15:13 BAUBRANCHE

Bauregion Solothurn: Kanton vor grossen Aufgaben

Geschrieben von: Ben Kron (bk)
Teaserbild-Quelle: Ben Kron

Der Kanton Solothurn schliesst das Vorjahr wesentlich besser ab als erwartet und schreibt Gewinn. Dazu hat die Regierung die Urnengänge um den Gefängnisneubau und die Revision der Katasterschätzung gewonnen. Doch für die nächsten Jahre erwartet man wieder Defizite: Es stehen weitere teure Projekte an, unter anderem für zusätzlichen Schulraum.

zuchwil

Quelle: Ben Kron

Endspurt beim Grossprojekt: Nächstes Jahr wird die neue Kehrichtverbrennungsanlage in Zuchwil SO in Betrieb gehen und jährlich 265000 Tonnen Müll thermisch verwerten.

Defizit erwartet, Überschuss erzielt: Wie viele andere Kantone hat auch der Solothurn das letzte Jahr wesentlich besser abgeschlossen als budgetiert. Zwar war nur ein bescheidenes Minus von acht Millionen Franken eingeplant, am Ende resultierte aber ein Plus von stolzen 148 Millionen; dies dank überraschend hohen Steuereinnahmen.

Der Schönheitsfehler daran: Das Ergebnis lässt sich zum Teil auch durch das noch immer unterdurchschnittliche Investitionsvolumen erklären, gekoppelt an einen tiefen Realisierungsgrad der budgetierten Ausgaben. Bereits vor einem Jahr sprach man von einer sich aufstauenden «Bugwelle» an Projekten. Dazu kommt: Da dieses Jahr kein Geld der Nationalbank mehr an die Kantone fliesst, erwartet man für 2023 abermals ein Defizit, diesmal 90 Millionen Franken.

Kammersrohr bleibt Steuerparadies

Trotz unsicherer Zukunft stimmen die Zahlen also aktuell, weshalb der Kanton seinen Steuerfuss bei 104 Prozent belässt. Auch der Schnitt der Gemeindesteuer­füsse bleibt mit 112 Prozent unverändert, wozu die Städte Solothurn und Olten mit ihrerseits gleichbleibenden Steuern beitragen. Nur Grenchen, dass ein Plus von 1,6 Millionen Franken erzielt hat, senkt seine ­hohen Steuern von 120 auf 117,5 Prozent. Bei den kleineren Gemeinden bleibt ­Kammersrohr das Steuerparadies: Lediglich 65 Prozent bezahlen die gerade mal 32 Einwohner.

Auf der anderen Seite der Skala steht Bolken, das seinen Steuerfuss von 135 sogar auf 145 Prozent erhöhen musste. Hintergrund der Steuererhöhung: Die Gemeinde bei Herzogenbuchsee hat zum siebten Mal in Folge einen Aufwandüberschuss geschrieben und erwartet erst ab dem Jahr 2026 eine finanzielle Beruhigung. «Wenig Gewerbe, wenig Mehrfamilienhäuser, wenig Verkehr durch das Dorf und eher günstiges Bauland haben eben leider auch ihren Preis», so Patrick Meier, Gemeinde­präsident von Bolken.

Neues Gefängnis angenommen

Trotz Investitionsstaus beim Kanton konnte zumindest ein Grossprojekt auf den Weg gebracht werden: Die Stimmbürger haben deutlich «Ja« gesagt zum 120-Millionen-­Kredit für das neue Kantonalgefängnis Flumenthal. Baubeginn ist 2026. Dies trotz ­Widerstand der SVP. Die Rechtspartei hatte es als «Luxus-Gefängnis» abgelehnt, blieb mit ihrem Anliegen an der Urne aber ebenso erfolglos wie mit der «Zwillings­initiative»: Mit dieser hatte die Partei die Revision der Katasterschätzung verhindern wollen. Die auf Immobilienpreisen von 1970 basierenden Schätzungen zur Festlegung der Vermögenssteuerwerte muss dringend überarbeitet werden, um nicht gegen Bundesrecht zu verstossen.

Visualisierung Neubau Zentralgefängnis Schachen Solothurn

Quelle: IPAS Architekten und Planer AG

2026 ist Baubeginn für das 120 Millionen Franken teure neue Kantonsgefängnis in Solothurn.

