Tschuggen Grand Hotel: Nachhaltigkeit ist der wahre Luxus
Mit einer umfassenden Modernisierung wurde die Heizwärme- und Warmwasserproduktion des Tschuggen Grand Hotel von Heizöl auf regionale Holzpellets umgestellt. Zentrale Erfolgsfaktoren beim Projekt im Fünfsternhotel waren tiefere Vorlauftemperaturen und eine Vereinfachung der Verteilnetze. Die neue Anlage benötigt weniger als 50 Prozent der ursprünglichen Leistung.

Quelle: Stefano Schröter
Drei Pelletheizkessel mit einer Leistung von jeweils 330 Kilowatt liefern die nötige Energie für Raumwärme und Warmwasser.
Vom Haupthaus des Tschuggen Grand Hotel führt eine elegante Verbindungsbrücke zur «Bergoase». Die Spa-Landschaft aus der Feder von Mario Botta umfasst rund 5000 Quadratmeter. Mit verschiedenen Innen- und Aussenpools und einer grossen Saunawelt gibt es hier viele Möglichkeiten, Wasser in seinen angenehmsten Formen zu entdecken. Doch für diese Leichtigkeit braucht es handfeste Leistung.
In der Heizzentrale steht Hoteldirektor Ingo Schlösser vor den drei mächtigen Hargassner-Pelletkesseln. Jeder davon bringt 330 Kilowatt. «Die Gesamtleistung von fast einem Megawatt ist beeindruckend», meint Ingo Schlösser, «doch vor der Sanierung war es noch deutlich mehr. Wir konnten unseren Wärmebedarf mehr als halbieren» (siehe auch «Nachgefragt»-Kasten unten). Denn die drei ersetzten Ölkessel, die zuvor das Haupthaus, die Bergoase und das Personalhaus mit Wärme und Warmwasser belieferten, brachten es auf eine kumulierte Leistung von 2,3 Megawatt.
Temperaturen als Schlüssel
Die Reduktion gelang dank einer umsichtigen Planung. Diese zielte nicht nur auf den Wechsel des Energieträgers ab. Vielmehr wurde eine Verringerung des gesamten Energiebezugs angestrebt. Als erster Schritt wurde deshalb das Einsparpotenzial analysiert. Nach Identifizierung der nötigen energetischen Massnahmen wurden diese zwischen 2020 und 2023 schrittweise umgesetzt. Dazu gehörten etwa ein partieller Fensterersatz oder der Einbau von Wärmerückgewinnungen für sämtliche Lüftungs-Monoblöcke.
Der Angelpunkt der Modernisierung war die Absenkung der Betriebstemperaturen. «Nur so wurde es möglich, für die neue Wärmeerzeugung überhaupt Kondensationsenergie oder Wärmepumpentechnik nutzen zu können», berichtet Stefan Silva, zuständiger Projektleiter bei der Lier Energietechnik AG. Im Zug des Projektes wurden deshalb einerseits mögliche Abwärmequellen analysiert, andererseits auch gewisse Optimierungen bei der Badwasseraufbereitung vorgenommen, so etwa die Umstellung der Filterpumpen auf einen Tag- und Nachtbetrieb. Ein weiterer grosser Schritt war der Umbau der Warmwasseraufbereitung. «Statt das Warmwasser mit den Ölkesseln auf Temperatur zu bringen und danach zu speichern, erzeugen wir es nun mit Frischwasserstationen», erläutert Stefan Silva.

Quelle: Stefano Schröter
Der Rückkühler der neuen Grosswärmepumpe wurde unauffällig in den Hang unter dem Haupthaus integriert.

