Nazibau in Prora: Der Koloss von Rügen
Ein Gebäuderiegel von 4,7 Kilometern Länge hätte zur Nazizeit eine gigantische Ferienanlage beherbergen sollen. Lange herrschte Ratslosigkeit, was mit dem Koloss angefangen werden soll. Inzwischen sind die Ruinen zu einem Investitionsparadies geworden.

Quelle: Martin Kaule Orte der Geschichte e.V. 2017
Kilometerlang nichts als Bettenburgen. Zehntausende hätten sich hier erholen sollen. Hier der Zustand 2017, ein Grossteil der Gebäude ist bereits renoviert.
Prora, der «Koloss von Rügen» ist nicht
mehr braungrau sondern leuchtet Weiss. Die NZZ nannte ihn einmal «Hitlers
Holiday-Inn», den gigantischen Gebäuderiegel, der sich 4,7 Kilometer entlang
der Küstenlinie in der Nähe des Ostseebades Binz zieht. Prora ist der mit
Abstand gewaltigste Bau aus der Nazizeit, der über das Stadium der
gigantomanischen Pläne und Architekturmodelle hinaus gekommen ist.
Der Leiter der Deutschen Arbeitsfront
Robert Ley war auch für das Kraft-durch-Freude-Programm (KdF) zuständig
gewesen, welches die «Leistungskraft» der deutschen Bevölkerung mit
durchstrukturierten Freizeitangeboten, Sport und für jeden erschwingliche Urlaube
stärken sollte. Bei einer Arbeitstagung der Architekten verkündet er das Ziel,
eigene KdF-Seebäder zu schaffen. Prora sollte das «Gewaltigste und Grösste von
allem bisher Dagewesenen» werden.
Neun Baufirmen bauen
Fertiggestellt wurde der Koloss aber nie.
Die Baufirmen begannen 1937 mit den Rodungsarbeiten und den Fundamenten. Alle
Gebäude sind unterkellert, so dass so nahe an der Küste erst einmal aufwendig
das Grundwasser abgesenkt werden musste. Erst 1938 begann der Hochbau. Eine
eigene Feldbahn sorgte für die Verteilung der Materialien auf der gigantischen
Baustelle. Neun Baufirmen waren zeitgleich vor Ort tätig, von diesen bauten
acht die Bettenhäuser, die neunte errichtete die Kaianlage.
Bereits 1939 wurden die Bauarbeiter
allesamt zu kriegswichtigeren Aufgaben abkommandiert. Und das obwohl der
kolossale Bettenriegel von Anfang an extra so ausgelegt war, dass man ihn auch
als Kriegslazarett hätte nutzen können. Stellenweise wurden während des
Krieges durch Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene rohbaufertige Abschnitte
weiter ausgebaut, so dass sie teilweise verwendungsfähig waren. Später
quartierte man hier Menschen ein, deren Zuhause den Bomben zum Opfer gefallen
war.
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