08:02 SWISSBAU

Welche Fassaden-Trends haben 2019 bewegt?

Geschrieben von: Pascale Boschung (pb)
Teaserbild-Quelle: ETH Zürich, Arno Schlüter / Frener & Reifer, Quintin Lake / Philipp Zinniker

Fassaden erfüllen längst nicht mehr nur ästhetische Zwecke. Sie sind intelligent, können zur Stromproduktion eingesetzt werden oder sorgen in Kombination mit Begrünung für ein besseres Stadtklima. Ein Überblick der Trends, die die Baubranche 2019 bewegt haben.

Im Vergleich zu statischen Fassaden-Paneelen erzeugen jene der Solarfassade rund 50 Prozent mehr Energie.

Quelle: ETH Zürich / Arno Schlüter

Im Vergleich zu statischen Fassaden-Paneelen erzeugen jene der Solarfassade rund 50 Prozent mehr Energie. 

Intelligente Fassade vereint Sonnenschutz mit Stromproduktion

ETH-Forscher haben eine Solarfassade mit beweglichen Panels entwickelt, die Strom produziert und die Beschattung autonom nach Bedarf einstellt. Das neuartige System kann rund 50 Prozent mehr Energie produzierenals eine statische Solarfassade.

Intelligente Fassaden bieten das Potenzial, den Energieverbrauch eines Gebäudes zu senken, indem sie aktiv auf externe oder interne Einflüsse reagieren können.So auch an der ETH Zürich: Unter der Leitung von Arno Schlüter, Professor für Architektur und Gebäudesysteme, haben die Forschendenein System mit beweglichen Solarpanels entwickelt, das Strom produzieren und je nach Wetter und Raumklima die Beschattung einstellen kann.

Eine Studie, die kürzlich in der Zeitschrift «Nature Energy» erschienen ist, zeigt, dass sich mit dem neuartigen Fassadensystem der Energiehaushalt von Räumen so regulieren lässt, dass übersJahr gesehen mehr Energie produziertals verbraucht wird. Möglich wird dies durch ein filigranes Seilnetz mit reihenweise angeordneten Solarpanels. Diese können jeweils einzeln angesteuert und von einem weichen pneumatischen Element vertikal und horizontal bewegt werden.

Mehr zur intelligenten Fassade kann hier nachgelesen werden.

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St. Giles Circus in London: Eine Fassade wie ein Cabrio

Im April 2019 berichteten wir von der Cabrio-Fassade im «St. Giles Circus», einemhybridenBau, in dem Einkaufen, Konzertbesuche und Wohnen miteinander verknüpft werden. Die Hauptfassade des Ensembles besteht aus tonnenschweren Portalen, die sich bei Bedarf öffnen und zur Seite schieben lassen. Wie ein Cabrio.

Im zentralen Londoner Stadtteil LondonBorough of Camden, unmittelbar neben der U-Bahn-Station Tottenham Court Road, beherrscht eine Grossbaustelle die aktuelle Szenerie: Das Londonder Büro Orms Architects errichtet hier gerade den «St. Giles Circus», ein Gebäudeensemble auf dem langgestreckt schmalen Eckgrundstück zwischen New Oxford Street und Charing Cross Road.

Die Hauptfassade des hybriden Baus wendet sich demVorplatz der U-Bahn-Station zu. Sie besteht aus den Stirnseiten zweier nah aneinandergedrängter, quaderförmiger Baukörper. Deren formaleVerwandtschaft ist unübersehbar, weisen beide doch eine goldfarbene Metallfassade auf und bestehen aus über zehn Meter hohen Portalflügeln, die oberhalb der Eingänge – ähnlich den Vertikallamellen einer Fensterstore – bei Bedarf kurzfristig aufgefahren werden können.

Einen nicht unerheblichen Unterschied gibt es jedoch in ihrer konstruktiven Ausführung: Während die sechs Fassadenportale des linken Bauteils B nur aufgedreht werden können, ist es bei dem rechten Bauteil A möglich, seine zweimal neun Portale aufzudrehen und zusätzlich ganz zur Seite zufahren.

Das Prinzip ist vergleichbar mit denverschiebbaren Glasscheiben von Ladenlokalen in Einkaufszentren, die zum Ladenschluss aus den Seitenwänden gezaubert werden: Auch hiergibt es Führungsschienen, allerdings werden die 3,6 Tonnen schweren Portalflügel mittels elektrisch betriebener Schlitten bewegt.

Mehr zur Funktionsweise und zum Bau der Cabrio-Fassade kann hier nachgelesen werden.

Illustration des selbstbegrünenden Bauelements. (Quelle: artificial-ecosystems.com)

Illustration des selbstbegrünenden Bauelements. (Quelle: artificial-ecosystems.com)

Start-up entwickelt selbstbegrünende Fassade mit Moos

Ein Start-up der Technischen Universität Kaiserslauten hat ein System für grüne Fassaden entwickelt, das wartungsfrei und selbst begrünend ist. Möglich macht es Moos, das im Gegensatz zu anderen Pflanzen keine Wurzeln besitzt und seine Nährstoffe direkt aus der Luft filtert.

Die Natur macht es vor: An zahlreichen Stellen in Städten wachsen heute Moose ganz ohne menschliches Zutun und filtern dabei auch noch Feinstaub und CO2 aus der Luft. Genau davon liess sich der Botaniker Tobias Graf inspirieren, der die flauschigen Pflanzen schon lange erforscht. Seine Idee: Eine technische Lösung, die den natürlichen Kreislauf unterstützt und damit ein besseres Klima in Städten schafft.

