14:54 BAUPRAXIS

Textilbeton: Flachs statt Carbon

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Textilbeton ist ein zukunftsträchtiger Baustoff mit Verbesserungspotenzial. Er könnte nachhaltiger sein. Deutsche Forscher haben nun einen Textilbeton entwickelt, dessen Gewebe nicht aus Carbon- oder Glasfasern, sondern aus Flachs und Polymer besteht. Dieser soll nicht nur ökologischer, sondern auch korrosionsbeständiger als üblicher Texteilbeton sein und besonders schlanke Konstruktionen ermöglichen.

Flachs

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Sorgt für starken, schlanken und ökologischen Beton: Flachs.

Textilbeton hat viele Vorteile: Er ist korrosionsfrei, hat eine hohe Lebensdauer und weist dieselben statischen Eigenschaften wie Stahlbeton auf. Ausserdem zeichnet er sich durch Materialstärken von nur wenigen Zentimetern aus. Und er ermöglicht filigrane Leichtbauten und passt sich nahezu jeder Geometrie an. Er eignet sich ebenso für Brücken wie für Fassaden und Decken, aber auch für Sitzmöbel oder Skulpturen. Allerdings könnte die CO2-Bilanz von herkömmlichen Textilbeton besser sein – wenn nicht Gewebe verwendeten werden, die letztlich auf Erdöl basieren.

Daher wollen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) Carbon und Co. mit nachwachsenden Rohstoffen ersetzen. Sie setzen dabei auf einheimische Produkte, konkret auf Flachs. Je nach Anforderung, welche das Bauteil stellt, wird der Flachs durch einzelne Stränge aus Polymerfaser ergänzt, wodurch ein Mischgewebe entsteht. Gewirkt wird dieses mit einer in Europa einzigartigen Doppelgreifer-Webmaschine mit Jaquardaufsatz. Diese ermöglicht den Experten laut Fraunhofer Institut innovative Leichtbau-Verbundmaterialien mit komplexen, anwendungsspezifischen Gewebestrukturen und integrierten Funktionen herzustellen. Danach wird das gewebte Textil mit natürlichen Harzen modifiziert. Dafür, dass es später nicht verwittert sorgt ein Hochleistungsbeton, dessen Gefüge so dicht ist, dass er die Fasern praktisch vollständig vor schädlichen Einflüssen schützt.

„Höherwertiger als Stahlbetonbrücken“

Das Flachstextil wird lagenweise in das jeweilige Bauteil eingebracht. Weil die Steifigkeit den Anforderungen des jeweiligen Bauteils angepasst werden kann, lässt es sich in die gewünschte Form legen, zum Beispiel Kuppeln oder gerundete Wandelemente. Danach wird der flüssige Beton auf das Textil gegossen. Bei diesem Beton handelt es sich um eine Eigenentwicklung des Zentrums für leichte und umweltgerechte Bauten (Zeluba) am WKI. Bei der Entwicklung wurde besonderes Augenmerk darauf gerichtet, nur geringe Mengen an Primärrohstoffen zu verwenden, um ökologische Nachhaltigkeit zu erreichen. Er besteht aus einer sehr feinen Gesteinskörnung, Wasser, Betonzusatzstoffen und Betonzusatzmitteln sowie aus der Textilbewehrung aus Flachs.

Beträchtliche Materialeinsparungen

„Der Textilbeton aus Flachs ist höherwertiger als der in Stahlbetonbrücken verbaute Beton“, sagt Jan Binde vom Zeluba. Das Gefüge sei so dicht, dass schädliche Substanzen nicht in den Baukörper eindringen könnten. Daraus ergebe sich eine deutlich höhere Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten. „Die Naturfaser verzahnt sich sehr gut mit dem Baustoff, was auch daran liegt, dass wir steuern können, wie sich das Gewebe im Beton verankert. Die spezifische Oberfläche des Textils lässt sich einstellen“, erklärt Binde. Damit ermöglicht der Flachsbeton leichte, schlanke Brückenkonstruktionen, die auch von Kraftfahrzeugen überquert werden könnten. Gemäss Binde ist die Materialeinsparung beträchtlich: „Eine Stahlbetonbrücke mit einer Spannweite von 15 Metern wäre etwa 35 bis 40 Zentimeter dick, das Pendant aus Flachs hingegen würde mit zwölf bis 16 Zentimeter deutlich flacher ausfallen.“ (mai/mgt)

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