12:47 BAUBRANCHE

Prix Acier 2023: Innovative Stahl- und Metallbauten ausgezeichnet

Teaserbild-Quelle: Brauen Wälchli

Ende November wurden in Fribourg die Gewinner des Prix Acier 2023 ausgezeichnet. Vier Projekte wurden mit dem Stahl- und Metallbaupreis geehrt, darunter ein Kreislaufwohnhaus in Zürich und das Sammlungszentrum Augusta Raurica in Augst BL.

Der Prix Acier wird vom Stahlbau Zentrum Schweiz (SZS) mit Unterstützung von Partnerverbänden an Bauwerke vergeben, die die architektonische Qualität und Leistungsfähigkeit des Stahl- und Metallbaus repräsentieren. Im Vordergrund stehen dabei der kreative, nachhaltige und wirtschaftliche Umgang mit Stahl sowie die technische und konstruktive Innovation unter anderem in den Bereichen Neubau, Umbau, Sanierung, zirkuläres Bauen und Verbundbauweise.

Am 28. November fand im Rahmen des «steelday+» im Forum Fribourg die Preisverleihung der neunten Preisausgabe statt. Insgesamt 30 Projekte wurden für den diesjährigen Prix Acier eingereicht, wie das SZS anlässlich der Preisverleihung mitteilte. Die Jury wählte davon vier Preisträger aus und vergab zusätzlich zwei Anerkennungen. Darüber hinaus wurde dieses Jahr zum ersten Mal im Rahmen eines Public Voting ein Publikumspreis verliehen. (mgt/pb)

Die Preisträger und Anerkennungen sehen Sie in der Bilderstrecke unten. Videos zu den einzelnen Siegerprojekten können auf dem Youtube-Kanal des SZS angeschaut werden. 


Preisträger und Publikumspreis: Ultraleichter Pavillon, Bulle FR

  • Standort: Bulle
  • Bauherr: Stadt Bulle
  • Architekten: Brauen Wälchli Architekten
  • Bauingenieure: Vannart Ingénieurs
  • Stahl-/Metallbauunternehmen: Morand Metallkonstruktionen
  • Fertigstellung: 2022

Beim Pavillon «Porte de la forêt» in Bulle FR handel es sich um eine Konstruktionsstudie. Der Pavillon veranschauliche, welche Feinheit und Leichtigkeit mit Stahl erzielt werden könne, lobte die Jury. Für die Konstruktion sollten die Ressourcen möglichst sparsam eingesetzt werden. Die Elemente wurden dazu gebogen, gespannt und zusammengesetzt. 

Die Stahlkonstruktion wird ausserdem von einer Textilmembran aus Polyester überdacht. Dadurch entstehe eine Tragstruktur, die durch ihre extreme Leichtigkeit überzeuge, heisst es weiter. Die Konstruktion, die aus lauter identischen Rohrelementen besteht, könne endlos erweitert werden.

Laudatio: «Ein modulares System, das noch dazu ausschliesslich aus recycelbaren Materialien besteht.»


Prix Acier Preisträger Kreislaufwohnhaus Herbstweg Zürich

Quelle: Philip Heckhausen

Prix Acier Preisträger: Das Kreislaufwohnhaus Herbstweg in Zürich.

Preisträger: Kreislaufwohnhaus Herbstweg, Zürich

  • Standort: Zürich
  • Bauherrschaft: Raphael Gschwend, Cornelia Katumba, Beate und Roland Egli
  • Architektur: Graser Troxler Architekten
  • Tragwerksplanung: Büeler Fischli Bauingenieure gmbh
  • Stahl-/ Metallbauunternehmen: Senn AG
  • Fertigstellung: 2021

Wie kann Stahl in einem Wohnungsbau nachhaltig eingesetzt werden? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Architekten und Ingenieure des Kreislaufwohnhauses Herbstweg in Zürich. Beim Stahlbau wurden Eigenschaften der Kreislaufwirtschaft umgesetzt. So ist der räumliche Aufbau so konzipiert und technisch umgesetzt, dass die Elemente der Konstruktion demontiert und wiederverwendet werden können. 