Für die Verwirklichung dieser Idee gründete Graf gemeinsam mit dem Bauingenieur Martin Hamp und dem Informationselektroniker und Wirtschaftsinformatiker Björn Stichler das Unternehmen «Artificial Ecosystems». Das Team entwickelte daraufhin das «BryoSystem», eine Technik für wartungsfreie Fassaden, die sich von selbst natürlich begrünen.

Die kleinste Einheit der ökologischen Fassaden besteht gemäss Mitteilung der Technischen Universität Kaiserslauten aus einem rund ein Meter hohen, 15 Zentimeter breiten Betonelement, das wenige Zentimeter tief ist. Angebracht wird dieses beispielsweise an Wänden von Gebäuden. Die Energieversorgung wird entweder durch eine oben angebrachte Solarzelle oder einen im Boden sitzenden Wassertank sichergestellt.

Mehr zur selbstbegrünenden Moos-Fassade kann hier nachgelesen werden.

Aluminium-Fassade Scott Sports Centerin Givisiez

Quelle: Philipp Zinniker

Die Fassade des neuen Scott Sports Centerin Givisiez setzt sich aus Aluminiumelementen zusammen. Die dreieckigen, mikroperforierten Sonnenschutzelemente verleihen dem Gebäude ein kontinuierlich wechselndes Aussehen.

Fassade aus anodisiertem Aluminium als Sonnenschutz

Die Fassade des neuen Hauptsitzes von Scott Sports in Givisiez FR besteht aus anodisiertem Aluminium. Dies verleiht dem Gebäude einen speziellen Charakter und die mikroperforierten Fassadenelemente regulieren zudem je nach Sonnenstand die Beschattung des Hauses.

Leicht und dennoch stabil, zugfest, schwindungsarm und korrosionsbeständig und gut zu formen. Das Leichtmetall Aluminium ist nach Sauerstoff und Silicium das dritthäufigste Element und damit auch das häufigste Metall der Erdkruste.

In der Werkstofftechnik werden mit Aluminium alle Werkstoffe auf Basis des Elements verstanden. Neben Reinaluminium zählen dazu vor allem Legierungen, die eine hohe Festigkeit besitzen, im Vergleich mit Stahl aber eine wesentlich geringere Dichte haben und somit auch viel leichter sind.Zum Schutz vor äusseren Einflüssen wird Aluminium beschichtet.

Entdeckt wurde Aluminium im frühen 19.Jahrhundert, die industrielle Massenproduktion begann Anfang des 20. Jahrhunderts. Damit erfolgte auch der Einsatz im Bauwesen. Vor allem im Fassaden- und Fensterbau findet Aluminium Anwendung. Das Metall muss zuvor aber einer besonderen Oberflächenbehandlung unterzogen werden.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Fassade des neuen Scott Sports Centerin Givisiez, die sich aus Aluminiumelementen zusammensetzt. Die dreieckigen, mikroperforierten Sonnenschutzelemente verleihen dem Gebäude ein kontinuierlich wechselndes Aussehen.

Mehr zur markanten Fassade kann hier nachgelesen werden.

Buildering – eine Mischung aus Klettern und Bouldern – ist im Trend.

Quelle: Buildering Spots

Buildering – eine Mischung aus Klettern und Bouldern – ist im Trend.

Urban Climbing: Kletterfassaden für die Stadt

Buildering – eine Mischung aus Klettern und Bouldern – liegt im Trend: legales Klettern auf ausgewählten Bauten mitten in der Stadt. Solche urbanen Sportarten sind auf dem Vormarsch. Ein Builderer entwickelt deshalb nun Kletterfassaden.

Passionierte Kletterer müssen schon lange nicht mehr in die Berge reisen um ihrem Sport zu frönen. Denn das Bouldern – das seilfreie Klettern in Absprunghöhe – ist längst im städtischen Gebiet angekommen. «Buildering» nennt sich die Sportart, bei der legal öffentliche Bauwerke oder offiziell gekennzeichnete Orte mitten in der Stadt erklommen werden.

Buildering biete einen besonderen Reiz für Sportler, die ihr Hobby bis jetzt eher in Hallen ausgeübt haben, erklärt Builderer Tim Jacobs. Er betreibt die Webseitebuildering-spots.de, deren Ziel es ist, über das städtische Klettern und Bouldern zu informieren und aufzuklären. Zwei Bücher hat er bereits herausgebracht, die urbanen Kletterern als Guide dienen sollen.

Denn Grossstädte bieten zwar eine Fülle an interessanten Möglichkeiten wie speziell strukturierten Hausfassaden, Brücken, Mauern oder Skulpturen. Aber die Suche nach geeigneten und vor allem legalen Orten zum «Buildern» kann sich mitunter als schwierig erweisen. «Urban Climbing», wie die Sportart auch genannt wird, reizt vor allem dadurch, dass es im Gegensatz zu Kletterhallen oder Fitness-Einrichtungen keine Vorgaben gibt. Der Kletterer kann die Art und Weise, wie er Hindernisse überwindet, frei wählen.

Seit einiger Zeit verfolgt Tim Jacobs ein neues Projekt: Kletterfassaden. Dabei sollen Gebäude mit Wänden verkleidet oder vielmehr mit kletterbaren Strukturen versehen werden. Mit dem Konzept lassen sich so Aussenfassaden nutzen und gleichzeitig mit einem individuellen Design versehen, das auch für Nichtsportler ansprechend ist.

Mehr zum Thema «Buildering» und zum Kletterfassaden-Projekt kann hier nachgelesen werden.

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Redaktorin Baublatt

Zeichnet, schreibt und kreiert gerne. Themenbereiche: Bauprojekte sowohl international als auch regional, News aus Wissenschaft, Forschung, Technik, Architektur und Design.

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