08:01 BAUBRANCHE

Studie der EPFL: Nachbarn können zu Solaranlagen animieren

Teaserbild-Quelle: Ulrike Leone, Pixabay, public-domain-ähnlich

Eine im Kanton Waadt durchgeführte EPFL-Studie hat Aufschluss über die Faktoren gegeben, die Menschen zum Kauf von Solarpanels bewegen können. Neben dem sozialen Umfeld können demnach auch Nachbarn, die eine Solaranlage besitzen, eine wichtige Rolle spielen.

Solaranlage auf einem Dach

Quelle: Ulrike Leone, Pixabay, public-domain-ähnlich

Gleich und Gleich gesellt sich gern: Hat der Nachbar eine Solaranlage auf dem Dach, kann dies zum Kauf von eigenen Solarpanels anregen. (Symbolbild)

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person am Eigenheim Solarpanels installiert, liegt um 89 Prozent höher, wenn sie jemanden kennt, der ebenfalls Solarpanels installiert hat. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der ETH Lausanne (EPFL), für die im Rahmen einer ­Umfrage 1125 Personen in den Waadt­länder Bezirken Nyon und Jura-Nord befragt wurden. Wie die Hochschule unlängst mitteilte, sei bereits bekannt, dass dieser sogenannte «Peer-Effekt» – respektive die ­soziale Nähe – einen Einfluss auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher für Solaranlagen habe. Denn Gleich und Gleich gesellt sich bekanntlich gern.

Die Studie hat nun aber ergeben, dass ein weiterer Faktor dabei ebenfalls eine grosse Rolle spielt: der Nachbarschafts­effekt, respektive die räumliche Nähe. Wenn eine Person also zusätzlich zum passenden sozialen Umfeld auch einen Nachbar hat, der Solarzellen auf seinem Dach installiert hat, hat die Person das wahrscheinlich auch getan; dies mit einer abhängigen Variable, die statistisch signifikant um 0,5 Einheiten ansteigt. Dies insbesondere dann, wenn beide dieselbe Sprache sprechen und in der gleichen Gemeinde wohnen, da dies den Informationsaustausch erleichtert.

Auf der anderen Seite ergab die Umfrage, dass Faktoren wie das Geschlecht und die Umweltauffassungen keinen signifikanten Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Die Studie wurde kürzlich in der wissenschaftlichen Zeitschrift «Heliyon» veröffentlicht.

Räumliche und soziale Nähe

Die Autoren der Studie stellen fest, dass der Informationsfluss innerhalb einer Gemeinde ein wichtiger Motor für die Energiewende sein kann und dass die räumliche Nähe neben der sozialen Nähe berücksichtigt werden muss. Dazu werden konkrete Massnahmen genannt, die politische Entscheidungsträger ergreifen könnten. Etwa die Förderung lokaler Informationskampagnen von Nachbarschaftsverbänden, Unternehmen, die in der Energiewende tätig sind oder Personen, die bereits Solaranlagen besitzen.

«Besitzer von Solarpanels sprechen gerne über ihre Erfahrungen – sie beschreiben, wie viel Strom sie pro Jahr erzeugen und wie viel Geld sie sparen», sagt Glòria Serra-Coch, Architektin und Doktorandin am Laboratory for Human Environment ­Relations in Urban Systems (HERUS) der EPFL und Hauptautorin der Studie. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersucht die Architektin die Mechanismen, durch die die Technologie der erneuerbaren Energien in der Schweiz angenommen wird. Ihre Forschung wird vom Bundesamt für Energie finanziert und soll den politischen ­Entscheidungsträgern dabei helfen, die Energiewende voranzutreiben.

In der Umfrage für die Studie wurden Fragen zur sozioökonomischen Kategorie der Befragten gestellt sowie Fragen dazu, ob sie Solarpanels installiert haben, ob sie Hauseigentümer oder Mieter sind, ob sie jemanden kennen, der Solarpanels installiert hat, und wenn ja, wo diese Person wohnt und ob diese Person ihnen vorgeschlagen hat, ebenfalls Solarpanels zu kaufen. Die Ergebnisse zeigten, dass 17,6 Prozent der Befragten Solarmodule besassen. 40,4 Prozent der Personen kannten ausserdem jemanden, der bereits im Besitz solcher Module war.

Einfluss durch Wohndichte

Die Studie ergab auch, dass die Installation von Solarmodulen mit der Wohndichte und dem Ausmass der Verstädterung zusammenhängt. Mit anderen Worten: Die meisten Solaranlagen in der untersuchten Region befanden sich in städtischen Gebieten. «Die Schweizer Gesetzgebung fördert derzeit die Installation von Solarzellen auf den Dächern von Einfamilienhäusern», sagt Serra-Coch.

«Das hat zur Folge, dass nur städtische Gebiete mit einem hohen Anteil an Wohneigentum die Vorteile dieser erneuerbaren Energie voll ausschöpfen können». Sie schlägt deshalb eine flexiblere Politik vor, damit Menschen, die sauberen Strom nutzen wollen, dies auch tun können, indem sie die Hindernisse für Mieter und Bewohner von Gebäuden, die nicht die erforderlichen Kriterien erfüllen, beseitigen. Solarmodule müssten zum Beispiel nicht auf Dächern installiert werden, sondern könnten auch anderswo aufgestellt werden, was wiederum die Akzeptanz erhöhen würde.

«Unsere Studie zeigt, dass erneuerbare Energien durch vertrauenswürdige Personen gefördert werden sollten, die Teil ­eines engen Kreises sind – auch in geografischer Hinsicht», sagt Serra-Coch. Die Doktorandin ist der Meinung, dass die Schaffung von Netzwerken von Personen, die sich ­aktiv mit Energiefragen befassen, ein guter Weg sein kann, um Bürger zu ermutigen, neue Gewohnheiten anzunehmen. Diese Netzwerke wären wahrscheinlich auch in anderen Bereichen der Nachhaltigkeit wirksam, so die Autoren. (mgt/pb)

Zur ausführlichen Studie in der Fachzeitschrift «Heliyon» unter: https://doi.org/10.1016/j.heliyon.2023.e17800

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