Forschung: Besserer Klebstoff für Sperrholz
Bindemittel von Sperrholz basieren oft auf fossilen Produkten. Die in den Klebstoffen enthaltenen Formaldehyde schädigen je nach Exposition die Gesundheit stark. Forschende der Berner Fachhochschule entwickeln nun alternative Bindemittel aus Mineralien.

Quelle: zvg
Das neue nachhaltigere Bindemittel für Sperrholzplatten besteht aus Mineralien, Wasser und Magnesiumchlorid.
Formaldehyde sind Ausgangsstoffe unterschiedlichster chemischer Industrieprozesse für unzählige Anwendungen. 1910 gelang auf Basis von Formaldehyd die Herstellung des ersten vollsynthetischem Kunststoffs. Bakelit hatte verschiedene positive Eigenschaften. Das chemische Produkt war säurebeständig und hatte gute elektrische Isolationseigenschaften. Es war zugleich ein Duroplast, der sich unter Hitzeeinwirkung nicht verformte. Apparate aus Bakelit machten die Telefonie erst massentauglich.
Beim Produktionsprozess von Schnittholz fielen Reste an, die mit dem Bindemittel zu einem neuen Produkt veredelt werden konnten. In der Holzindustrie ermöglichte der Einsatz von Formaldehyd-Harzen die Verarbeitung von Holzspänen zu Spannplatten. Damit konnten sich Bau- und Möbelindustrie neue Anwendungsfelder erschliessen.
Toxisch und fossil
Doch wegen der Toxizität ging von Formaldehyden lange eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit aus. Je nach Exposition war die Wirkung allergisch oder sogar kanzerogen. Für Innenräume wurden in der Folge Grenzwerte erlassen. Mittlerweile sind viele formaldehydfreie Produkte auf dem Markt. Damit konnten die Emissionen in den auf Formaldehyd basierenden Holzwerkstoffen deutlich reduziert werden. Aufgrund potenziell toxischer Emissionen erachten viele die Nutzung von Formaldehyden aber nach wie vor als problematisch.
Zudem basieren noch heute gängige Bindemittel auf fossilen Öl- und Gasprodukten, bei deren Produktion beträchtliche Mengen an Kohlendioxyd freigesetzt werden. Daher wurde in den vergangenen Jahren intensiv an einer neuen Klasse mineralischer Bindemittel geforscht. Dabei stellt es sich heraus, dass die Bindemittel im Vergleich zu sogenannten Urea-Formaldehyd-Harzen fast 80 Prozent geringere Emissionen von Kohlendioxid aufweisen.
Als Alternative zu Formaldehyden fanden oftmals biobasierte Klebstoffe Verwendung, die etwa aus Rindenextrakten bestehen. Dabei handelt es sich zwar um nachwachsende Rohstoffe, doch die Forschenden der Berner Fachhochschule (BFH) fanden einen anderen Lösungsansatz. Bei der Zusammensetzung des Bindemittels richteten sie ihr Augenmerkt auf Mineralien und Salze.
Wegen Wasserbeständigkeit weitere Tests erforderlich
Die ersten im Labor hergestellten Sperrholzplatten mit dem mineralischen Bindemittel wiesen eine hohe Festigkeit auf mit entsprechend ähnlichen Eigenschaften wie herkömmlich produziertes Sperrholz. Die Beständigkeit gegenüber Wasser hingegen ist noch nicht ausreichend. Um die geforderte industrielle Zertifizierung von Sperrholz zu erreichen, sind weitere Untersuchungen, Optimierungen und Tests nötig.
Neue Forschungsarbeiten der Berner Fachhochschule konnten zeigen, dass Holzwerkstoffe mit mineralischen Bindemitteln für einen schnellen Herstellungsprozess ebenfalls mit Hitze ausgehärtet werden können und vielversprechende technische Leistungsindikatoren aufweisen. Das Bindemittel enthält neben Mineralien, die bei niedriger Temperatur gebrannt werden, auch Wasser und das Mineralsalz Magnesiumchlorid. Die genaue Zusammensetzung des Bindemittels ist Gegenstand von Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojekt, das auch von Innosuisse unterstützt wird.

Quelle: zvg
Die ersten so hergestellten Sperrholzplatten weisen eine hohe Festigkeit aus, sind aber noch nicht wasserbeständig genug.
Gleiche mechanische Eigenschaften
Das Bindemittel soll mit Hitze ausgehärtet werden können und zunächst für die Sperrholzproduktion verwendet werden. Die fertigen Sperrholzplatten sollen einen Bindemittelanteil von weniger als 20 Prozent aufweisen und als direkte Alternative zu konventionell hergestelltem Sperrholz konzipiert sein.
Ziel ist es, mechanische Eigenschaften zu erreichen, die mit konventionell hergestelltem Sperrholz für den Innenbereich vergleichbar sind. Die Platten werden ausserdem auf bessere Feuerbeständigkeit geprüft. Das Institut für Werkstoffe und Holztechnologie IWH der BFH verfügt seinerseits über umfassendes Wissen sowohl im Bereich der mineralischen Bindemittel als auch der Holzwerkstofftechnologie.
Erfahrungsgemäss ist der Schritt vom Labor zur industriellen Produktion gross. Auch nach Abschluss des Forschungsprojekts werden noch Anpassungen und Optimierungen erforderlich sein, ehe die Herstellung in grossem Stil erfolgen kann. Eine Rolle spielen laut der BFH dabei auch die Produktionsprozesse in den Unternehmen, die zum Teil auf die eingesetzten Bindemittel abgestimmt sind. Denn eine Änderung des Bindemittels bedingt Anpassungen dieser Prozesse.
Grundlagenforschung und Skalierung mit Industriepartner
In diesen Belangen wertvolle Dienste leisten dürfte die Omya International AG, die zur Gruppe global führender Anbieter von Industriemineralien gehört. Der Konzern soll die Rohmaterialien liefern und bei der Entwicklung sowie einer möglichen Skalierung des Verfahrens wertvolles Wissen beisteuern. Die Zusammenarbeit dürfte auch dazu beitragen, Lieferkettenprobleme aufgrund von globalen Abhängigkeiten möglichst zu minimieren. Ohnehin scheint diese Gefahr überschaubar zu sein, denn die erforderlichen Mineralien kommen überall auf dem Globus vor, insbesondere auch in der Schweiz.
Sperrholz mit grossem Marktpotenzial
Bindemittel finden sich in verschiedenen Holzprodukten wie Sperrholz-, Span- und Faserplatten, die vor allem für den Innenausbau verwendet werden. Um die Klebefähigkeit des neuen mineralischen Bindemittels zu testen und gezielt zu verbessern, steht Sperrholz im Zentrum. Der Markt für Platten mit kreuzweise verklebten Furnierschichten hat beträchtliches Potenzial. Denn die weltweite Produktion von Sperrholz beläuft sich auf rund 129 Millionen Kubikmeter pro Jahr. (mgt/sts)