Wohnen im Kanton Zürich: Kantonsrat lehnt linke Wohn-Initiativen ab
Der Zürcher Kantonsrat sieht die beiden Wohn-Initiativen kritisch über die er heute debattierte. Er hat sie deutlich abgelehnt und stellt ihnen nun einen Gegenvorschlag gegenüber. Die eine Initiative soll mit Hilfe einer neu zu gründenden Gesellschaft und einem 500-Millionen-Franken Kredit für mehr günstige Wohnungen sorgen und die andere soll mit gemeindeweiten Wohnschutzerlassen Leerkündigungen verhindern.
Hohe Mieten und mangelnder Wohnraum sind ein Dauerthema im Kanton Zürich. Das zeigt sich auch an den Abstimmungen: Regelmässig befinden die Stimmberechtigten über Vorlagen, die steigende Mieten eindämmen und für mehr Wohnungen sorgen sollen. Mittlerweile wird das Thema von rechts bis links beackert, sei es mit der SVP-Initiative «Recht auf Heimat – Wohnige für eusi Lüüt», für die zurzeit Unterschriften gesammelt werden, oder mit den beiden von rotgrüner Seite lancierten Initiativen «Wohnschutz-Initiative» und «Wohnungsinitiative». Die zwei letzteren sind heute im Zürcher Kantonsrat auf wenig Zustimmung gestossen: Er stellt ihnen zwei Gegenvorschläge gegenüber, die mit einem deutlichen Mehr durchgekommen sind. An der Urne entscheiden die Stimmberechtigten sowohl über die Initiativen als auch über die Gegenvorschläge.
Ein 500-Millionen-Franken-Kredit für eine Wohnbaugesellschaft
Die von Grünen und SP lancierte «Wohnungsinitiative» respektive «Volksinitiative für mehr günstige und gemeinnützige Wohnungen» verlangt, dass Kanton und Gemeinden gemeinnützigen Wohnungsbau und selbst genutztes Wohneigentum fördern, mittels Baurechten, Gewährung von Bürgschaften, Darlehen und Staatsbeiträgen. Weiter fordert die Initiative die Gründung einer Wohnbaugesellschaft: Ausgestattet mit einem Startkapital von 500 Millionen Franken sowie mit «geeigneten» bereits im Besitz des Kantons befindlichen Immobilien soll sie im Kanton günstigen Wohnraum erstellen, unterhalten und vermieten, aber auch gemeinnützigen Bauträgern Baurechte einräumen. Auf diese Weise liesse sich laut den Initianten eine «merkliche Veränderungen im Wohnungsangebot» herbeiführen.
Die bürgerlichen Parteien im Kantonsrat sahen es anders: Sie wehrten sich gegen «grosse Staatseingriffe». Die 500 Millionen wären bloss der Anfang, warnten sie. Die Initiative werde kaum mehr Wohnungen bringen, sagte Doris Meier (FDP, Bassersdorf), der Gegenvorschlag könne dagegen Hindernisse abbauen. Derweil nannte Rafael Mörgeli (SP, Stäfa) diesen «eine Nullnummer»: Nur die Initiative schaffe mehr gemeinnützigen Wohnraum.
Bewilligungspflicht für Umbauten, Renovationen, Zweckänderungen oder Abbrüche
Auch die «Wohnschutz-Initiative», hinter der der Mieterinnen- und Mieterverband Zürich, die SP, die Grünen und die Alternative Liste stehen, stiess auf wenig Zustimmung: Sie will Leerkündigungen verhindern und dafür sorgen, dass Mieten nicht übermässig erhöht werden, indem Gemeinden selbstständig Vorschriften zum Wohnschutz erlassen sollen können, wenn der Leerwohnungsbestand auf ihrem Gebiet unter 1,5 Prozent liegt. Dies gilt insbesondere für eine Bewilligungspflicht für Umbauten, Renovationen, Zweckänderungen oder Abbrüche sowie für eine Beschränkungen von Umwandlungen von Mietwohnungen in Stockwerkeigentum. Im Gegensatz dazu will der Gegenvorschlag lediglich Eigentümer von grösseren Liegenschaften dazu verpflichten zu überprüfen, ob Kündigungen vermieden werden können. Die Ratslinke bezeichnete diesen als «Branchenempfehlung». Derweil plädierte Donato Scognamiglio (EVP, Freienstein-Teufen) vergeblich für einen Kompromiss. Sein Gegenvorschlag scheiterte mit 66 zu 107 Stimmen.
Eine vergleichbare Praxis gibt es bereits in Basel und Genf. Die Städte dienten den einen als Vorbild, den anderen als Abschreckung. Laut Gianna Berger (AL, Zürich) sind hier die Massenkündigungen zurückgegangen. Dem hielt Monica Sanesi (GLP, Zürich) entgegen: «Die vielen Vorschriften werden den Zugang zu Wohnraum noch mehr erschweren.» Der Regierungsrat unterstützte beide Gegenvorschläge. Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) will den Kanton nicht als Konkurrenten im Wohnungsmarkt sehen. Auch seien Leerkündigungen kein Massenphänomen.
Auch am nächsten Abstimmungswochenende ist im Kanton Zürich das Wohnen ein Thema
Auch kommendes Abstimmungswochenende, am30. November, befindet das Zürcher Stimmvolk über das Thema Wohnen: Die «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich»-Initiative fordert ein Vorkaufsrecht für Gemeinden, um die steigenden Mieten einzudämmen. Sie ist breiter abgestützt als die heute diskutierten Vorlagen, im Komitee sitzen nebst Grünen und SP-Mitgliedern auch solche der Mitte, der EVP und der GLP. Der Kantonsrat hatte auch diese abgelehnt und sich für den Gegenvorschlag ausgesprochen, der den Rahmenkredit für die Wohnbauförderung von 180 Millionen Franken auf 360 Millionen verdoppeln soll. (mai/sda/mgt)