14:06 BAUPROJEKTE

Gargash-Gebetshaus in Dubai: Weisse Moschee für Werktätige

Geschrieben von: Robert Mehl (rm)
Teaserbild-Quelle: GerryO'Leary

In einem Gewerbegebiet von Dubai entstand mit der Gargash-Moschee ein Gebetshaus moderner Prägung. Charakteristisch ist ihre leuchtend weisse, aus Fertigteilen errichtete Betonfassade, die von einem dreieckigen Relief mit entsprechenden Fenstern durchwirkt ist. Gläubige können sich während der Arbeit in der Moschee zum Gebet treffen.

Aussenansicht

Quelle: Gerry O’Leary

Prägend für das Gebäude sind die dreieckigen Fenster mit Festverglasung und die geometrisch entsprechenden Aussparungen sowie Schriftzüge.

Im Orient werden Moscheen häufig von Privatleuten gestiftet, die anschliessend auch deren weiteren Unterhalt sicherstellen. Im Gegenzug überlässt der Staat, wie in diesem Fall die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), das ausgewählte Grundstück dem Antragsteller in der Regel kostenfrei zur Bebauung. 

Auch die Idee zu dieser Moschee entsprang dem Wunsch ihres Bauherrn, seinen verstorbenen Vater Mohamed Abdulkhaliq Gargash zu ehren. Errichtet wurde sie in einem Gewerbegebiet von Dubai, indem es nur wenige Wohnungen gibt und sich zudem kaum Sakralbauten befinden. Ein Bedarf ist jedoch auch in solchen Quartieren gegeben, da Moslems angehalten sind, täglich insgesamt fünfmal zu festgelegten Zeiten zu beten.

Diese Gebetseinheiten dauern jeweils kaum 20 Minuten, nur freitags – am islamischen Ruhetag – wird das Mittagsgebet traditionell um eine zirka halbstündige Predigt ergänzt. Insofern wurde die neue Moschee vor allem deshalb konzipiert, um den Werktätigen einen würdevollen Gebetsort zu bieten. Nicht zuletzt aufgrund ihrer architektonischen Qualität erfreut sich die neue Gargash-Moschee trotz ihrer randständigen Lage grosser Beliebtheit. Entworfen und realisiert wurde die Moschee als ein Direktauftrag durch das Architekturbüro Dabbagh Architects. Es wird geführt von der aus Saudi-Arabien stammenden Samaya Dabbagh.

Wasserbecken

Quelle: Gerry O’Leary

Getrennt sind die beiden Gebäudeteile durch eine halboffene Passage, die ein Aluminiumdach beschattet. Natursteinquadern erlauben eine Überquerung des Beckens.

Platz für rund 750 Gläubige

Der Bau ist für rund 750 Gläubige ausgelegt. Die Anzahl differiert, weil die Vorhalle, die dem grossen Gebetssaal vorgelagert ist, je nach Bedarf mitgerechnet wird oder nicht. Dort finden sich 75 weitere Gebetsplätze, die jedoch nur während der hohen Feiertage, bedingt durch eine erhöhte Frequentierung, als solche genutzt werden.

Der Gebetsraum der Frauen liegt im ersten Obergeschoss und umfasst nur ein Viertel der Grösse des Gebetsraums der Männer. Bezogen auf die Gesamtzahl der Nutzer entspricht das Flächenverhältnis von 80:20 den traditionellen Vorgaben. Demnach sind Männer angehalten, ihre Gebete während des Arbeitstages generell in Moscheen auszuüben, Frauen sollen hingegen vorzugsweise in der heimischen Wohnung beten.

Stege

Quelle: Dabbagh-Architects

Die Bauteilrückseiten weisen erhabene Konstruktionsstege auf. Das Produktionsverfahren kommt auch bei herkömmlichen Konstruktionen mit Glasfaser verstärktem Kunststoff zu Anwendung.

Raffinierter Umgang mit dem Licht

Aufgrund der zwingend erforderlichen Orientierung nach Mekka ist der rechteckige Baukörper annähernd diagonal auf dem ebenfalls rechteckigen Grundstück angeordnet. Er gliedert sich in einen grösseren kubischen Teil, den Haram oder eigentlichen Gebetssaal, der auch hier von einer Kuppel bekrönt wird. Östlich davon liegt ein quaderförmiger Bau, in dem die Bäder für die rituellen Waschungen, die Verwaltung und die Nebenräume untergebracht sind. 

Getrennt sind die beiden Gebäudeteile durch eine halboffene Passage, die ein Aluminiumdach beschattet. Es wird von stählernen Wandauslegern getragen und ist mit dreieckigen Aussparungen durchwirkt. An den offenen Stirnseiten dieses Durchgangs befindet sich auf der Südseite ein flaches Wasserbecken, an dessen Rändern umlaufend niedrige Natursteinquadern eingelassen sind, die eine Überquerung des Beckens erlauben.

Auf der Nordseite findet sich eine weitere Brunnenanlage mit Sitzmöglichkeiten für die rituellen Waschungen. Die aufgehenden Wände der Passage sind mit querrechteckigen Sandsteinplatten verkleidet, die durch diagonal verlaufende Schattenfugen expressiv segmentiert werden.

