In Rom wird am Kopfsteinpflaster immer gehämmert
Das Kopfsteinpflaster in Rom polarisiert. Die Sanpietrini – wie die Pflastersteine auch genannt werden – werden gehasst und geliebt.

Quelle: KW76, Pixabay-Lizenz
Seine Farbe hat der Petersplatz in Rom von den charakteristischen Sampietrini.
Das Verhältnis der Römer und
Römerinnen zu ihren traditionellen Pflastersteinen hat etwas Verrücktes.
Hassliebe nennen es manche. Zweiradfahrer fluchen über die Holperpisten im
Zentrum der Millionenstadt. Wer mit hochhackigen Schuhen unterwegs ist,
riskiert wegen der Ritzen und Löcher einen Knöchelbruch. Fans dagegen schwärmen
von der Schönheit des Strassenbelags aus dunklen Steinen, die Sampietrini
(Sanktpeterchen) genannt werden.
Die Corona-Pandemie stoppte die ewigen Wanderbaustellen der
Steinleger nicht – im Gegenteil. Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi lässt
keine Gelegenheit aus, um in sozialen Netzwerken stolz auf die Pflasterarbeiten
an Strassen und Plätzen hinzuweisen. Da wegen der Corona-Sperren weniger
Menschen unterwegs seien, könnten die Vorhaben problemloser durchgezogen
werden, schrieb die Politikerin von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung auf
Facebook.
Neue Muster vor dem Pantheon
Kurz vor Ostern lobte Raggi, dass das Pflaster vor dem
antiken Pantheon in der verkehrsberuhigten Altstadt aufgefrischt wird. Am
Kolosseum legten Arbeiter kürzlich ebenfalls neue Muster. Und die Piazza
Venezia, einer der von schweren Stadtbussen meistbefahrenen Plätze Roms, war
2020 dran. Die Kommentare im Netz zu den Sampietrini-Arbeiten spiegeln die
Debatte, die in den vergangenen Jahrzehnten Wellen schlug: Sie reichen von
«Geldverschwendung» bis «wunderschön». Manchmal klingt der Verdacht an, dass
die anstehenden Bürgermeisterwahlen die Strassenarbeiten befeuern: Die
Stadtspitze zeige so Aktivität.
«Das Pflaster muss alle paar Jahre neu gemacht werden. Das
ist auch richtig so», sagt eine Bar-Betreiberin im Szeneviertel Monti. «Sonst
sind die Strassen und der Platz zu uneben.» In den umliegenden Gassen an der
Piazza della Madonna dei Monti hatten Steinleger die Sampietrini im Vorjahr
aufgenommen und wieder verlegt. Wochenlang klang ihr Hämmern durchs Viertel.
Einige Monate später lässt sich der Unterschied zwischen vorher und nachher
nicht überall mehr erkennen.
Eine Rutschbahn für Passanten?
Zeitweise hatte sich Roms Strassenbau-Debatte im
Schwerpunkt um Sicherheit gedreht: Das dunkle Pflaster verwandle sich bei Regen
in eine glitschige Rutschbahn, es werde schneller wellig als Asphalt, sagten
die Gegner. Vor mehr als 15 Jahren beschloss ein früherer Bürgermeister, Walter
Veltroni, grössere Strassen konsequent in Asphaltpisten umzubauen. Doch auch
daran nagt längst der Zahn der Zeit. Manche Löcher dort sind fast noch tiefer
als im Pflaster, auch sie werden regelmässig zu Unfallfallen für Autos und
Roller.
Ab hier ist dieser Artikel nur noch für Abonnenten vollständig verfügbar.
Jetzt einloggenSie sind noch nicht Abonnent? Übersicht Abonnemente