11:10 KOMMUNAL

Mieten statt Kaufen: Von Arbeitskleidern bis zur Waschmaschine

Teaserbild-Quelle: Pavel Czerwinksi, Unsplash / BB (bearbeitet)

Abonnieren ist in – das gilt nicht nur für Streamingdienste. Auch Arbeitskleider und Waschmaschinen kann man heute mieten. Wie funktionieren solche kreislauffähigen Geschäftsmodelle? Eine Übersicht.

Waschmaschine

Quelle: iStock

Regelmässig gewartet, stets funktionstüchtig: Wer Waschmaschinen mietet, muss sich nicht um Wartung und Reparatur kümmern. ((Quelle: iStock))

Der Trend, Dinge zu nutzen statt zu kaufen, ist in allen möglichen Lebensbereichen angekommen: Man denke an die frühere CD- und DVD-Sammlung, die durch ein Spotify- und Netflix-Abo ersetzt wurde. Auch das Carsharing-Angebot wächst seit Jahren. Mobility-Nutzer:innen ziehen die punktuelle Fahrzeugnutzung dem Besitz eines eigenen kostenintensiven Fahrzeugs vor. Gleichzeitig sind Online-Plattformen wie Sharely auf dem Vormarsch, auf denen Privatpersonen alltägliche Gegenstände wie Werkzeuge zum Ausleihen anbieten.

Nichtsdestotrotz leben wir heute immer noch in einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Während sich das Abonnieren von Musik etabliert hat, ist das Abonnieren von Büromöbeln oder Haushaltsgeräten noch nicht so leicht vorstellbar. In vielen Bereichen wird das Eigene dem Geliehenen oder nur temporär Nutzbaren vorgezogen und als besser empfunden – besonders, wenn die Neuanschaffung nicht sehr teuer ist. Hier kommt die Kreislaufwirtschaft ins Spiel.

Eigentumslose… was?

Viele Dinge werden gekauft, um ein Ergebnis zu erzielen, nicht, weil der Besitz daran besonders attraktiv wäre. Eine Waschmaschine zum Beispiel sorgt für saubere Wäsche – das Gerät ist nur Mittel zum Zweck. Überall dort, wo das Ergebnis im Zentrum steht und nicht das eigentliche Produkt, bieten sich aus Sicht der Kreislaufwirtschaft spannende Geschäftsmodelle: Lösungen zur sogenannten eigentumslosen Nutzung. Das heisst, ein Angebot oder eine Dienstleistung deckt zwar ein Bedürfnis, dafür muss aber kein Eigentum an einem Produkt von den Hersteller:innen auf die Nutzenden übergehen – wie beim Musik-Streaming, aber mit Gegenständen (siehe Box «Dienstleistungen statt Produkte: Diese Modelle existieren bereits»).

Das Konzept der eigentumslosen Nutzung ist aus unterschiedlichen Blickwinkeln interessant:

  • Umwelt:  Die Umwelt zu schützen, bedeutet, sparsam mit Ressourcen umzugehen. Wenn ein Unternehmen Gegenstände zur Miete oder als Service anbietet, hat es ein Interesse daran, qualitativ hochwertige und langlebige Produkte anzubieten. Der Stellenwert von Wartung und Instandhaltung steigt, schliesslich will das Unternehmen seine Produkte so lange wie möglich in gutem Zustand anbieten können. Das führt dazu, dass Produkte und ihre Einzelteile länger in Gebrauch sind und dadurch länger im Kreislauf bleiben. Durch die erhöhte Lebens- und Nutzungsdauer werden weniger Ressourcen für Neuprodukte verbraucht. Nicht selten führen solche Modelle auch zu mehr Innovation, weil Hersteller:innen ein Interesse daran haben, die Lebensdauer zu verlängern und ihren eigenen Ressourcenverbrauch zu reduzieren.
  • Businessmodell: Für Produzent:innen ist das Geschäftsmodell spannend, weil sie dadurch das Eigentum an ihren Produkten behalten. So bleibt der Restwert aller Einzelteile bei ihnen, wenn das Produkt nicht mehr genutzt wird. Sie können sie weiterverwenden, wiederaufbereiten oder anderweitig verwerten. Dieser Umstand motiviert die Hersteller:innen, sich mit dem (Rest-)Wert ihrer Materialien auseinanderzusetzen. Ausserdem profitieren Unternehmen in diesem Geschäftsmodell direkt davon, wenn sie ihre Produkte effizienter und langlebiger designen.

Weshalb sich mieten lohnt

Aus Sicht der Abnehmer:innen bieten sich Nutzungsmodelle ohne Eigentum in drei Szenarien besonders an, 

...wenn sie ein Produkt nur selten nutzen,

...wenn ein Produkt mit hohen Unterhaltskosten oder Entsorgungsaufgaben verbunden ist (hohe Lebenszykluskosten), die dadurch beim herstellenden Unternehmen bleiben, oder ...

....wenn die Innovationszyklen so kurz sind, dass Produkte sehr schnell veraltet sind oder nach einer Weile nicht mehr mit anderen Geräten kompatibel sind.

Gleiches Konzept, anderer Name

Die Bezeichnung der Nutzungsmodelle geht von «Product as a service» über Leasing bis zur Miete. Die vertraglichen Details sind abhängig davon, welche Art von Produkt, Wartung und Unterhalt inbegriffen ist. Im Zentrum steht aber, dass die Verantwortung für das Produkt während der gesamten Nutzungsdauer beim Unternehmen bleibt, das die Dienstleistung anbietet. Wer das Angebot in Anspruch nimmt, bezahlt dafür, das Produkt stets funktionstüchtig nutzen zu können.