Die Vorteile des Stahlbaus zeigen sich laut Jury in den dünnen Deckenaufbauten. Die Tragwerksplaner mussten für das Gebäude ausserdem Knoten entwickeln, deren Verschraubungen sich einfach lösen lassen, damit die Träger wiederverwendet werden können. Ein grosses Thema war auch der Brandschutz, denn eine Tragstruktur in Stahl ist zumindest unverkleidet eigentlich nicht umsetzbar. Neben der Entwicklung von geeigneten Massnahmen mit Hilfe von Brandschutzanstrichen musste auch die Gebäudeversicherung von diesen überzeugt werden.

Laudatio: «Mit diesem Preis wird ein Wohnhaus honoriert, welches, ausgehend von einer Bauweise in Stahl, autonome konstruktive und gestalterische Wege geht und diese auf allen Ebenen überzeugend umsetzt.»


Preisträger: Passerelle «RC76», Ecublens

Standort: Ecublens VD
Bauherrschaft: Municipalité d'Ecublens
Architekten: INGPHI SA
Tragwerksplanung: INGPHI SA
Stahl-/ Metallbauunternehmen: Morand Constructions Métalliques
Fertigstellung: 2022

Die 52 Meter lange im Grundriss und im Schnitt gekrümmte Passerelle «RC76» schliesst eine Lücke in der regionalen Nord-Süd-Veloroute im Westen von Ecublens VD und ermöglicht eine sichere Querung der vielbefahrenen Route de la Pierre. Der vier Meter breite Träger der semi-integralen Dreifeldbrücke ist laut Jury als mittels Flachblechen querausgesteifte Fahrbahnplatte auf einem zentralen Hohlkasten ausgebildet. 

Besonders hervor steche der Randabschluss der Geländer: Die Flachstahl-Staketen sind zu Geländerbändern verschweisst, die vor Ort an den Träger geschraubt werden, so die Jury. Das Geländer wirke von der Strasse aus transparent, was zu einer visuellen Leichtigkeit der Brücke führe. Der Verbund zum Unterbau wird mittels Kopfbolzendübeln erreicht, wobei die Disposition so gewählt wurde, dass der Träger mittels Pneukran in drei Segmenten in einer einzigen Nachtsperrung versetzt, verschweisst und die Übergänge vergossen werden konnten. 

Laudatio: «Die Passerelle sticht unter den diesjährigen Eingaben hervor als Beispiel, welche plastischen Formen mit dem Werkstoff Stahl als robuste, dauerhafte Konstruktion für Nutzobjekte im Aussenbereich möglich sind.»


Preisträger: Sammlungszentrum Augusta Raurica, Augst

Standort: Augst BL
Bauherrschaft: Kanton Basel-Landschaft Hochbauamt
Architektur: ARGE KARAMUK KUO / RAPP
Tragwerksplanung: Weber + Brönnimann AG (m. Subplaner Kartec Engineering)
Stahl-/ Metallbauunternehmen: Gysin Asiko AG
Fertigstellung: März 2023

Eine Industriehalle, in der Archäologen ihrer Arbeit nachgehen können: Mit dem Sammlungszentrum Augusta Raurica in Augst ist ein Logistik- und Forschungszentrum entstanden, das sowohl archäologischen Fundstücken Platz bietet als auch denjenigen, die sie erforschen. Zehn Jahre brauchte es für das Projekt, das gemäss die Jury mit «aussergewöhnlicher Klarheit» überzeugt. Alles sei perfekt aufeinander abgestimmt.

Die für die Konstruktion verwendeten Stahlrahmen sind alle identisch. Dennoch stehe Diversität im Vordergrund, heisst es weiter. Das Zentrum biete sowohl Rückzugsorte als auch Orte für den Austausch. Die präzisen Schraub- und Schweissverbindungen der Stahlkonstruktion sorgen für ein schwereloses Design, das durch den Einsatz heller Farben verstärkt wird. Dort, wo Tageslicht gewünscht wird, wurde ein Sheddach eingebaut, was durch die Stahlkonstruktion problemlos und mit einem Minimum an Tragstrukturen möglich ist.

Laudatio: «Dieser Bau zeugt von grosser architektonischer Präzision und wird auch in Zukunft als Referenzprojekt für hybrides Bauen herangezogen werden. Hier sieht man deutlich, wie viele intelligente Entscheidungen zu einem wunderbaren Ganzen führen können.»


