Fotografische Ode von Ehepaar Wolgensinger an Zürich
Während 60 Jahren war das Fotografenpaar Michael und Luzzi Wolgensinger aktiv. Ihrem breiten Schaffensfeld, darunter auch die Architekturfotografie, widmet das Museum für Gestaltung Zürich eine Sonderausstellung. Insbesondere für die Stadt Zürich hat das Duo ein kulturhistorisch wichtiges fotografisches Werk geschaffen, das Gebäudeaufnahmen, aber auch den Alltag der Menschen festhält.

Quelle: Balz Strasser Evilard
17: Fotografie von Luzzi und Michael Wolgensinger vom Kongresshaus Zürich, 1939, BAZ.
Den Fotografen Robert Frank kennen die meisten. Was hingegen die wenigsten wissen: Der weltbekannte Frank begann seine Laufbahn im Fotoatelier Wolgensinger, wo er zwischen 1942 und 1944 seine fotografische Ausbildung absolvierte. Höchste Zeit also, einen genauen Blick auf das produktive Künstlerpaar zu werfen, dem Zürichs Museum für Gestaltung im Jahr seines 150. Geburtstags die Ausstellung «Fotoatelier Wolgensinger – Mit vier Augen» im Toni-Areal widmet, die noch bis zum 7. September dauert.
Die Schau ist in acht thematische Bereiche gegliedert, einer davon lautet «Gebautes Zürich». Ob eine spektakuläre Aufnahme mit Bauarbeitern auf einem Kran (1952), das neu eröffnete Kongresshaus (1939) oder der Spielplatz Heiligfeld (1955): Die Architekturfotografie mit Schwerpunkt Zürich war ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Wolgensingers, und so entstand eine einzigartige Dokumentation der Zürcher Baukultur. 1987 erschien das Buch «Das ganze Zürich» von Michael Wolgensinger aufgrund eines rigiden Konzepts: Der Autor legte konzentrische Kreise, unterbrochen von 16 Radien, über den Stadtplan. An den Schnittstellen wurden die Aufnahmen für das Buch gemacht. Deshalb zeigen die Bilder nicht die Hotspots der Stadt, sondern zufällige Orte wie eine Tankanlage am Flughafen, Schrebergärten oder den Gasometer einer Kläranlage. Das Buch ist mittlerweile vergriffen. 2019 erschien dann die Monografie «Mit vier Augen. Das Fotoatelier Michael und Luzzi Wolgensinger». Herausgegeben wurde sie von ihrer Tochter Lea Wolgensinger und ihrem Enkel Balz Strasser.
«Liebestanz» im Schlachthof
Auch die Arbeiterwelt
und Industriebetriebe waren ein zentrales Thema im Schaffen des Duos.
Ein Beispiel ist die Fotoserie über das fünfzigjährige Bestehen des
Zürcher Schlachthofs, das 1959 in einem Jubiläumsbüchlein verewigt
wurde: Mit präziser Inszenierung wird etwa ein Schlachter dargestellt,
der beim Ausnehmen einer Kuh engen Körperkontakt hat, was einem bizarren
Liebestanz gleicht. Ein anderes Bild zeigt Hunderte aufgehängter
Schweinehälften in der Schlachthalle vorbeiziehen, ähnlich einer
Theaterszene.
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