Ein Drittel der Moose in Europa gefährdet
Sie werden wohl so oft übersehen und wie sie vielfältig sind. Und sie sind bedroht: Moose. In Europa ist über ein Drittel von ihnen gefährdet oder gar potenziell gefährdet. Ein internationales Forschungsteam hat ein Tool entwickelt, das diejenigen Moose in Europa identifiziert, die global gesehen dringend Hilfe brauchen, sodass sie langfristig überleben können.
Mit den Begriffen «Biodiversitätskrise» und «Massensterben» werden oft Tiere wie Tiger, Nashörner und Meeresschildkröten assoziiert. Aber wie sieht es mit den kleinen, unscheinbaren Arten aus, die trotz ihrer geringen Grösse eine wichtige Rolle in hiesigen Ökosystemen spielen? Bekommen sie die Aufmerksamkeit und den Schutz, die sie benötigen? Zum Beispiel Moosarten?
Die winzigen Gewächse bilden eine reichhaltige, weit verbreitete Gruppe mit etwa 20’000 Arten weltweit. Trotz ihrer geringen Grösse spielen sie in vielen Ökosystemen eine wichtige Rolle: Sie binden etwa Feuchtigkeit, fungieren als Kohlenstoffsenke und tragen zur Stickstofffixierung in Wäldern bei. Mehr als 30 Prozent der europäischen Arten sind gefährdet oder gar potenziell gefährdet. Dennoch sind viele nur unzureichend erforscht und sie werden oft nicht ausreichend geschützt.
Punktesystem basierend auf Gefährdung und Anteil an weltweiten Moosarten
Ein internationales Forschungsteam um Irene Bisang vom Naturhistorischen Museum Stockholm und Ariel Bergamini, Moosexperte an der Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), hat nun, wie die WSL mitteilt, «eine effektive und einfach anzuwendende Methode» entwickelt, mit der sich ermitteln lässt, welche Moosarten in Europa bei Schutzmassnahmen vorrangig berücksichtigt werden sollten – und weshalb.
Die Methode basiert auf einem Punktesystem, das zwei Faktoren berücksichtigt: Wie stark die Art gemäss der bestehenden europäischen Roten Liste gefährdet ist und wie gross der Anteil der europäischen Population einer Art an der weltweiten Population ist. Je höher dieser Anteil, um so wichtiger ist die europäische Population für den weltweiten Erhalt der Art. Auf Basis der kombinierten Punkte erstellten die Fachleute dann eine Prioritätenliste.
Das Resultat: Von den 553 Arten, die auf der Roten Liste der Moose Europas aufgeführt sind, haben 135 bezüglich Schutz hohe Priorität, 126 mittlere und 292 Arten tiefe. Unter den hochprioritären Arten befinden sich 25, die auch in der Schweiz vorkommen. Bergamini dazu: «Für diese Arten hat die Schweiz eine besondere Verantwortung, damit diese global erhalten bleiben.»
Datenbank «EnviDat» ist frei zugänglich
Die Ergebnisse des Teams sind in «EnviDat» zusammengefasst, dem Datenportal der WSL für Umweltdaten aus Monitoring- und Forschungsprojekten. Wie die WSL schreibt, findet hier jedes europäische Land Informationen zu nationalen Vorkommen von prioritären Moosarten. Laut WSL soll es eine wichtige Grundlage liefern, sodass fundierte Entscheidungen über Schutzmassnahmen für gefährdete Moose getroffen werden können.
«Unser Ziel war es, den Entscheidungstragenden in den europäischen Ländern Instrumente an die Hand zu geben, damit sie ihre nationale Verantwortung für den Erhalt eines wichtigen Teils der biologischen Vielfalt wahrnehmen können «, sagt Bisang. «Nicht nur für ihr eigenes Land, sondern aus einer globalen Perspektive.» (mgt/mai)
Hier geht es zum Tool «EnviDat» (englisch): www.envidat.ch
Buchtipp zum Thema:
Moose der Schweiz
Hrsg. Ariel Bergamini, Ann-Michelle Hartwig, Heike Hofmann, Markus K. Meier, Norbert Schnyder; Haupt Verlag; Zirka 1200 Fotos und 400 Karten; 432 Seiten; brochiert; 432 Seiten; ISBN 978-3-258-08301-8; 49 Franken 90
Weitere Informationen zum Pflanzenführer auf www.baublatt.ch