16:28 BAUPROJEKTE

Fehmarn-Tunnel: Durch die Ostsee von Deutschland nach Dänemark

Teaserbild-Quelle: Femern A/S

Zwischen der deutschen Insel Fehmarn und der dänischen Insel Lolland ist ein 18 Kilometer langer Unterwasser-Tunnel für Autos und Züge geplant. 2015 hätten die Bauarbeiten am teils kontroversen Projekt starten sollen. Nun zeichnet sich eine weitere Verzögerung ab.   

Portal Fehmarn-Tunnel (Visualisierung)

Quelle: Femern A/S

Visualisierung von Tunnelportal und Rampe auf dänischer Seite.

Mit der Bahn oder dem Auto unter der Ostsee hindurch: Die deutsche Insel Fehmarn und Puttgarden auf dem dänische Eiland Lolland sollen dereinst über einen 18.1 Kilometer langen Tunnel durch die Ostsee oder vielmehr den Fehmarnbelt miteinander verbunden werden. Steht die Unterwasserquerung, dürfte sie der längste, tiefste kombinierte Strassen- und Eisenbahntunnel der Welt sein.  

Hintergrund des über sieben Milliarden Euro schweren Mammutprojekts: Die Querung soll eine der Lücken zwischen dem skandinavischen und europäischen Schienennetz schliessen. So verkürzt sich dank ihr die Zugfahrt von Hamburg nach Kopenhagen von fünf auf drei Stunden, mit dem Auto gelangt man anstatt in 45 Minuten (Fähre) in 10 Minuten auf die andere Seite. Überdies soll der Tunnel helfen, den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, denn mit dem Tunnel müssen Güterzüge nicht mehr über einen 160 Kilometer langen Umweg geführt werden.    

An Land vorgefertigt, im Meer versenkt

Bei dem Bauwerk handelt es sich um einen Absenktunnel, oder vielmehr um einen Tunnel der aus einzelnen, an Land vorgefertigten Röhrenelementen besteht, die dann bei ihrem künftigen Standort versenkt und schliesslich unter Wasser verbunden werden. Für den Bau der Elemente wird beim dänischen Fährhafen eigens eine Produktionsstätte und eine Hafen angelegt.Damit Elemente für den Fehmarn-Tunnel installiert werden können, muss zunächst im Meeresgrund ein bis zu 16 Meter tiefer, 60 Meter breiter und 18 Kilometer langer Graben ausgehoben werden. Wie es auf der Website der dänischen Projektgesellschaft Femern heisst, fallen dabei rund 19 Millionen Kubikmeter Meeresboden-Aushub an, der dann für die Entwicklung von insgesamt drei Quadratkilometer Landgewinnungsflächen genutzt werden soll, mehrheitlich auf dänischer Seite.

Im Gegensatz zum etwas mehr als vier Kilometer langen Öresundtunnel, der den Örsund zwischen Schweden Dänemark unterquert, sind zehn Elemente des Tunnels nicht ein- sondern zweigeschossig angelegt. Das untere Geschoss bietet Einrichtungen zur Wartung und zum Betrieb des Tunnels Platz. Dadurch werde der Fehmarnbelt-Tunnel kostengünstiger und leichter zu warten, schreibt die Femern. Gleichzeitig können gemäss der Projektgesellschaft auf diese Weise grosse Mengen an Beton eingespart werden.

https://www.youtube.com/watch?v=2ksv0X7Di_Q&feature=emb_logo

So wird der Tunnel gebaut (Video der der dänischen Projektgesellschaft Femern)

Bewegte, lange Geschichte: Baustart um Jahre verzögert

Ursprünglich wäre der Baustart für den Tunnel 2015 vorgesehen gewesen, die Eröffnung für 2024. Doch Einwände sorgten dafür, dass bis heute keine Bagger auffahren konnten. Unter anderem gab es seitens Reedereien Klagen, die im geplanten Tunnel eine Verletzung der EU-Wettbewerbsregeln sehen. Derweil wehrten sich Umweltschutzorganisationen, weil sie ökologische Schäden fürchten. Etwa wegen zunehmender Lärmemissionen durch die Güterzüge und den Autoverlad.

Erschwerend ist nun hinzugekommen, dass sich vor Fehmarn, in dem Gebiet, wo der Fährhafen des Tunnels zu liegen käme, Riffe befinden, die gemäss EU-Richtlinien als  schützenswert gelten; Es sind Biotope nach „Fauna-Flora-Habitat“-Standard. Dies  geht aus einem Untersuchungsbericht  hervor, den das deutsche Umweltministerium und das schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in Auftrag gegeben haben.

Wie das „Schleswig Holstein Magazins“ des NDR in einer Reportage berichtete, hatte der Deutsche Naturschutzbundes (NABU) darauf hingewiesen, dass es bereits letztes Jahr Anzeichen gegeben hat, dass im Einzugsgebiet des Projekts Riffe vorhanden sind. Weil sie nicht in der Planung oder im sogenannten Planungsfeststellungsbeschluss berücksichtigt worden sind, klagt der NABU nun nebst anderen Tunnelkritikern beim deutschen Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. heute Dienstag, 22. September, beginnt der Prozess.


Fehmarn-Tunnel, Portalbereich bei Puttgarden (Visualisierung)

Quelle: Femern A/S

Illustration des Portalbereichs bei Puttgarden auf Fehmarn nach Fertigstellung des Tunnels.

Dass das Projekt zum Erliegen kommt, dürfte kaum der Fall sein. Aber gut möglich, dass es angepasst werden muss.

Leiden Riffe wegen der Baustelle?

Die Unterwasserbaustelle wird sich voraussichtlich zeitweise auf eine Breite von mehr als einem Kilometer erstrecken. Bei Baggerarbeiten werde Sediment aufgewühlt, dieses setze sich dann auf den umliegenden Riffen ab, erklärte Meeresbiologe Martin Wahl vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung gegenüber dem NDR. „Diese Auswirkungen können dazu führen, dass Organismen ersticken, wenn sie begraben werden und dann Sauerstoffmangel auftritt.“ Andererseits führe die die Trübung des Wassers dazu, dass die Photosynthese unterbunden werde. Und dies wiederum beeinträchtigt die Sauerstoffproduktion. (mai)

Der Baugrund bei Rødbyhavn ist vorbereitet. (Video der dänischen Projektgesesllschaft Femern)

Auch interessant

Anzeige

Firmenprofile

Messerli Informatik AG

Finden Sie über die neuen Firmenprofile bequem und unkompliziert Kontakte zu Handwerkern und Herstellern.

Baublatt Analyse

analyse

Neue Quartalsanalyse der Schweizer Baubranche

Die schweizweite Bauaktivität auf den Punkt zusammengefasst und visuell prägnant aufbereitet. Erfahren Sie anhand der Entwicklung der Baugesuche nach Region und Gebäudekategorie, wo vermehrt mit Aufträgen zu rechnen ist.

Dossier

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten
© James Sullivan, unsplash

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten

Dieses Dossier enthält die Artikel aus den letzten Baublatt-Ausgaben sowie Geschichten, die exklusiv auf baublatt.ch erscheinen. Dabei geht es unter anderem um die Baukonjunktur, neue Bauverfahren, Erkenntnisse aus der Forschung, aktuelle Bauprojekte oder um besonders interessante Baustellen.

Bauaufträge

Alle Bauaufträge

Newsletter abonnieren

newsico

Mit dem Baublatt-Newsletter erhalten Sie regelmässig relevante, unabhängige News zu aktuellen Themen der Baubranche.