Benjamin Schmid: «Wer hat’s erfunden?»
Benjamin Schmid, Geschäftsführer von Ziegelindustrie Schweiz, beschäftigt sich in seiner Kolumne mit dem Schweizer Erfindergeist. Er zeigt auf, wie Firmen der Ziegelbranche mit Innovation und Forschung ihre Produkte weiterentwickeln – von Wärmedämmsteinen über Photovoltaik-Lösungen bis zu keramischen Fassaden.

Quelle: zvg
Benjamin Schmid ist Geschäftsführer der Ziegelindustrie Schweiz.
Die Schweiz ist ein Erfinderland. Der «Wer-hat’s-erfunden»-Spot mit Erich Vock als Gesicht von Ricola hat schon lange Kultstatus erreicht. Dass hinter der Marke Ricola die Schweizer Familie Richterich steckt, weiss hingegen nicht jede/r. Mittlerweile 3 Familien-generationen haben den Kräuterzucker allen Herausforderungen zum Trotz zur weltbekannten Marke gemacht.
Worauf ich mit dieser Geschichte hinaus will? Auch die
Schweizer Ziegeleien sind typische familiengeführte KMUs und begegnen den
Marktherausforderungen mit typisch schweizerischem Erfindergeist – nur sind
ihre Produkte härter als ein Bonbon und anstatt aus Schweizer Kräutern aus
natürlichem Schweizer Ton.
Tradition und Innovation zu verbinden, lautet hier wie dort
das Erfolgsrezept: Tonbaustoffe punkten mit bewährten Eigenschaften und werden
mit Bedacht weiterentwickelt. Im Bereich Mauerwerk zum Beispiel, führte die
Entwicklung vom Standardsortiment hin zu vielfältigen Produkten für
unterschiedliche Anwendungsbereiche. So werden innovative Wärmedämmsteine mit
mineralischen Dämmstoffen, Schafwolle oder Nadelholzfasern gefüllt und
erreichen Spitzenwerte bei Wärmedämmung und Nach-haltigkeit.
Weithin sichtbaren Erfindergeist beweisen zudem innovative
Photovoltaik-Lösungen. Einerseits können Indach-Module nahtlos mit schützenden
Ziegeldächern kombiniert werden. Andererseits gibt es Aufdach-Lösungen, welche
die Installation von kleinen, passgenauen PV-Modulen ermöglichen. Beide
Varianten vereinen die Vorteile einer modernen PV-Anlage mit den klassischen
Eigenschaften, von Tonziegeldächern: Zuverläs-sigkeit, Langlebigkeit und
niedrige Wartungs- und Reparaturkosten. Auf diese Weise gefertigte Solaranlagen
genügen den Anforderungen des Schweizer Ortsbildschutzes und der Denkmalpflege
und schlagen eine Brücke zwischen identitätsstiftender Architektur und
moderner, nachhaltiger Energiegewinnung. Das Ergebnis: Ästhetik, Funktion und
Schweizer Baukultur in perfekter Harmonie.
Neu und innovativ sind auch keramische Fassaden. Langlebig
und unterhaltsarm unterstützen sie den sommerlichen Wärmeschutz, sind robust
und im Bedarfsfall flexibel anpassbar. Auch sie fügen sich als gestalterisches
Element nahtlos in die bestehende Gebäudelandschaft der Schweiz ein. Zudem
können sie mit Photovoltaik kombiniert werden: so kann sogar dann Strom
produziert werden, wenn Schnee liegt. Im Innosuisse-Forschungsprojekt
«GreenBrick», wird zudem untersucht, wie sich Tonprodukte als Trägersystem für
begrünte Fassaden einsetzen lassen. Erste Modell-Fassaden existieren bereits.
Apropos Forschung: Ziegelindustrie Schweiz arbeitet eng mit
der ETH Zürich, der Hochschule Luzern und anderen Forschungs- und
Lehrinstitutionen zusammen, um baustoffliches Fachwissen systematisch
fortzuentwickeln und weiterzugeben. Dort, wo Schweizer Erfindergeist,
engagiertes Unternehmertum und Forschung zusammentreffen, werden etablierte
Prozesse und Produkte fit gemacht für die Zukunft.
Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang auch die Tatsache,
dass unsere Mitgliederfirmen mehrheitlich Familienunternehmen sind, die seit
Generationen Tonprodukte herstellen. Sie bilden Fachkräfte aus, schaffen
wertvolle Arbeitsplätze in ländlichen Gegenden und tragen zur regionalen
Wertschöpfung bei. Nachhaltiges Handeln, das Vergangenheit und Zukunft
verbindet, ist ein integraler Bestandteil ihrer DNA. Sie haben bei ihren
Entscheiden nicht den kurzfristigen Profit vor Augen, sondern stets die
nachfolgenden Generationen.
Mein Résumé: Vor dem Hintergrund der zunehmenden
Dekarbonisierung der Schweizer Bauwirtschaft und des Schweizer Gebäudeparks
sowie der steigenden Bedeutung der Nachhaltigkeit von Baustoffen bietet Ton als
heimischer, natürlicher und bewährter Baustoff ein enormes Potenzial. Es gilt,
dieses Potential für die kommenden Generationen zu bewahren und weiter zu
erschliessen. Der Schlüssel dazu: mutiges Unternehmertum, engagierte
Nachwuchsförderung, und – Sie ahnen es – Schweizer Erfindergeist.