08:11 BAUPRAXIS

Abbau von Calanca-Gneis: Viele PS für harten Stein

Geschrieben von: Claudia Bertoldi (cb)
Teaserbild-Quelle: Robert Aebi AG

Im südlichsten Winkel von Graubünden, an der Grenze zum Tessin, findet man einen besonderen Naturstein: den Calanca-Gneis. Hier betreibt die Alfredo Polti SA einen Steinbruch. Für den Abbau sind schwere Volvo-Maschinen im Einsatz.

Das Calancatal ist eines der abgelegensten Täler der Schweiz. Die Ursprünglichkeit der Bergwelt bringt vor allem Naturliebhaber und Wanderer ins Tal. Kaum einer erwartet, dass im kleinen, seit 2015 zur Gemeinde Calanca gehörenden Ort Arvigo einer der wichtigsten Arbeitgeber der Gegend seinen Firmensitz hat.

Arvigo selbst liegt im unteren Teil des Calancatals auf einem Schuttkegel. Das Dorf wurde im Jahre 1453 erstmals urkundlich erwähnt. Weite Teile des Gemeindegebietes sind gebirgig und bewaldet. Nur rund 200 des 1700 Hektar grossen Gebietes können landwirtschaftlich genutzt werden, zumeist als Weiden. Im Calancatal wird hauptsächlich Vieh- und Alp- und Holzwirtschaft betrieben.

Der Tourismus ist ein weiteres wichtiges Standbein, welches die wachsende Abwanderung der jungen Bevölkerung verhindern könnte, denn ausser den Abbau des Gneises und dessen Weiterverarbeitung bietet das Tal kaum Arbeitsplätze. Der Calanchiner Gneis wirdwegen seiner Qualität hoch geschätzt. Das seit 1950 bestehende Familienunternehmen Alfredo Polti SA ist eines der wenigen Unternehmen in der Region. Der unterhalb der Gemeinde liegende Werksteinbruch und die dazugehörende Weiterverarbeitung sind zugleich der grösste Arbeitgeber des Tales und einziger Industriebetrieb in Arvigo.

Moderne Technik am Werk

Bereits beim Betreten des Firmensitzes wird klar: Gneis ist ein vielseitiges Material, das in sehr unterschiedlichen Bereichen Anwendung findet. Am Eingang der Polti SA erhalten die Besucher einen ersten Eindruck: Gneis mit unterschiedlichen Maserungen ist zu Bodenplatten und Wandelementen verarbeitet. Kleine Kunstwerke aus Gneis befinden sich in einer Vitrine: Die Taschenmesser, Vasen oder Schlüsselanhänger aus dem Material sind regionale Unikate.

Der grosse Steinbruch oberhalb der Werkstatt gehört zum Unternehmen. DasGelände wird unter strengen Vorgaben bewirtschaftet. Unter anderem verpflichtet sich die Polti SA, mit dem Abbau des Gneises gleichzeitig eine kontinuierliche Rekultivierung durchzuführen. Denn nur mit der Pflege der Umwelt kann die natürliche Schönheit dieses Tals erhalten bleiben.

Schwere Maschinen sind im Steinbruch im Einsatz, um das Material abzutragen. Die gelben Karosserien der Volvo-Bagger blitzen ab und zu zwischen den grossen grauen Steinquadern auf. Sie werden ebenso zum Transport und beim Stapeln der Steinplatten oder gebundenen Verladepaletten auf dem Werkgelände benötigt.

Ein Volvo EC460B sorgt im Geröll des Steinbruchs für Ordnung. Mit Sprengungen wird zunächst das Gestein grob gelöst. Danach müssen die Berge von Steinen sortiert und gleichzeitig ein befahrbarer Weg in den Steinbruch frei gelegt werden. Auf diesem unbefestigten Untergrund sind Fahrer mit viel Erfahrung gefragt.

Schweres Gerät im Einsatz

Geschulte Mitarbeiter sind nicht nur für die Sicherheit im Steinbruch der Firma Polti unentbehrlich. Die meisten von ihnen sind schon seit 20 Jahren dort tätig. So auch Livio, der Fahrer des Volvo-Radladers L350H. Er kennt den Steinbruch wie seine Westentasche und ist sozusagen der Meister des Block-Umschlags.

Bereits oben an der Abbaustelle muss er entscheiden, welche Felsblöcke brauchbar und welche nicht für die Weiterverarbeitung geeignet sind. Die Schieferungdes Gneises muss durchgängig sein und darf keine Verknöcherungen enthalten, da sie den Stein für die Verarbeitung unbrauchbar machen. Die ausgewählten Gesteinsblöcke transportiert Livio zunächst in ein Zwischenlager auf halber Höhe des Geländes. Dieses dient zum einen der regelmässigen Belieferung der Werkstatt am Fusse des Steinbruchs, zum anderen als Reservevorrat, sollte einmal der Abtransport aus höheren Lagen aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich sein.

Livio liebt seinen Job genauso wie seine schweren Helfer. Er ist glücklich über den neu angeschafften Volvo L350H. Der Radlader ersetzt seine bisherige Maschine, einen Volvo L350F, der immerhin stattliche 15400 Betriebsstunden im Einsatz war.

