13:35 VERSCHIEDENES

Mit der Sonne Stahl schmelzen

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: zvg

In La Chaux-de-Fonds befeuern gebündedlte Sonnenstrahlen einen Solarofen, um 100 Prozent rezyklierbaren Stahl zu schmelzen und zu verwerten. Die dazu erforderlichen Prozesstemperaturen werden mit ausgeklügelten Kompaktanlagen erreicht.

Solarofen von Panatere

Quelle: zvg

Die Technik für den Bau des Solarofens wurde auf die Bedürfnisse von metallverarbeitenden Betrieben skaliert. Bild: Demonstration der Wirkung von gebündelten Sonnenstrahlen.

Der Solarofen, der vor kurzem in La Chaux-de-Fonds NE den Betrieb aufnahm, erreicht zwar nicht die Temperaturen, welche auf der Sonnenoberfläche herrschen. Doch die Kompaktanlagen dürften für die Wiederverwendung von Stahl grosses Potenzial haben. Gebaut hat die Anlage die Panatere SA mit Sitz in Saignelégier JU. Das 2013 gegründete Unternehmen ist spezialisiert auf die Produktion von wettbewerbsfähigen Metallen aus rückverfolgbaren Edelstählen und kupferbasierten Materialien. «Es besteht wirklich ein Interesse daran, unsere wertvollen Ressourcen zu rezyklieren. Wir wollen die Metallabfälle aus den Fabriken behalten und sie vor Ort verwerten», umreisst Panatere-Chef und Unternehmensgründer Raphaël Broye die Strategie gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-Sda.

Der Solarofen mit einer elektrischen Leistung von 30 Kilowatt besteht aus einem Heliostaten mit einer Fläche von 137 Quadratmetern und einem Konzentrator mit einem Durchmesser von 9,8 Metern. Die Leistung der solar betriebenen Stahlschmelze wird mittels eines automatisierten Solar-Tracking-Systems optimiert. Doch mit der ausgefeilten Technik der Anlage lassen sich Temperaturen von 1700 Grad Celsius erzeugen. Das ist ausreichend, um je nach Sorte 50 bis 100 Kilogramm Stahl in einem Arbeitsgang zu schmelzen. Verwertet werden soll zu 100 Prozent rezyklierbarer Stahl. Der Ausstoss von Kohlendioxid: nahezu null.

Weltweit gibt es mittlerweile 54 Solaröfen, die allerdings nicht für die Rezyklierung von Metallabfällen konzipiert wurden, wie die Schmelze in La Chaux-de-Fonds. Der Markt für Bau und Betrieb solcher Anlagen dürfte hierzulande vorhanden sein. Denn die Schweiz importiert jährlich etwa 140’000 Tonnen Edelstahl, davon 15’800 Tonnen für die Uhrenindustrie und 6500 Tonnen für die Medizinalbranche. Bei der Industrie fallen durch unterschiedliche Verarbeitungsschritte Metallabfälle an. Auch enthalten viele Geräte des täglichen Gebrauchs Komponenten aus Stahl, die bei der Entsorgung wiedergewonnen werden.  

Mit Grossanlagen Möglichkeiten ausgelotet 

Die Idee, Sonnenergie für Industrieprozesse zu nutzen, ist nicht neu. Bereits 1968 wurde in der Gemeinde Font-Romeu-Odeillo-Via im Département Pyrénées-Orientales im französischen Teil Nordkataloniens ein Solarofen fertiggestellt. Bei der Anlage «Odeillo» handelt es sich um eine Grossanlage, die auf eine Leistung von einem Megawatt ausgelegt wurde. Erreicht wurden Temperaturen von 3000 Grad. In der Nähe entstand zwischen 1979 bis 1986 mit «Thémis» das erste grosse Solarkraftwerk der Welt.

Solarofen von Panatere

Quelle: zvg

Mit den Kleinanlagen werden Prozesstemperaturen von 1700 bis 2000 Grad Celsius erreicht. Diese eignen sich für den dezentralen Einsatz.

Der von der Panatere SA gewählte Ansatz setzt aber hinsichtlich der Ausmasse andere Akzente. Mit kleineren und dezentral genutzten Anlagen lassen sich neue Anwendungsfelder erschliessen. Mehrere metallverarbeitende Unternehmen könnten einen Solarofen gemeinsam nutzen, was die Kosten senkt und Transportwege verkürzt. Dadurch wird die Versorgungssicherheit erhöht und das Risiko im Zusammenhang mit unterbrochenen Lieferketten minimiert. 

Dezentrale Kompaktanlage 

Die Panatere SA plant aber noch eine Nummer kleiner. Kompaktanlagen mit einer elektrischen Nennleistung von fünf Kilowatt sind für lokale Anwendungen konzipiert, wobei Temperaturen von 2000 Grad Celsius erreicht werden. Laut Angaben des Unternehmens eignen sich solche Solaröfen zum schnellen Schmelzen kleiner Stahlmengen. Für die technische Umsetzung der patentrechtlich geschützten Anlage erhielt die Panatere SA Unterstützung von verschiedenen institutionellen Partnern, darunter das Bundesamt für Umwelt, die Kantone Neuenburg, Jura und Bern, die Services Industriels de Genève, die Schweizer Klimastiftung und das Energy Lab. Über das Investitionsvolumen für den Bau des Solarofens wurden keine Angaben gemacht. Mit dem Solarofen könnte von Unternehmen im Jurabogen eine Entwicklung in Gang kommen, die eine neue Epoche industrieller Produktion von Stahlerzeugnissen mitprägen dürfte. (mgt/sts)

Auch interessant

Anzeige

Firmenprofile

Messerli Informatik AG

Finden Sie über die neuen Firmenprofile bequem und unkompliziert Kontakte zu Handwerkern und Herstellern.

Reports

construction-report

Die neuen Baublatt Reports

Neben dem Report Baublatt Project Categories (ehem. Baublatt Analyse), bieten wir ab sofort zwei weitere brandneue Reports als Zusatz. Erfahren Sie hier was Baublatt Top Players und Baublatt Regional Projects zu bieten haben – wie gewohnt digital, prägnant und graphisch auf den Punkt gebracht.

Dossier

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten
© James Sullivan, unsplash

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten

Dieses Dossier enthält die Artikel aus den letzten Baublatt-Ausgaben sowie Geschichten, die exklusiv auf baublatt.ch erscheinen. Dabei geht es unter anderem um die Baukonjunktur, neue Bauverfahren, Erkenntnisse aus der Forschung, aktuelle Bauprojekte oder um besonders interessante Baustellen.

Bauaufträge

Alle Bauaufträge

Newsletter abonnieren

newsico

Mit dem Baublatt-Newsletter erhalten Sie regelmässig relevante, unabhängige News zu aktuellen Themen der Baubranche.