09:42 MEINUNG

Kolumne von Franziska Bürki: «Aber bitte mit Sahne!»

Geschrieben von: Franziska Bürki
Teaserbild-Quelle: zvg

In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Franziska Bürki, Geschäftsführerin von Entwicklung Schweiz, mit der komplexen Zusammenarbeit der Beteiligten hinter einem Bauprojekt.


Franziska Bürki Entwicklung Schweiz

Quelle: zvg

Franziska Bürki ist Geschäftsführerin von Entwicklung Schweiz.

Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer Küche, die mit Köchen überfüllt ist und Sie sollten alle zusammen in kurzer Zeit mit alten Kellen das perfekte Mahl für anspruchsvolle Gäste in einem Kleinsttopf zubereiten. Eine Aufgabe der schieren Unmöglichkeit.

Das Desaster beginnt bereits bei der Bestellung. Es muss bitte schnell gehen, die verfügbare Zeit zum Essen ist kurz. Sie denken sich «Dafür haben wir ja glücklicherweise Menüs auf der Karte – das ist alles vorbereitet, das geht schnell…»

Es kommt aber ganz anders. Menü 1 bitte mit Suppe anstatt Salat und bitte ohne Zwiebeln und nicht zu scharf. Als Beilage werden Pommes anstatt Reis gewünscht, und der Rosenkohl muss bitte durch ein anderes Gemüse ersetzt werden. Das Gemüse muss gut gekocht sein. Kein Dessert. Menü 2 ohne Vorspeise. Bitte als kleine Portion zubereitet und als vegetarische Variante, aber unbedingt ohne Peperoni wegen einer Allergie – und auf gar keinen Fall darf da Knoblauch dran sein. Das Dessert aber bitte mit Sahne!

Zurück in der Küche werden die Spezialwünsche verkündet und die Überforderung der Köche wird hörbar. «Ja, aber wir haben es doch immer so gemacht, wie denn nun anders?» «Was denken die Gäste eigentlich, wer sie sind, die sollen essen was auf den Tisch kommt!» «Welche Ignoranten, die verstehen nicht was Tradition und Kultur ist!» «Diese Nichtswisser, die Gerichte sind extra regional und saisonal zusammengestellt.» «Immer diese Extrawünsche, als ob der Kunde König wäre!» «Endlich mal was anderes, Freude herrscht!» ruft endlich einer, aber er wird schnell wieder übertönt…

Alle teilen mit, welche Kombinationen nicht möglich sind, welche Zutaten schlecht ankommen könnten. Jemand hat eine Idee und bringt sich kreativ ein. Sofort ertönt ein Ausruf, dass das doch nicht gehe, das habe man ja schon in der Ausbildung gelernt. Dennoch wollen alle mithelfen, alle rühren im Topf, die Zeit vergeht, die Speisen brennen an und alle werden nervös.

An den Tischen werden Stimmen laut, was denn da so übel rieche und überhaupt sei der Lärm unerträglich. Sie wollen sich sofort beschweren…

Schlussendlich werden die Speisen zum grossen Unmut der Gäste zu spät und mehr schlecht als recht serviert. Auf die Bemerkung hin der Gäste, dass es viel zu lange gedauert habe und überhaupt ihre Wünsche ja nur zur Hälfte berücksichtigt wurden, erhalten sie die Antwort, dass nicht alles machbar gewesen sei, Kompromisse gefunden werden müssten und die Köche glücklich darüber seien, dass sie mit all diesen verschiedenen Wünschen überhaupt etwas Akzeptables auftischen konnten.

Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?

In etwa so schlagen sich heute die an einem Bauprojekt involvierten Immo-bilien- und Baufachleute herum, die bestrebt sind, an zentralen Lagen auf kleinstem Raum allen unterschiedlichen Bedürfnissen, Interessen, Ansprüchen und Anforderungen gerecht zu werden. Am Ende darf man dankbar sein, wenn das Projekt überhaupt realisiert werden kann. Wenn auch mit grosser Verzögerung aufgrund der vielen Einsprachen, mit viel höheren Kosten bedingt durch vielseitige nachträgliche Anpassungen und oft mit weniger Ausnützung als ursprünglich geplant.

Aber wer interessiert sich denn schon für mehr Wohnraum oder für einen effizienten und schonenden Umgang mit Ressourcen…? Bon appétit!

Geschrieben von

Geschäftsführerin von Entwicklung Schweiz

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