Quelle: Stefano Schröter
Blick auf die Inneneinheit der neuen Wärmepumpe.
Im Haupthaus stehen gleich fünf Frischwasserstationen von BMS im Einsatz. Drei weitere baugleiche Modelle versorgen die Bergoase. In beiden Installationen werden die Stationen jeweils kaskadiert. Im Zug der Umstellungen wurden verschiedene alte hydraulische Bypass- und Umlenkschaltungen eliminiert und Systemtrennungen aufgehoben. Die vier alten Warmwasserspeicher mit jeweils 4000 Litern Inhalt wurden nicht rückgebaut, sondern erfüllen eine neue Aufgabe. Sie dienen neu als Heizungsspeicher und wurden sogar mit einem zusätzlichen Heizungsspeicher mit 10000 Litern Volumen erweitert.
Umfassende Evaluation
Nach dem Umbau der Warmwasseraufbereitung konnte die Sanierung der Wärmeerzeugung angepackt werden. Dafür prüfte man verschiedene Varianten. Zunächst war Fernwärme im Gespräch, denn seit 2019 sind in Arosa verschiedene Netze entstanden. Deren Ausbau passte jedoch nicht zum angestrebten Zeitplan des Tschuggen Grand Hotels. Dagegen sprachen auch der hohe Eigenenergiebedarf des Hotels sowie die beträchtlichen, damals aber erst teilweise ausgeschöpften Möglichkeiten zur Wärmerückgewinnung bei den Hotel- respektive Spa-Installationen. Der Energieträger Geothermie war, wie eine Probe-Erdsondenbohrung zeigte, nicht umsetzbar. Somit blieb als valable Lösung eine bivalente Lösung mit Holzheizkesseln und einer subsidiären Wärmepumpe im Rennen.
Der Energieträger Holz bietet nun gleich zwei Vorteile: «Wir erreichen damit relativ hohe Temperaturen, können also die bestehenden Heizkörper weiterhin mit Wärme beliefern», sagt Ingo Schlösser. «Zudem beziehen wir die Pellets von der Resurses SA in Savognin. Das Holz ist regional, die Transportwege sind kurz – und damit gibt es kaum eine Belastung durch Graue Energie».

Quelle: Stefano Schröter
Die früheren Warmwasserspeicher dienen neu als Heizungsspeicher – ein weiterer Beitrag zur Nachhaltigkeit

Quelle: Stefano Schröter
Das Warmwasser für die gesamte Anlage (inklusive Tschuggen Bergoase) wird mit leistungsfähigen Frischwasserstationen aufbereitet.
Bivalente Lösung
Mit den Installationsarbeiten der neuen Heizungsanlage wurde die Equans Switzerland AG beauftragt. Laut Adrian Demiri, Teamleiter Heizung bei Equans Chur, stellte insbesondere die Einbringung der neuen Heizkessel gewisse Herausforderungen: «Jeder Kessel ist über zwei Tonnen schwer, und die Platzverhältnisse im Bestandesbau waren eher eng. Um die Kessel transportieren und positionieren zu können, mussten wir deshalb spezielle Hebe- und Transportmittel einsetzen.» Drei Türstürze in der Tiefgarage mussten erhöht werden, denn wegen des engen Zeitplans war eine Einbringung teilmontierter Komponenten nicht möglich. Die gesamten Einbring-, Installations- und Umbauarbeiten wurden in gut 10 Wochen erledigt. Für die Inbetriebnahme der neuen Anlage standen zwei weitere Wochen zur Verfügung. Die Deadline – zwei Wochen vor der Saisoneröffnung – war nicht verhandelbar. Denn insbesondere wegen dem Spabereich, der Tschuggen Bergoase, mit den Wellnessanlagen und dem grossen Schwimmbecken musste eine zuverlässige Wärmelieferung gewährleistet sein.
Als Entlastung für die Übergangszeit und die Sommersaison wurde eine grosse Luft/Wasser-Wärmepumpe von Rhoss mit einer Leistung von 270 kW installiert. So kann zwischen Frühling und Herbst die Aussenluft als Wärmequelle genutzt werden. Ergänzend wird in diesem Jahr in der Tiefgarage des Hotels eine Abwasser-Wärmerückgewinnung installiert. Diese zusätzliche Energiequelle wird die Effizienz und die Betriebsstunden der Wärmepumpe weiter erhöhen. Der Luftkühler für die Wärmegewinnung aus der Aussenluft ist relativ gross und umfasst sechs grosse Ventilatoren, die horizontal nebeneinander angeordnet sind. Dieses nicht eben kleine Element konnte im Hang zwischen Haupthaus und Strasse platziert werden. Damit fügt sich die Gebäudetechnik unauffällig in die gewachsene Landschaft ein.
Rundum zufrieden
Der Wechsel vom Öl zum Holz brachte weitere Vorteile: Die drei alten Öltanks konnten rückgebaut werden. Zwei ehemalige Tankräume dienen nun als Pelletlager, der dritte wird als Lagerraum genutzt. «Wir haben also nicht nur der Umwelt etwas Gutes getan, sondern auch wertvollen Platz gewonnen. Das schätzt man im Hotelbetrieb sehr», sagt Ingo Schlösser. Bei der Muttergesellschaft des Tschuggen Grand Hotel, der Tschuggen Collection, arbeitet man in diesen Tagen bereits an der nächsten Grosssanierung: Im Hotel Eden Roc in Ascona, ebenfalls ein bekanntes Fünfsternehaus, wird von Heizöl auf ein System zur Nutzung von See- und Grundwasser für den Wärme- und Kältehaushalt umgestellt.
Nachgefragt... bei Ingo Schlösser

