Bali: Kontroverser Glasaufzug soll weg
Ein umstrittener Glasaufzug an einer der berühmtesten und meistfotografierten Küstenklippen Balis soll wieder abgerissen werden. Der Gouverneur der indonesischen Insel ordnet den Rückbau des halb fertiggestellten Projekts an. Grund sind gleich mehrere Verstösse gegen Umwelt- und Bauvorschriften.
Quelle: Corinne Pitsch-Obrecht
Die Bauarbeiten starteten im Juli 2024, nun ist Schluss mit dem Projekt: Der kontroverse Glaslift auf Nusa Penida bei Bali.
Es kommt einem vor wie in einem kitschigen Hollywood-Film: «Wer Einwände hat, trete hervor oder schweige für immer», verkündet der Pfarrer, kurz bevor der heillos verliebte Protagonist in die Kirche stürmt, um die Hochzeit seiner Angebeteten mit dem Rivalen zu verhindern. Gefolgt vom grossen Happy End. So ähnlich muss es Manchem diese Tage vorkommen, wenn er die Meldungen aus dem fernöstlichen Bali vernimmt: Der überaus kontroverse und von vielen Seiten kritisierte Lift auf Balis Nebeninsel Nusa Penida wird nicht nur nicht realisiert - er muss nun auch zurückgebaut werden. Diesen Beschluss fasste der balinesische Gouverneur, I Wayan Koster. Dies, nachdem erst vor Kurzem bekannt geworden war, dass das Projekt selber gänzlich gestoppt wird. Koster ist als Gouverneur der Vorsitzende des balinesischen Repräsentantenhauses und seit Ende Februar 2025 im Amt.
Das prestigeträchtige Liftprojekt befand sich seit Juli 2024 im Bau und war bereits zu 70 Prozent fertiggestellt. Allerdings wurde von Anfang an Kritik am Vorhaben laut. Sowohl Einheimische als auch ausländische Gäste zeigten sich schockiert ob dem riesigen Projekt, das den Strand für immer verändert hätte. So wurde nicht nur das brutale Erscheinungsbild kritisiert, welches den idyllischen Strand und die dazugehörende Bucht richtiggehend zerstört hätten. Insbesondere auch vor der Gefahr von Erosion und der irreversiblen Zerstörung der Bucht wurde gewarnt. Scheinbar schienen die Proteste nun auf offene Ohren gestossen zu sein.
Quelle: Corinne Pitsch-Obrecht
Es könnte so schön sein: der "Kelingking Beach", von vielen auch "T-Rex"-Strand genannt.
Kelingking-Bucht: schön, aber gefährlich
Heute ist der Abstieg in die Kelingking-Bucht erschwerlich und mühsam: Über eine mehr schlechte als rechte kleine Treppe führt ein Weg die Klippen runter bis zum Strand. Der Weg hinunter dauert bis zu 60 Minuten, und das bei Hitze und Rutschgefahr. Der Weg zurück kann dann gut und gerne zwei Stunden betragen. Dazu kommt: Bereits jetzt ist das Schwimmen in der Kelingking-Bucht verboten. Unberechenbare Wellen sorgen bereits heute dafür, dass immer mal wieder Menschen - meist uneinsichtige Touristen - ertrinken oder anderweitig verunglücken. Es wurde befürchtet, dass mit einem direkten Zugang zum Strand - dank Lift - diese Gefahren noch präsenter würden.
Dies veranlasste findige Unternehmer, das Liftprojekt in Angriff zu nehmen: So könnten viel mehr Menschen den malerischen Strand von Kelingking bewundern. Die Gefahr der riskanten Treppe und den damit verbundenen Unfällen wäre so gebannt, ein erfolgreicher Besuch garantiert.
Allerdings: Die dazu dringend nötige, begleitende Infrastruktur fehlt. Selbst beim modernsten Lift gibt es oben trotzdem nur schlechte Strassen und ein paar wenige Parkplätze. Die Baublatt-Redaktion war kurz nach Baustart persönlich vor Ort und nahm das Projekt vor Ort unter die Lupe. Der Weg zur Kelingking-Bucht ist abenteuerlich und der Andrang immens - immerhin ist der «T-Rex-Strand», wie er von Manchen genannt wird, bei fast Allen auf der «To-Do-Liste». Es wäre also ratsam, diese wunderschöne Attraktion nachhaltig zu verbessern. Idealerweise würde gar ein Kontingent eingeführt mit Ticket-System, wie es andere Attraktionen und Städte längst kennen: Eine gewisse Anzahl an Touristen kann den Ort pro Tag besuchen. Ist das Kontingent für den jeweiligen Tag erschöpft, bleibt nur ein Besuch an einem anderen Tag.