Ebenfalls einen Schritt weiter sind die Massnahmen zum Hochwasserschutz zwischen Oensingen und Olten: Man hat die Renaturierungsmassnahmen zurückgenommen, um den Verlust an Kulturland zu reduzieren. Dies war der Hauptkritikpunkt der Gegner. Nun muss man sich nur noch zwischen den beiden Varianten «Ausbauen und Aufwerten» oder «Rückhalten und Aufwerten» entscheiden, wobei Erstere klar favorisiert wird. So oder so soll das Projekt in den nächsten zwanzig Jahren ­realisiert werden und rund 180 Millionen Franken kosten.

Überfüllte Kantonsschule

Handlungsbedarf besteht auch im Immobilienbereich: Vor allem in den Primarschulen wird der Platz in den Solothurner Gemeinden knapp. So verzeichnete zum Beispiel Bettlach letztes Jahr 15 neue Schülerinnen und Schüler; dieses Jahr sind es 42, und weitere Zuzüger sind schon angemeldet. Damit ist die Kapazität des Schulhauses erreicht. Während man in Bettlach dennoch über die Grösse einer neuen Turnhalle streitet, haben andere Gemeinden bereits Projekte für neue Schulbauten in die Wege geleitet.

Ein massives Platzproblem hat neben vielen Primarschulen auch die Kantonsschule Solothurn: Diese hat offiziell Platz für 1200 Schülerinnen und Schüler, unterrichtet aktuell aber schon 1900, womit sie eine der grössten Mittelschulen der Schweiz ist. Man sucht deshalb schon einen Standort für ­einen dringend benötigten Neubau. Da dieser aber frühestens in zehn Jahren betriebsbereit sein wird, sucht man nach provisorischen Lösungen. Dies ist ein weiteres Grossprojekt für die Immobilienentwickler des Kantons, die bereits die Entwicklung des Attisholz-Areals (mehr dazu in der Projektübersicht Solothurn), den Neubau des Bürgerspitals oder die Sanierung des Rosengartens stemmen müssen. Und wie erwähnt nun auch noch das neue Kantonsgefängnis.

Doch der Ausbau all dieser Infrastrukturen ist nötig, wie eine Studie zeigt: Diese rechnet damit, dass im Kanton bis ins Jahr 2050 rund 50 000 oder 20 Prozent mehr Menschen leben werden als heute. Wobei das Wachstum sehr ungleich verteilt sein wird: So soll Olten von 18 000 auf 30 000 Einwohner anwachsen, und den Gemeinden Biberist, Breitenbach und Riedholz wird ein Zuwachs von 50 Prozent vorhergesagt. Auf der anderen Seite dürfte die Bevölkerung in Gemeinden wie Mümliswil-Ramiswil, Bärschwil oder Aedermannsdorf um ein Drittel zurückgehen.

Grenchen Solothurn

Quelle: René Schulthess

Die Stadt Grenchen will seit Jahren als Wohnort attraktiver werden. Die Senkung des Steuerfusses ist dabei eine von diversen getroffenen Massnahmen.

Noch keine Wohnungsnot

Zumindest für den Moment hat das Bevölkerungswachstum aber noch keinen Einfluss auf den Wohnungsmarkt, der im Kanton gemäss Expertenmeinung nach wie vor funktioniert. «Von Wohnungsnot kann man im Kanton Solothurn nicht sprechen», sagt der Immobilienspezialist Fredy Hasenmaile von der Credit Suisse. «Aber die Leerstandsziffer bei den Mietwohnungen dürfte auf ein deutlich tieferes Niveau sinken.»

Schon jetzt zeigt die Entwicklung klar in Richtung Verknappung: Waren vor zwei Jahren noch 3,15 Prozent der Wohnungen im Kanton auf dem Markt, sinkt dieser Wert auf aktuell noch 2,39 Prozent. Verglichen mit Ballungszentren wie Zürich oder Genf ein beinahe paradiesisch hoher Wert. Doch auch im Kanton wird das Angebot im Bereich der günstigen Wohnungen immer kleiner.

Zahlen Solothurn

Quelle: Bundesamt für Statistik / *Zahlen per 31. 12. 2022 / **prov. Zahlen per 30. 06. 2023

Geschrieben von

Freier Mitarbeiter für das Baublatt.


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