07:50 BAUPRAXIS

Die Poesie des Vergehens: Vom Leben einer toten Fichte

Geschrieben von: Simone Matthieu
Teaserbild-Quelle: Sam V. Furrer

Totholz lebt. Es bietet zahlreichen Organismen ein Zuhause, zum Beispiel Pilzen und Insekten. Davon erzählt der Fotograf Sam V. Furrer in seinem Band «Poesie des Vergehens – vom vielfältigen Leben einer toten Fichte». Fachleute der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft steuerten erklärende Texte zu den Bildern bei.

Die zerlegte Fichte.

Quelle: Sam V. Furrer

Die zerlegte Fichte.

Der naturbegeisterte Fotograf Sam V. Furrer entdeckte nach einem Hochwasser im Sommer 2021 einen an Land gespülte Fichte. Sie lag an einem Strand des Vierwaldstättersees, den er gern aufsucht. Erst störte den Zürcher der grosses Stamm und er begann, für sein abendliches Lagerfeuer Holz daraus zu hacken. Dabei entdeckte er, wie vielfältig das Innere des toten Baums ist. Nicht nur konnte man Phasen dessen Leben nachvollziehen. Auch, für wie viele andere Arten wie Pilze und Insekten das Totholz ein Habitat bietet. Furrer fotografierte seine Entdeckungen und erstellte ein einzigartiges Fotobuch: «Poesie des Vergehens – vom vielfältigen Leben einer toten Fichte», kürzlich erschienen beim Haupt-Verlag.

Fotografie und Wissenschaft

Experten und Expertinnen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) ergänzten Furrers Bilder mit Wissen über die einzelnen Holzbewohner. Und zu den Ereignissen im Leben des toten Baums, die ihre Spuren hinterlassen haben, im Inneren wie im Äusseren. Eine davon ist Rita Bütler, spezialisiert in der Wald-Ökologie und Wald-Biodiversität. Mit ihr sprach das Baublatt über den «Brotbaum der Schweizer Holzwirtschaft». Diesen Namen erhielt die Fichte wegen ihrer grossen Bedeutung für die Bau- und Papierbranche. Sie ist auch die mit Abstand häufigste Baumart in hierzulande.

«Durch trockene Sommer haben im Moment mehr Totholz, als auch schon», erklärt Bütler. Für sie ein wichtigeres Thema sind alte Bäume, die Totholz oder andere Baummikrohabitate auf sich tragen, zum Beispiel einen abgestorbenen Ast oder eine Höhle. Sie bieten Lebensraum für Vögel, Amphibien, Reptilien und Säugetiere. Aber natürlich auch Insekten und Pilze. «Sehr dicke, alte Bäume sollte man gar nicht fällen, in der Schweiz sieht man kaum noch welche. Man könnte sie einzeln stehen lassen, in Flächen von einem bis zwei Hektaren oder als grössere Naturreservate von 20 bis 100 Hektaren, in denen das Holz seinen ganzen Lebenszyklus durchläuft.» Totholz, ob liegend oder an einem noch stehenden Baum, ist enorm wichtig für das Ökosystem Wald. Ohne dieses könnten der Forst und seine unzähligen grösseren und Kleinstlebewesen nicht existieren.

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