebene Teile der Dachkonstruktion, die bisher nicht zugänglich waren. Bleche, Folie und Steinwolle werden herausgerissen. «Die Materialien werden sorgfältig getrennt, abtransportiert und wiederaufbereitet. Allein bei der Steinwolle ist dies nicht möglich», erläutert SMDK-Geschäftsführer Benjamin U. Müller. Denn an ihr haften üble Gerüche, eine Aufbereitung ist ausgeschlossen. Deshalb wird sie auf dem Vorplatz in grosse Ballen verpresst und muss in einer Deponie entsorgt werden.

Der Abbruch der Hallenkonstruktion verlief schneller als geplant. Bis Ende Juli sollte die gesamte Stahlkonstruktion entfernt sein, nun waren die Arbeiten fast vier Wochen eher abgeschlossen. Beim Besuch der Baustelle vor einigen Wochen stand hingegen noch der Grossteil des riesigen Stahlgerüsts. Via Webcam konnte jeder nachverfolgen, wie ein Hallenbogen nach dem anderen verschwand.

Die kleineren Bögen der Manipulationshalle konnten noch vom Mobilkran weggehoben werden, die wesentlich grösseren und höheren Bögen im westlichen Bereich mussten demontiert werden, bevor sie auf dem Gelände in Einzelteile zerlegt und abtransportiert wurden. Trotz dem Einsatz grosser Geräte verlief der Abbau weniger geräuschintensiv, als man erwarten würde. Die Anwohner wird es zudem kaum gestört haben, steht ihnen doch nun eine Zukunft mit Ausblick bevor.

Am 16. Mai 1978 wurde in einer alten Tongrube im Westen des Gemeindegebiets von Kölliken die Sondermülldeponie eröffnet. Der Betreiber, das Konsortium der Sondermülldeponie Kölliken SMDK, wurde Mitte der 70er-Jahre durch die Kantone Aargau und Zürich mit einer Beteiligung von rund 42 Prozent sowie die Stadt Zürich und die Basler Chemiegruppe mit einer Beteiligung von etwas mehr als acht Prozent gegründet. Sie sind mit diesen Anteilen auch für die Fi­nanzierung der Gesamtsanierung sowie aller Sicherungs- und Überwachungstätigkeiten verantwortlich

Die Entsorgung der Abfälle erfolgte für damalige Verhältnisse durchaus fortschrittlich. Der Industrie und dem Gewerbe wurde ein zentraler Ort angeboten, wo «sauber und geordnet» die anfallenden Abfälle entsorgt werden konnten. Man war sich sicher, dass die Abfälle im wasserdichten Ton für die Ewigkeit gut aufgehoben sind. Bei der Einlagerung von Abfällen bestanden bereits damals strenge Vorschriften. Trotz eines fortschrittlich erscheinenden Konzepts, unter anderem mit Pflichtenheft, hatte ungeeignetes Material den Weg in die Deponie gefunden. Zudem waren weder die Abfälle nach ihrer Art systematisch getrennt, noch eine Basisabdichtung und ein Entgasungssystem in die Deponie eingebaut worden. In der Betriebszeit waren rund 300'000 Kubikmeter beziehungsweise 475'000 Tonnen Sonderabfälle in Fässern, Säcken oder lose eingebaut worden, darunter auch leicht lösliche Salze. Durch den biologischen Abbau wurden Gase freigesetzt. Die Anwohner beschwerten sich bezüglich der Geruchsbelästigung. Da das Betriebskonsortium auf die Beschwerden nicht reagierte, verfügte der Gemeinderat von Kölliken am 25. April 1985 die Schliessung der Deponie.

Sanierung Sondermülldeponie Kölliken

Quelle: Claudia Bertoldi

Ab Anfang 2018 wurde die riesige Metallstruktur bei der Sondermülldeponie rückgebaut.

Der letzte Bogen fiel Anfang dieser Woche. Nun müssen noch die Seitenwände und die Bodenplatte aus Beton entfernt werden. Neben der Restauffüllung der Grube stehen für die kommenden Jahre weitere Aufgaben an: Sämtliche Infrastrukturen müssen weichen. Parallel dazu wird die Grundwasserreinigung weiter fortgeführt, bis die von der Aufsichtsbehörde vorgegebenen Grenzwerte erreicht sind. Dafür werden Mitte 2019 Grosslochbohrungen im westlichen Teil der Deponie durchgeführt. Rund 200 Bohrungen von 1,5 Metern Durchmesser sollen im Sandstein eingelagerte Schadstoffe entfernen helfen und die Schadstoffentfrachtung der Deponie beschleunigen. Der östliche Bereich wird von zehn Schluckbohrungen flankiert, die ebenfalls die Auswaschung fördern. Das Monitoring des Geländes läuft in der Nachsorgephase mindestens bis 2028. Bis dahin werden auch die zwei heute in die Seitenmauern eingebetteten Gebäude entlang der Safenwilerstrasse weitergenutzt, in denen die Büros, das Labor und die Kläranlage untergebracht sind. (cb)

Den kompletten Artikel lesen Sie im Baublatt Nr. 27 vom 6. Juli.

Weitere Informationen zur Geschichte und technische Detailsunter:www.smdk.ch.

https://www.youtube.com/embed/0dAVfsbc64s?autoplay=0&start=0&rel=0

Geschrieben von

Ehemalige Redaktorin Baublatt

Claudia Bertoldi war von April 2015 bis April 2022 als Redaktorin beim Baublatt tätig. Ihre Spezialgebiete waren Architektur- und Technikthemen.

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