Anerkennungen Prix Acier 2023

Prix Acier Anerkennung Binnenkanalbrücke

Quelle: Ralph Feiner

Anerkennung: Ersatz dreier Stahlbrücken zwischen Samedan und Pontresina im Oberengadin. Im Bild: Die Binnenkanalbrücke.

Ersatz dreier Stahlbrücken, Oberengadin

  • Standort: Samedan, Pontresina, Celerina (Graubünden)
  • Bauherrschaft: Rhätische Bahn AG
  • Architektur: Gredig Walser Architekten AG
  • Tragwerksplanung: INGE CWZ ChiWi, Casutt Wyrsch Zwicky AG, Chitvanni + Wille GmbH
  • Stahl-/ Metallbauunternehmen: Officine Ghidoni SA
  • Fertigstellung: 2022

Müssen Infrastrukturbauten ersetzt werden, stellen sich viele Fragen bezüghlich der Ausgestaltung der Neubauten. Umso mehr, wenn Denkmalschutz und ein Unesco-Weltkulturerbe-Status dazukommen. Dies galt etwa für drei zirka hundertjährige Stahlfachwerkbrücken zwischen Samedan und Pontresina, die inklusive der Vorlandbauwerke ersetzt werden sollten.

Viel Platz stand dafür nicht zur Verfügung: Die minimale Höhe der Brückenunterkante für den Hochwasserdurchfluss und die Gleiskote mit Schotterbett waren vorgegeben. Die Verfasser entschieden sich für eine Trogbrücken-Typologie aus Stahl, wobei die Bodenplatten bei der Flazbachbrücke aus einer massiven 7,5 Zentimeter starken Vollstahlplatte, bei der Inn- und der Binnenkanalbrücke aus einer quer gerippten, orthotropen Stahlplatte bestehen.

Laudatio: «Die neuen Brücken und betonierten Vorländer bringen Ruhe in die Gesamterscheinung und nehmen sich maximal zurück, um den Zuggästen die uneingeschränkte Aussicht auf die Umgebung des Engadiner Hochplateaus zu ermöglichen.»


Prix Acier Anerkennung Fassadenbegrünung EWZ-Werkhof Herdern

Quelle: Gauch Schwartz

Anerkennung: Fassadenbegrünung mit Stahlseilen beim Zentrallager des EWZ Werkhofes Herdern in Zürich.

Fassadenbegrünung Zentrallager, EWZ Werkhof Herdern, Zürich

  • Standort: Zürich
  • Bauherrschaft: EWZ – Elektrizitätswerk der Stadt Zürich
  • Architektur: Meili, Peter & Partner Architekten AG
  • Tragwerksplanung: Basler & Hofmann AG
  • Stahl-/ Metallbauunternehmen: R&G Metallbau AG
  • Fertigstellung: März 2023

Eine Anerkennung vergab die Jury auch an die Fassadenbegrünung mit Stahlseilen des EWZ Werkhofes Herdern in Zürich. Ausgezeichnet wurde dabei laut Laudatio die Fähigkeit des «Nichtmaterials»: «Je länger, je mehr wird sich das CO2-intensive Material Stahl doppelt bewähren: als starker Sparringpartner für andere Materialien in innovativen Hybridkonstruktionen. Und als Material, das mit minimaler Masse gerade im Klimawandel viel leisten kann.» Die Fassadenbegrünung sei ein Paradebeispiel für «Less is more» und soll das Stadtklima auf dem früheren Industriequartier verbessern.

Wie Flügel fächern sich die Stahlseile nach oben zu Fächern. Jeder der drei Schrägmasten wird auf einem schmalen Betonfundament aufgerichtet und quer von zwei Seilen und einem Pendelstab in einem Kräftegleichgewicht gehalten, das ohne grosse Abspannungen und Verankerungen im Baugrund auskommt. Das feine, kaum sichtbare Lineare werde mit dem Bewuchs zur räumlich wirksamen Skulptur, die eine Grundfläche von insgesamt rund 300 Quadratmetern aufspannt.

Laudatio: «Das Stahlkonstrukt steht für die interdisziplinäre Kooperation von Architektur, Tragwerk, Grüngestaltung und Baurealisation. Und es symbolisiert die Notwendigkeit der Zukunft, durch Mehrfachfunktion und Mehrdeutigkeit mit minimalen Mitteln mehr zu erreichen.»

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