Alpentransversale am Brenner weit fortgeschritten
Der Brenner Basistunnel ist das entscheidende Teilstück der fünften von zehn vorrangigen Achsen des transeuropäischen Verkehrsnetzes. Ein Grossteil des Tunnelsystems ist gebaut. Doch bis zum Bahnbetrieb 2032 ist noch viel zu tun.

Quelle: zvg
Mineure am 30.6. beim Durchschlag der Hauptröhre West
Das Projekt Brenner Basistunnel (BBT) kommt zügig in die Endphase. Auf dem Zeitstrahl konnten die Planer vor Kurzem wichtige Meilensteine als erreicht markieren. Am 30. Juni wurden die Streckenabschnitte zweier Baulose miteinander verbunden und mittels Bagger und Meissel symbolisch durchgeschlagen. Mit dem Durchstich sind beide Haupttunnels des Brenner Basistunnels in diesem Losabschnitt auf einer Länge von rund 14 Kilometern durchgängig ausgebrochen. Der Durchstich erfolgte nördlich der geologisch anspruchsvollen Hochstegenzone, rund 1200 Meter unter dem Padauner Kogel im Gemeindegebiet von Steinach. Bereits Anfang Mai wurde in diesem Bereich der Haupttunnel Ost durchschlagen.
Sprengvortrieb Richtung Süden
Damit ist der zyklische Vortrieb im Sprengverfahren beider Haupttunnel Ost und West in Richtung der südlich von Insbruck gelegenen Sillschlucht beendet. Insgesamt wurden rund 5,8 Tunnelkilometer vorgetrieben. Zur Anwendung kommen wird das Sprengverfahren noch bei kurzen Tunnelabschnitten wie Querschlägen und Nischen zwischen den Haupttunnelröhren und dem Erkundungsstollen. Auf diesen konzentrieren sich in nächster Zeit die Vortriebsarbeiten. Im
konventionellen Sprengverfahren erfolgt der Vortrieb in Richtung Süden
bis zur Staatsgrenze am Brenner.
Mit Stollen Berg erkunden
Ziel ist es, den Erkundungsstollen mit dem angrenzenden Baulos auf italienischem Projektgebiet erstmalig zu verbinden. Derzeit erfolgt der Einbau der Innenschale im bergmännisch aufgefahrenen Abschnitt des Erkundungsstollens. Dabei handelt es sich um eine Besonderheit des Basistunnels. Der Erkundungsstollen befindet sich mittig zwischen den zwei Haupttunnelröhren, aber 12 Meter unterhalb der Fahrbahnniveaus. Mit einem Durchmesser von 5 bis 6 Metern ist der Stollen kleiner als die Hauptröhren. Dabei erfüllt der Erkundungstollen verschieden wichtige Funktionen.
Der parallele Verlauf des Erkundungsstollens zu den beiden Hauptröhren
ermöglicht eine genaue Prognose darüber, wo und welche Gesteinsschichten
angebohrt werden und welche Implikationen sich daraus ergeben. Der Vortrieb soll Aufschluss über die Beschaffenheit des Gebirges geben, was Einfluss auf die Wahl der Bautechnik haben kann und sich dadurch schliesslich Baukosten und -zeiten minimieren lassen. Daher begannen die Bauarbeiten am Erkundungsstollen bereits 2008. Sobald der Basistunnel in Betrieb ist, wird der Erkundungsstollen der Entwässerung des Tunnelsystems dienen. Er verläuft zwischen Innsbruck und Franzensfeste (Italien) auf einer Länge von 55 Kilometern. Der Durchschlag des Stollens ist für Herbst dieses Jahres geplant. Bei den Hauptröhren wird dies voraussichtlich im Verlaufe des nächsten Jahres der Fall sein.
Neben dem Erkundungsstollen liefern seit dem Jahr 2000 vertiefte geologische und hydrogeologische Untersuchungen Erkenntnisse über das Projektgebiet. Bis Ende 2015 wurden rund 350 geologische Bohrungen durchgeführt, davon sind 25 tiefer als 500 Meter. Die tiefste Bohrung wurde bis auf 1420 Meter abgeteuft.
Eingleisig bestückte Tunnelröhren
Derzeit laufen im Haupttunnel West die Arbeiten zur Demontage der Tunnelbohrmaschine (TBM). Anschliessend wird der Einbau der Innenschale in den Haupttunnels an die Hand genommen. Vorgetrieben werden auch die Querschläge zwischen den beiden Tunnelröhren mit anschliessendem Einbau der Innenschale. Aktuell laufen die Arbeiten bei beiden Haupttunneln in Richtung Süden.
Mittlerweile sind 200 Tunnelkilometern des Brenner Basistunnels ausgebrochenen. Das entspricht rund 87 Prozent des insgesamt auszubrechenden Tunnelsystems. Der Brenner Basistunnel besteht aus zwei 8,1 Meter breiten Tunnelröhren, die in einem Abstand von 40 bis 70 Metern verlaufen.
Sie werden jeweils eingleisig bestückt, sodass die Züge im Einbahnverkehr durch die beiden Tunnel fahren. In Abständen von 333 Metern verbindet ein Stollen beide Röhren. Diese sogenannten Querschläge dienen in Notfallsituationen als Fluchtweg. Die Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE fährt den Tunnel zu rund 50 Prozent maschinell auf.
Längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt
Weil ein bereits bestehender Tunnel ins System des Brenner Basistunnels integriert wird, ergibt sich eine Gesamtlänge von 64 Kilometern. Der Tunnel ist somit die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt. In Innsbruck mündet der BBT in die bestehende Eisenbahnumfahrung, die in Tulfes in das Unterinntaltrassee übergeht. Parallel zur Umfahrung Innsbruck wird ein Rettungsstollen gebaut. Der zweiröhrige Tunnel zwischen Innsbruck und Franzensfeste ist 55 Kilometer lang. Die Längsneigung des Basistunnels beträgt 4 bis 7 ‰. Die Scheitelhöhe liegt auf 790 Meter über Meer und damit 580 Meter tiefer als der Brennerpass.
Entscheidende Teilstück des Scan-Med-Korridors
Der Vorstand der Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE, Martin Gradnitzer, gab sich im Februar gegenüber dem ORF zuversichtlich, dass das Tunnelsystem bis Ende 2031 fertiggestellt werden kann. Die Einhaltung des Termins bezeichnete er als «realistisch». Damit schliesslich Züge durch die Tunnelröhren fahren können, rechnen die Verantwortlichen von der BBT SE mit «einem Jahr Vorlaufzeit», sodass die der Bahnbetrieb voraussichtlich im Dezember 2032 aufgenommen werden könnte. Gegenüber der Austria Presse Agentur sagte Gradnitzer, dass die Kosten auf «10,5 Milliarden Euro gehalten werden können». Als Teilstück des Skandinavien-Mittelmeer-Korridors, kurz Scan-Med-Korridor, handelt es sich beim Brenner Basistunnel um die fünfte von zehn vorrangig klassifizierten Achsen des transeuropäischen Verkehrsnetzes. (mgt/sts)