Zurückgeblickt auf Zürich im Mittelalter
Wie die Siedlungsentwicklung der Stadt Zürich in den vergangenen Jahrtausenden verlief, vermitteln historische Stadtmodelle. Nun ist die neuste digitale Version verfügbar mit einem Zeitschnitt im Mittelalter.
Quelle: Amt für Städtebau
Die Sihl trat öfters über die Ufer und vernichtete landwirtschftliche Produktionsflächen.
Ständig verändert die Sihl das Flussbett, formt mit dem Geschiebe neue Inseln, mäandriert westlich der Stadt Zürich durch die von Gletschern geschaffene Landschaft. Sie ist eine ständige Gefahr für die Umgebung der Stadt. Ein Seitenarm führte durch ein Gebiet, wo sich heute das Stadtzentrum befindet, und mündete in der Gegend zwischen Lindenhof und dem Gelände des Hauptbahnhofs in die Limmat.
Nachvollziehen lässt sich der Stand der Siedlungsentwicklung anhand von digitalen 3D-Stadtmodellen. Das neuste Modell des Amts für Städtbau beschäftigt sich mit Zürich im Mittelalter und zeigt die Siedlung um das Jahr 1200. Dargestellt ist unter anderem die damalige Stadtburg auf dem Lindenhof.
Quelle: Amt für Städtebau
Die Stadtburg auf dem Lindenhof, in der Visualisierung rechts über der Limmat, ist vollständig verschwunden.
Teile es heutigen Stadtbilds bereits erkennbar
Der Gebäudebestand der Stadt um 1200 mit Steinhäusern und ihren Gassenzügen kommt erstaunlicherweise dem heutigen Bild der Zürcher Altstadt bereits sehr nahe. Neben Wohn- und Handwerkshäusern am Limmatufer existieren schon damals die Quartiere am Münsterhof, am Rennweg und Neumarkt sowie an der Kirchgasse. Das Stadtbild war geprägt von der Befestigung mit Mauer, Türmen und Graben. Während des 13. Jahrhunderts sollte es durch intensive Bautätigkeit und Verdichtung noch stark verändert werden.
Die Grossbauten wie das Fraumünster oder die St. Peterkirche sowie das Grossmünster sind im 3D-Stadtmodell von 1200 bereits zu erkennen. Komplett verschwunden ist heute die Stadtburg auf dem Lindenhof, die als Residenz der adligen Stadtvögte diente und im kommenden politischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozess zerstört werden sollte.
Quelle: Amt für Städtebau
In der Umgebung von Zürich wurde vor 800 Jahren mehrheitlich Dreifelderwirtschaft betrieben.
Das Landschaftsbild in Zürichs Umgebung war vor 800 Jahren mehrheitlich von der Dreifelderwirtschaft bestimmt. Dabei wird das Ackerland eines Dorfs dreigeteilt. Auf einem Feld wird Wintergetreide, auf einem anderen Sommergetreide angebaut, das dritte bleibt ungenutzt (Brache). Jährlich wechselten die Anbauformen, das Feld kann sich somit in jedem dritten Jahr erholen.
Die Bauernfamilien wohnten in Dörfern wie Höngg, Seebach, Schwamendingen und Witikon, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahrhunderten bestanden. Archäologisch belegt sind vor allem die Vorgängerbauten der heutigen Kirchen. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude dieser Zeit waren aus vergänglicheren Materialien wie Holz und Stroh erbaut, weshalb im Raum Zürich die archäologischen Nachweise dazu bisher fehlen.
Zürichs bauliche Entwicklung in Zeitlupe
Verschiedene Zeitabschnitte machen die bauliche Entwicklung der Stadt von der Jungsteinzeit bis in die mittelfristige Zukunft öffentlich zugänglich. Das historische 3D-Stadtmodell soll die Bevölkerung animieren, sich mit der Entwicklung der Stadt Zürich auseinanderzusetzen. Es umfasst insgesamt fünf Zeitschnitte. Die Modelle zeigen die Situation in den Jahren um 3000 v. Chr. und 200 n. Chr. sowie um1200 und 1500 oder 1800. Die Darstellungen basieren auf archäologischer wie historischer Forschung. Die Webapplikation «Zürich 4D» wird weiter ausgebaut. Bis Ende 2026 soll der sechste und letzte Zeitschnitt in «Zürich 4D» veröffentlicht werden.
Der gesamte 3D-Datensatz zum Modell ist auf dem Open-Data-Katalog der Stadt Zürich öffentlich zugänglich. Auf der Webseite der Stadtarchäologie Zürich sind zudem detaillierte Informationen zur Entstehung, zu den wissenschaftlichen Inhalten und den technischen Grundlagen abrufbar. (mgt/sts)