11:01 VERSCHIEDENES

Gewerkschaften fordern höhere Löhne und Teuerungsausgleich

Teaserbild-Quelle: Cosmix, Pixabay

Die Gewerkschaften setzen 2023 bei der Entwicklung der Löhne einen Schwerpunkt. Es brauche Reallohnerhöhungen, einen automatischen Teuerungsausgleich und mindestens 5000 Franken Monatslohn für Berufstätige mit Lehre. Ungelernte sollen mindestens 4500 Franken erhalten.

Tausendernoten.

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Tausendernoten, Symbolbild.

Die Rolle der Gewerkschaften sei sehr wichtig, sagte Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), am Montag vor den Medien in Bern. Dies habe sich zuletzt angesichts der anziehenden Teuerung gezeigt. Zwar sei es für eine Bilanz zur Lohnentwicklung noch zu früh. Dort, wo die Gewerkschaften verhandelt hätten, lägen die Zuwächse aber nahe an der Teuerung.

Der SGB anerkennt zwar, dass es in vielen Branchen Lohnerhöhungen gegeben habe. Die Lohnschere gehe aber wieder auseinander. «Ein Lohn muss zum Leben reichen», lautet deshalb seine Forderung. Das Geld für ein würdiges Leben für alle sei vorhanden. Schliesslich gehöre die Schweiz zu den reichsten Ländern der Welt.

Lohnschere geht auf

Laut dem am Montag veröffentlichten SGB-Verteilungsbericht erhalten Berufstätige mit tiefen und mittleren Löhnen heute real weniger Lohn als 2016. Aufwärts gegangen sei es nur bei den obersten zehn Prozent. Die Lohnoffensive sei deshalb nötig, sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart.

Die Entwicklung gehe in die falsche Richtung, kritisierte Maillard – auch wenn die Lage in der Schweiz besser sei als in anderen Ländern. Durch den Ukraine-Krieg werde sich die Ungleichheit weiter verschärfen. «Wir sind besorgt.»

Eine ausgewogene Wohlstandsverteilung stärke die Demokratie, betonte der Waadtländer SP-Nationalrat. Dies sei gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig, sagte er mit Verweis auf die Ereignisse in Brasilien am Sonntag. Die Demokratie sei vielerorts Angriffen ausgesetzt.

Rückschritte bei der Gleichstellung

SGB-Vizepräsidentin Vania Alleva kritisierte Rückschritte bei der Gleichstellung. Tieflöhne von unter 4000 Franken etwa im Detailhandel, in der Reinigungsbranche oder in der Pflege seien inakzeptabel. In Tieflohnbranchen seien die Reallohnverluste besonders hoch – und Frauen seien dort übervertreten.

Rückwärts statt vorwärts gehe es auch bei den Renten, so Alleva. Es habe sich gezeigt, dass die Befürworter einer Erhöhung der Frauenrentenalters im Abstimmungskampf «nichts als leere Versprechungen» gemacht hätten.

Nötig sei neben Lohnerhöhungen auch eine Reduktion der Arbeitszeiten, so die Präsidentin der Gewerkschaft Unia. Sie verwies dabei insbesondere auf den Pflegenotstand. Viele Pflegende reduzierten heute aus Not auf eigene Kosten ihr Pensum, rund 300 Pflegende flöhen derzeit jeden Monat aus ihrem Beruf.

Angriffe von Arbeitgeberseite

Es brauche Druck bei den Verhandlungen über Gesamtarbeitsverträge, forderte Alleva. Dies umso mehr, weil die Bürgerlichen versuchten, den Schutz der Arbeitnehmer aufzuweichen.

Vorstösse aus Arbeitgeberkreisen im Parlament wollten die Erholungs- und Ruhezeiten im Arbeitsgesetz verkürzen, kritisierte der SGB. Sie wollten Nacht- und Sonntagsarbeit ausweiten – neuerdings auch unter dem Vorwand der Energiemangellage. Oder sie wollten die Existenzminima der kantonalen Mindestlöhne unterlaufen.

Maillard warf den Bürgerlichen eine polarisierende Politik vor. Es gelte deshalb, das Erreichte etwa bei den Renten zu verteidigen. Er sei überzeugt, dass die Bevölkerung Kompromisse in diesem Sinne erwarte.

Jede dritte Person erschöpft

Ausbauen wollen die Gewerkschaften die Prämienverbilligungen bei der Krankenversicherung. Die Prämienerhöhungen von 6,6 Prozent in diesem Jahr seien ein Schock und für viele untragbar.

Auch bei den Arbeitszeiten brauche es eine Trendwende: Statt immer neue Ausnahmen bei den Arbeits- und Ruhezeiten zu fordern, sollten sich die Arbeitgeber wieder an der Arbeitszeitreduktion beteiligen, um den Gesundheitsschutz und das Familienleben der Arbeitnehmer zu verbessern.

Mittlerweile sei fast jede dritte berufstätige Person ziemlich oder sehr erschöpft. Das sei nicht nur für die Betroffenen eine leidvolle Entwicklung. Psychische und körperliche Belastungen verursachten auch Gesundheitskosten, so der SGB.

Anders als in den meisten Ländern zahlten die Arbeitgeber in der Schweiz nichts an die Krankenversicherung, so Lampart. Dies, obwohl viele Gesundheitsprobleme auf die Belastung bei der Arbeit zurückzuführen seien. Schätzungen zeigten, dass die stress- und arbeitsbedingten Gesundheitskosten mehrere Milliarden Franken betragen.

Der SGB-Chefökonom bekräftigte daher, die Mehrerträge aus der Umsetzung der OECD-Mindeststeuer sollen für eine Senkung der Prämienlast eingesetzt werden. (sda/pb)

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