Zweites Leben dank Kreislauf-Design

Neben den reinen Nutzungsangeboten gibt es immer mehr Geschäftsmodelle, bei denen Produkte zwar konventionell vertrieben werden, allerdings mit Kreislauf-Design. Hersteller nehmen ihre Produkte nach Ende der Lebensdauer zurück, bereiten sie wieder auf und behalten Rohstoffe dadurch länger im Kreislauf.

>Der Baumaschinen-Hersteller Caterpillar zum Beispiel setzt auf das «Remanufacturing» von einzelnen Maschinen-Komponenten. Er bereitet gebrauchte Einzelteile wieder auf, verbaut sie erneut und verkauft die voll funktionstüchtigen Maschinen zu einem günstigeren Preis. Damit die gebrauchten Einzelteile wieder zurück zum Hersteller gelangen, erhalten die Zurückbringenden eine Gutschrift für wiederaufbereitete Geräte. (Nadine Siegle*)

*Nadine Siegle ist Projektleiterin Kommunikation, Pusch, Zürich, nadine.siegle@pusch.ch, www.pusch.ch

Dienstleistungen statt Produkte: Diese Modelle existieren bereits

Immer mehr Unternehmen gehen neben dem Verkauf von Neuprodukten auch andere, nutzungsorientierte und kreislauffähige Wege – in unterschiedlichen Sektoren.


Arbeitskleidung mieten statt kaufen

Für Textilien existieren in der Schweiz bereits verschiedene Miet-Angebote. Die Wäscherei Bodensee zum Beispiel bietet Bett-, Frottee- und Tischwäsche für Gastronomie-Betriebe, Hotels, Spitäler oder Pflegeheime zur Miete an. Die Firma Bardusch vermietet Berufs- und Schutzkleidung mit einem umfassenden Textil- und Hygienemanagement dazu.

In diesem Modell profitiert Betriebe von sauberer Wäsche oder Arbeitskleidung, während die Wäscherei sich um Reinigung, Reparaturen und Ersatzprodukte kümmert. Durch die fachgerechte Reinigung werden Hygiene, Schutzfunktion und eine möglichst lange Lebensdauer der Textilien gewährleistet. Hinzu kommt je nach Angebot eine gewisse Flexibilität: Die gemietete Wäsche kann ausgetauscht oder anders zusammengestellt werden, wenn sich die Bedürfnisse verändern.


Waschmaschinen im Service-Modell

V-Zug hat kürzlich ein Pilotprojekt zur Vermietung von Waschmaschinen an Geschäftskunden lanciert. Dabei bleiben die Waschmaschinen im Eigentum von V-Zug, und so auch die Verantwortung für Wartung und Reparatur.

Das Unternehmen Lavorent aus Genf kennt dieses Geschäftsmodell schon länger. Das Konzept: Eigentümer von Mehrfamilienhäusern können ihre Waschküchen-Verantwortung als ganzes Paket auslagern. Die Dienstleistung umfasst unter anderem die Nutzung und Wartung der Waschmaschinen. Möglich ist auch, die Abrechnung der Waschkosten pro Mietpartei oder sogar die Kommunikation mit den Mieter:innen rund um Reklamationen und andere Anliegen in den Service einzuschliessen.

«Gerade für städtische Liegenschaften ist das ein interessantes Angebot, um Ressourcen zu sparen und als Stadt als gutes Vorbild voranzugehen», sagt Amanda Weibel, Verantwortliche White Goods/Küchengeräte im Projekt «Einkaufskompass». Im Rahmen dieses Projekts wird eine Lebenszyklusanalyse verschiedener Kreislaufwirtschaftsstrategien rund um Waschmaschinen mit dem Institut für Umweltingenieurwissenschaften der ETH Zürich erarbeitet.

Die Organisationen Öbu, Shift Switzerland, Swisscleantech, Magicprojects und die Stiftung Pusch haben das Projekt «Einkaufskompass» 2021 gemeinsam ins Leben gerufen.


Leasing von Matratzen

Bezahlen nach Betten-Belegung – das ist das Konzept beim Matratzen-Leasing des Schweizer Bettenherstellers Elite. Dabei bezahlen die Leasingnehmer nur für den tatsächlichen Gebrauch der Matratzen. Diese sind mit einem Sensor ausgestattet, der die Liegezeit mit Bewegungs- und Drucksensoren misst. Dadurch kann ein Hotel oder eine Klinik beispielsweise überprüfen, welche Matratzen häufiger genutzt werden als andere, weil gewisse Zimmer seltener belegt sind – und die Matratzen bei Bedarf untereinander tauschen. Auch hier steht die Nutzung im Vordergrund und nicht der Gegenstand.


Weil bei Nutzungsmodellen die Verantwortung für das sichere Funktionieren des Produkts bei der herstellenden Firma bleibt, stellen sich auch Sicherheitsfragen, besonders bei gefahrenanfälligen Geräten. Sind die Wartung und Sicherheit wirklich gewährleistet? Spätestens beim Blick in die Luftfahrt zeigt sich, dass fehlende Sicherheit nicht als Argument gegen Nutzungsmodelle ins Feld geführt werden kann: Rolls Royce bietet bereits seit Jahren Triebwerke inklusive Wartung als Dienstleistung an. Die Airlines, die dieses Modell gewählt haben, zahlen pro Flugstunde und haben stets funktionstüchtige Triebwerke.

 Gerade in den letzten zwei Jahren profitierten Hotels und Airlines, die solche Abo- oder Leasingmodelle abgeschlossen hatten: Weniger Liege- und Flugstunden bedeuteten auch tiefere Nutzungskosten. (ns)

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