Quelle: Corinne Pitsch-Obrecht
Bereits jetzt platzt der Verkehr auf Nusa Penida ein Chaos; vielerorts sind die Strassen verstopft. Erschwerend hinzu kommt: Der schlechte Zustand der Strassen. Viele sind gar nicht geteert, der Weg führt über holprige, unstrukturierte Wege. Schwer vorstellbar, wie hier Reisebusse durchkommen sollen.
Woher der Sinneswandel?
I Wayan Koster gibt als Grund für den angeordneten Stopp respektive Rückbau mehrere Verstösse gegen Umwelt- und Bauvorschriften an. Ausserdem würden Genehmigungen fehlen. Findige Leser werden sich fragen: Wo waren diese Stimmen, als der Bau beschlossen wurde? Wieso wird der Bau jetzt, nach fast eineinhalb Jahren, gestoppt? Wie die Baublatt-Redaktion vor Ort erfuhr, hat Bali ein generelles Problem mit Bestechungsgeldern im Zusammenhang mit Bauprojekten. Während Einheimische teilweise jahrelang auf die Sanierung einer Quartierstrasse warten müssen, werden Häusern von Privaten oder Hotels binnen kürzester Zeit fertiggestellt. Man darf sich ruhig fragen, wie es wohl in den Diskussionen um das umstrittene Liftprojekt zu und her ging.
Nusa Penida, auf welcher sich die Kelingking-Bucht befindet, ist eine Nachbarsinsel von Bali. Zum Übernamen T-Rex-Felsen kam Kelingking, da der Felsen aus der Luft betrachtet wie ein riesiger T-Rex-Kopf mit geöffnetem Maul aussieht. Mit dem 182 Meter hohen Lift wären die Touristen in gläsernen Kabinen direkt zum Strand heruntergekommen. Gemäss Gouverneur Koster hat der chinesische Entwickler Kaishi Group nun sechs Monate Zeit, den Rückbau der Baustelle zu finalisieren. «Wenn die Firma den Abriss nicht innerhalb der vorgegebenen Frist durchführt, wird die Provinzregierung ihn gemeinsam mit dem Bezirk Klungkung im Einklang mit dem Gesetz vornehmen», betont der Gouverneur. Nach der Demontage müsse das Unternehmen zudem die Bucht innerhalb von drei Monaten in ihren ursprünglichen Zustand versetzen.
Chinas Macht in Südostasien
Wie I Wayan Kuster erklärt, sei der Entscheid kein Entscheid gegen Investitionen. Vielmehr sei er Teil einer grösseren Initiative zum Schutz der Natur und Kultur, sowie der gesellschaftlichen Werte Balis. «Bali braucht Investitionen, aber sie müssen mit Anstand und Verantwortung erfolgen», denn, wie er weiter ausführt, Bauprojekte sollten «Bali lieben und schützen und es nicht ausbeuten». Bali hat seit einigen Jahren zunehmend Probleme mit dem Massentourismus und seinen negativen Folgen.
Chinesische Investoren haben nicht erst mit dem Glaslift ihre Liebe zu Bali entdeckt. In den vergangenen Jahren nahmen Investitionen aus dem Chinesischem Raum in Bali laufend zu. Ähnlich wie in vielen anderen südostasiatischen Ländern versucht China auch auf Bali an Einfluss zu gewinnen. Jüngstes Beispiel: Die chinesische Firma ChangYe Construction Group investierte umgerechnet rund 2,42 Milliarden Schweizer Franken in den Bau eines zweiten Flughafens auf Bali. Bleibt zu hoffen, dass das ultimative Machtwort in der Causa Glaslift gesprochen wurde und nicht bald schon das nächste Über-Projekt vor der Türe steht.
Quelle: Corinne Pitsch-Obrecht
Da war die Investoren-Welt noch in Ordnung: Im Juli 2024 war das Baublatt vor Ort und staunte nicht schlecht ob dem massiven Projekt.
Quelle: Corinne Pitsch-Obrecht
Der Bau startete im Sommer 2024 war bereits weit fortgeschritten, bevor er vor Kurzem gestoppt wurde.