Quelle: Stefano Schröter
Holz statt Öl: Silvana und Ingo Schlösser (Direktion Tschuggen Grand Hotel) vor den drei neuen Pelletheizkesseln.
Schweizer Fünfsternehotels verbindet man oft mit Genuss und Komfort, aber nicht unbedingt mit Umweltthemen. Wie sehr interessieren sich Ihre Hotelgäste für das Thema Nachhaltigkeit?
Ingo Schlösser: Nachhaltigkeit ist für sie kein Nischenthema, sondern eine Entscheidungsgrundlage. Von der gehobenen Hotellerie erwarten sie einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen und einen möglichst kleinen ökologischen Fussabdruck. Den gleichen Anspruch hat auch die Eigentümerschaft unserer Hotelgruppe. Deshalb setzen wir seit vielen Jahren eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie um. Dabei geht es nicht nur um grosse Stellschrauben wie Energie und Emissionen. Wir berücksichtigen zum Beispiel auch Lieferketten, Transportwege und Saisonalität der Produkte für unsere Gastronomie.
Bei der Gebäudetechnik wurde mit der Heizungssanierung ein grosses Projekt abgeschlossen. Welche Rolle spielt der Energieträger Holz bei diesen Überlegungen?
Bei der baulichen Modernisierung unseres Haupthauses waren wir an gewisse Parameter gebunden, so etwa die bestehenden Heizkörper. Mit Pelletkesseln erreichen wir vergleichbare Vorlauftemperaturen wie mit den alten Ölkesseln. Als Energieträger nutzen wir jedoch Holz aus Graubünden, das gewissermassen vor unserer Haustür geerntet und verarbeitet wird. Das bringt kurze Wege und entsprechend tiefe Emissionen. Zudem erfolgt die Wertschöpfung innerhalb des Kantons Graubünden. Für die weitere Verbesserung der Umweltbilanz möchten wir den bisherigen Strassentransport unserer Pellets auf die Schiene verlagern.
Welche Modernisierungsprojekte stehen als Nächstes an?
Bis 2027 werden wir zahlreiche weitere Verbesserungen umsetzen. In diesem Jahr sind dies zum Beispiel eine Abwasserwärmerückgewinnung und der Einbau weiterer Ladepunkte für Elektrofahrzeuge. Ab 2026 wird die Gebäudehülle des Haupthauses energetisch ertüchtigt, und wir installieren eine grosse PV-Anlage auf Dach- und Fassadenflächen. Im selben Jahr beginnt auch die Modernisierung der Zimmer und Suiten. (Interview: Michael Staub)

Quelle: zvg
Die von Mario Botta entworfene «Bergoase» bietet Wellness auf höchstem Niveau.
Langfristige Strategie
Seit 2017 wird in der Tschuggen Collection eine übergreifende Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt. In allen vier Häusern der Gruppe – Tschuggen Grand Hotel (Arosa), Valsana Hotel (Arosa), Carlton Hotel (St. Moritz) und Hotel Eden Roc (Ascona)– wird der fossile Fussabdruck konsequent reduziert. Dank neuartigen Energiekonzepten, Wärmerückgewinnungssystemen, Wärmedämmungen und Verbrauchsoptimierungen konnte innerhalb der letzten 10 Jahre bereits eine Reduktion von mehr als 80% des gesamten fossilen Brennstoffverbrauchs der Tschuggen Collection erreicht werden. Bis Ende 2025 werden sämtliche Standorte zu 100% fossilfrei beheizt. Sämtlicher Strom ist zudem 100% ökozertifiziert. Die Investition in die Technik lohne sich, sagt Leo Maissen, CEO Hotel Operations bei der Tschuggen Collection: «Der nachhaltige Komfort überzeugt unsere Gäste. In der Schweizer wie auch der europäischen Hotellandschaft sind wir damit einzigartig.» (ms)