Natursandstein und GRC

Quelle: Dabbagh-Architects

Die Wandflanken der Passage sind mit Natursandstein verkleidet, während in der Bauphase beim Übergang links Elemente aus Glasfaser bewehrtem Beton zu sehen sind.

Der Haram wird überwiegend von indirektem Licht erhellt. Dies erfolgt über die zweischalig angelegte Kuppel, deren Aussenhaut festverglaste Dachfenster aufweist und die das Sonnenlicht durch einen Zwischenraum scheinen lässt. An der Halbkuppelbasis weist die aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GRP - Glassfibre Reinforced Plastic) erstellte Kuppelinnenschale eine Lichtvoute auf, über die das im Kuppelzwischenraum gebrochene Tageslicht in den eigentlichen Saal gelangt.

Dreiecksdekor wird variiert

Dieses Grundlicht wird unterstützt durch zahlreiche dreieckige Fensteröffnungen in den Aussenwänden. Diese sind Teil eines innen wie aussen in Obergeschosshöhe angeordneten, breiten Reliefbandes, das sich aus Dreiecken zusammensetzt. Die meisten dieser Dreiecke sind nur dekorative Vertiefungen, während die inneren Dreiecke Teile eines Maschrabbiya‘s sind – einer Sichtschranke.

Dahinter ist der bereits erwähnte Gebetsraum der Frauen angelegt. In mehrgeschossigen Moscheen werden diese Räume häufig als Galerien oberhalb des Haram angelegt. Ein damit korrespondierendes, diesmal dunkel angelegtes Holzgitter findet sich im Sockelbereich des grossen Saales für die Männer. Dahinter versteckt liegt die mechanische Lüftungstechnik, die eine diskrete Klimatisierung des Gebetsraumes sicherstellt. Das dreieckige Dekor wurde bis zu vermeintlich nebensächlichen Ausbaudetails durchgehalten: So ist auch der Schuhschrank im Eingang aus Dreiecken aufgebaut.

Mineralwollisolation gegen Hitze

Während der Rohbau der Moschee in Ortbeton erstellt ist, besteht die Fassade aus strahlendweissen Betonfertigteilen. Die Architektin Samaya Dabbagh entschied sich für diese Bauweise, da sie eine Fassade im Sinn hatte, die «crisp & clean» erscheinen sollte, also sauber und aufgeräumt. Die Elemente mit einer Wandstärke von 35 Millimetern bestehen aus glasfaserbewehrtem Beton (GRC - Glassfibre Reinforced Concrete). 

Die dreieckigen, mehrere Zentimeter tiefen Aussparungen wurden mit Spacern aus Hartschaum angelegt, also nicht mit Strukturmatrizen. Die Bauteilrückseiten weisen erhabene Konstruktionsstege auf. Dabei handelt es sich um ein Produktionsverfahren, das man bei Anwendung für herkömmliche Konstruktionen aus Glasfaser verstärktem Kunststoff (GFK) kennt. Beispielhaft sei hier die Erstellung von Schiffsrümpfen im Bootsbau genannt.

Transport

Quelle: Dabbagh-Architects

Die Elemente aus Glasfaser verstärktem Beton wurden aufrechtstehend in Gestellen zur Baustelle transportiert.

Tatsächlich lassen die reliefartigen Vertiefungen die Fertigteile tiefer und massiver erscheinen, als sie tatsächlich sind. Zwischen den GRC-Paneelen und der Rohbauwand wurde eine zehn Zentimeter starke Mineralwolldämmung angebracht, um die Innenräume vor den hohen Aussentemperaturen auf der arabischen Halbinsel zu schützen. 

Prägend für das Gebäude sind insgesamt 30 Dreiecksfenster, die als Festverglasung ausgeführt sind. Eine natürliche Ventilation kam aufgrund des vorherrschenden Klimas nicht in Frage. Vereinzelt dienen rechteckige Fenster in der kühleren Jahreszeit einer zusätzlichen natürlichen Belüftung.

Strenge Prüfung der Genehmigung

Die detaillierte Ausgestaltung von Moscheen unterliegt in den VAE einer sorgfältigen Prüfung, insbesondere ob die Vorgaben des Glaubens eingehalten werden. Tatsächlich taten sich die Prüfer anfangs schwer mit dem dreieckigen Dekor, erinnert sich Architektin Samaya Dabbagh. Es ist wohl generell eine Herausforderung, im arabischen Raum moderne Bauformen im Sakralbau zu etablieren.

Die zuständigen Gutachter bevorzugen tendenziell ihnen bekannte, definitiv als unkritisch einzustufende Detaillierungsformen. In diesem Zusammenhang erwähnt Dabbagh, dass es einer gewissen Ausdauer und Beharrlichkeit gegenüber den Behörden bedurfte, um die Baugenehmigung zu erhalten. Allerdings wurde ihr Büro dabei durchgehend von der Bauherrschaft unterstützt. Schlussendlich zeigte sich auch die Prüfbehörde nach Fertigstellung der Moschee vom Ergebnis mehr als angetan.

Geschrieben von

Freier Mitarbeiter für das Baublatt.

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