Firmenchef Giovanni Polti hat sich ganz bewusst für diesen Radlader entschieden: «Der Volvo L350H verfügt über die modernste Motoren-Technologie Stage V und entspricht der neusten Abgasnorm. Es ist eine sehr saubere Maschine, die zu unserem Bestreben für eine saubere Zukunft passt».

Die Einsatzbedingungen im Steinbruch sind hart, dennoch muss der Abbruch kontinuierlich erfolgen. Stillstandzeiten sollten auf ein Minimum beschränkt werden. «Wir bewegen etwa 60000 Tonnen Material im Blockumschlag pro Jahr. Hohe Effizienz der Maschinen ist daher ein wichtiges Kaufkriterium. Um das Ausfallrisiko auf ein Minimum zu reduzieren, haben wir den L350H zusätzlich mit einem ServiceVertrag Gold ausgestattet.»

Giovanni Polti ist seit 40 Jahren Kunde der Robert Aebi AG und erneuert seine Volvo-Maschinenflotte regelmässig. Demnächst wird ein weiteres Schwergewicht den Fuhrpark verstärken: Ein Volvo EC480E, der ebenso tatkräftig am Berg arbeiten soll.

Immer noch viel Handarbeit

Naturgespalten oder mittels Diamantsäge getrennt, poliert, geschliffen oder gebürstet – jeder Block, den Livio zur Weiterverarbeitung bringt, erhält seine besondere Bearbeitung. Je nach Produktionsschritt und Gewicht liefern verschiedene Radlader, ein Volvo L150E, ein Volvo L90H, ein L90F sowie ein L35B, die Blöcke in die jeweilige Werkstatt.

Sehr viel Handarbeit, Geschick und Erfahrung erfordert die Verarbeitung von den Mitarbeitern. Sie müssen ihre Steine quasi «lesen» können, Linien erkennen und dieNägel in den Block richtig und präzise setzen. Nach einigen kräftigen Hammerschlägen spaltet sich der Block in kleinere Teile oder er zerfällt bei kleineren Blöcken in einzelne Platten. Die schwere Arbeit erscheint dabei kinderleicht.

Jedes Stück ein Unikat

Platten, für die eine glatte Oberfläche vorgesehen ist, werden in einer Werkshalle mit einer überdimensionierten Kreissäge bearbeitet. Sie schneidet aus den massiven Blöcken Platten in unterschiedlichen Grössen und Stärken – je nach Wunsch des Kunden. Jede Platte hat ihre individuelle Maserung und ist somit einzigartig. Alle sprechen jedoch eine Sprache und erzählen die Geschichte von den Jahrmillionen ihrer Entstehung.

Steinmetze bearbeiten den Gneis auch von Hand oder maschinell mit modernen Steinbearbeitungsmaschinen. Der Naturstein ist schwer, hart und dauerhaft. Seit Jahrhunderten wird damit gebaut. Das Material wird auch in Rohblöcken, als formwilde oder rechteckige Platten sowie als Mauer- und Quadersteine im rohen Zustand verkauft. Etwa Rund 90 Prozent der Produktion ist für den Schweizer Markt bestimmt. Der Rest geht in den Export, vor allem nach Deutschland, Italien, Österreich und Frankreich.

Radlader Volvo L350H

Quelle: Robert Aebi AG

Radlader Volvo L350H.

Funkelnd und schimmernd

Gneise sind metamorphe Gesteine mit Paralleltextur, die mehr als 20 Prozent Feldspat enthalten und während der Regionalmetamorphose unter hohen Druckund Temperaturverhältnissen gebildet wurden. Der Name Gneis stammt aus dem Vokabular der Bergleute des Erzgebirges. Im 16.Jahrhundert waren die Begriffe «gneiste», «ganeist» und «gneisto» Ausdruck für funkeln und schimmern, was auf den Anteil an Glimmermineralien im Gestein zurückzuführen ist.

Sichtbar wird Gneis zumeist erst, wenn darüber liegende Materialschichten erodieren oder ehemals tiefliegende Schichten durch Tektonik an die Oberfläche gehoben wurden. Gneise sind weltweit verbreitet. Sie bilden mit die ältesten Gesteinsformationen der Erde, treten aber auch in jüngeren Faltengebirgen wie im Alpenhauptkamm der Zentralalpen auf. Das Material ist feinbis grobkörnig und verfügt über eine typische Paralleltextur.

Feldspat und Glimmer bestimmen die Farbe, Quarze die Abriebfestigkeit der Gneise. Zumeist ist der Stein grau, kann aber auch rosa, bräunlich und grünlich sein. Das Hauptmerkmal sind sich abwechselnde dunkle und helle Bänder mit unterschiedlicher mineralischer Zusammensetzung, durchzogen von einem feinen Schimmer der Glimmerminerale.

Schichtsilikate, die lagenförmig im Gestein auftreten, verleihen dem Gneis seine gute Spaltfähigkeit. Gneis verfügt über ähnliche technische Eigenschaften wie Granit, zeichnet sich allerdings durch bessere Biegezugwerte aus. Der Stein kann poliert werden und ist sehr frostbeständig. (cb)

Geschrieben von

Ehemalige Redaktorin Baublatt

Claudia Bertoldi war von April 2015 bis April 2022 als Redaktorin beim Baublatt tätig. Ihre Spezialgebiete waren Architektur- und Technikthemen.

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