11:18 BAUBRANCHE

Neue Spitallamm-Staumauer am Grimselsee geht in Betrieb

Teaserbild-Quelle: KWO / David Birri

Am Grimselsee im Berner Oberland wird am 20. Juni die neue Spitallamm-Staumauer eingeweiht. Sie ersetzt die bestehende Talsperre aus den 1930er-Jahren. Der Grimselsee ist das wichtigste Wasserreservoir zur Stromproduktion für die Kraftwerke Oberhasli.

Staumauer Grimsel - Bild 4

Quelle: KWO / David Birri

Hier waren die Bauarbeiten noch in vollem Gange: Blick vom See Richtung Tal auf beide Mauern, die alte und die neue.

Im Jahr 2019 starteten auf 1900 Metern über Meer die Arbeiten für den Ersatzneubau der Spitallamm-Sperre. Gearbeitet wurde jeweils von Mai bis Oktober, im Winter musste die Bautätigkeit im alpinen Raum ruhen. Die Kosten für das Bauwerk betragen rund 125 Millionen Franken.

Die neue Mauer hat eine Höhe von 113 Metern und eine Kronenlänge von 212 Metern, wie die Kraftwerke Oberhasli (KWO) auf ihrer Internetseite schreiben. Verbaut wurden insgesamt rund 220'000 Kubikmeter Beton.

Die neue doppelte Bogenstaumauer wurde direkt vor die alte Mauer gebaut. Letztere wird nicht zurückgebaut, sondern geflutet. Ein Stollen in der alten Mauer sorgt für den hydraulischen Ausgleich des Wasserspiegels.

Künftige Erhöhung eingeplant

Mit dem Ersatzneubau wollen die KWO sicherstellen, dass das Wasser aus dem Grimselsee «langfristig ohne Einschränkung für die Stromproduktion genutzt werden kann», wie das Energieunternehmen schreibt, das hälftig dem Energiekonzern BKW sowie den Industriellen Werken Basel, Energie Wasser Bern und dem Elektrizitätswerk Zürich gehört.

Der Grimselsee wird von zwei Mauern gestaut, der Spitallamm-Mauer und der Mauer Seeuferegg. Im Gegensatz zur Spitallamm-Mauer war letztere nicht sanierungsbedürftig. Die KWO planen, in Zukunft das Stauvolumen des Grimselsees zu erhöhen, indem die beiden Staumauern um 23 Meter erhöht werden.

Die neue Spitallamm-Mauer ist so auch bereits für einen möglichen Ausbau konzipiert worden. Die KWO haben ein entsprechendes Konzessionsgesuch eingereicht.

Weg von der Kohle

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts erkannten Fachleute die Eignung des Grimsel- und Sustengebiets für die Nutzung der Wasserkraft. Die Gegend hatte grosse Geländekammern, reichlich Niederschläge, einen stabilen Granituntergrund und grosse Gefälle auf kurzer Distanz, um Wasser turbinieren zu können.

Damals wollte man weg von der Kohle als Energieträgerin und die Elektrifizierung vorantreiben. Die Bernische Kraftwerke AG, heute BKW, zeigte Interesse an der Stromproduktion im Grimselgebiet und hätte dies gerne im Alleingang gemacht – doch die Politik forderte ein anderes Vorgehen. So wurden 1925 die Kraftwerke Oberhasli gegründet.

Staumauer Grimsel - Bild 5

Quelle: KWO / David Birri

Blick auf die neue Staumauer, als die Bauarbeiten noch im Gange waren.

Widerstand gegen die «Strombarone»

Ab den 1950er-Jahren stieg der Strombedarf in der Schweiz rasant an. In den Alpen wurden Staudämme im grossen Stil gebaut. Jahrhundertprojekte wie die Grande Dixence oder die Flutung des Dorfes Marmorera GR beschäftigten die Bevölkerung. Die Kraftwerke brachten Arbeit und Lohn in abgelegene Regionen, waren aber zugleich auch starke Eingriffe in intakte Naturlandschaften und Lebenswelten.

Natur- und Umweltschutz traten zunehmend als Themen auf die politische Bühne. Immer stärker regte sich auch Widerstand gegen die «Strombarone», die mit Elektrizität kräftig Kasse machten.

Auch im Oberhasli wälzte man grosse Ausbaupläne. «Grimsel West» hiess ein Dreimilliarden-Projekt, das man in den 1980er- und 90er-Jahren verfolgte und gegen das sich Umweltverbände jahrelang zur Wehr setzten. 1999 wurde das Projekt schliesslich aufgegeben.

Das Projekt sei damals in viel zu grosser Dimension und aus «etwas einseitiger technischer Sichtweise» geplant worden, räumte der heutige KWO-Direktor Daniel Fischlin in einem Rückblick ein. «Wir können nicht so wirtschaften, dass wir eine ganze Region gegen uns haben», wird Fischlin zitiert. Insofern sei eine Kurskorrektur wichtig gewesen.

Publikumsanlass am 21. und 22. Juni

Heute gehören der KWO 13 Wasserkraftwerke mit acht Speicherseen. Jährlich produziert das Unternehmen bis zu 2300 Gigawattstunden elektrische Energie. Verschiedene Werksbahnen der KWO werden touristisch genutzt.

Auch heute steht wieder eine Energiewende an, hin zu erneuerbaren Energien. Wasserkraft ist in der Schweiz weiterhin ein Kernelement dieses Wandels. Die KWO verfolgt aktuell verschiedene Projekte, etwa den Neubau eines Speichersees im Triftgebiet.

Die Einweihung der neuen Spitallamm-Mauer und das 100-Jahr-Jubiläum der KWO werden mit einem Publikumsanlass am 21./22. Juni umrahmt. (Therese Hänni, Keystone-SDA) 

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