08:23 BAUBRANCHE

Baumaschinen-Servicetechniker: Mit gutem Antrieb ausgerüstet

Geschrieben von: Joachim Zeitner (jz)
Teaserbild-Quelle: Joachim Zeitner

Wechselhafte Aufgaben füllen die Fahrtenbücher von Baumaschinen-Servicetechnikern. Heute hier, morgen dort, sorgen sie dafür, dass die Maschinen möglichst durchgehend arbeiten. Das Baublatt hat zwei Servicetechniker beim Reparieren einer Caterpillar-Raupe besucht. 

Es nieselt kalt an diesem trüben Tag. Kein Grund für Jens Meyer von Avesco, nicht mit hochgekrempelten Ärmeln seiner Dienstkleidung in und um die Antriebskomponenten eines 23 Tonnen schweren Caterpillar-Dozers «D6 T» zu klettern. Die rüstige Maschine mit Baujahr 2014 bekommt heute neue Ketten, Tragrollen und Ritzel an den Endantrieben ihrer Delta-Laufwerke. Dafür sind Jens und sein Kollege Ramon Nussbaumer vom Caterpillar-Importeur Avesco nach Kaisten am Hochrhein im Kanton Aargau gekommen, zur aktuellen Gewinnungsfläche der Kies + Beton Münchwilen AG. 

Das Unternehmen betreibt hier Kiesabbau und nimmt parallel Bodenaushub von regionalen Bauprojekten an. Zum Verschieben des Materials auf der Deponiefläche dient die bullige Baumaschine. Dabei zeigte sich, dass das Fahrwerk einer Überprüfung bedurfte. Eine Fehlerdiagnose durch den Maschinenlieferanten ergab jedoch, dass ein sofortiges Eingreifen nicht notwendig war. Daher vereinbarte man mit dem Kunden, den Tausch der Komponenten von Antrieb und Laufwerken im ruhigeren Spätjahr vorzunehmen. 

Am Vormittag sind die verschlissenen Ketten bereits vom Laufwerk abmontiert und die Maschine steht auf ihren frisch lackierten, neuen Ketten. Mit routinierten Handgriffen lösen Jens und Ramon die Schrauben der alten Tragrollen und demontieren bis zur Mittagspause auch die abgenutzten Ritzel der Antriebsräder. Dann ist Zeit für einen Schwatz im behaglich geheizten Bauwagen. 

Jens Mayer und Ramon Nussbaumer

Quelle: Joachim Zeitner

Bei grossen Baumaschinen und Einsätzen kommen sie im Team: Jens Mayer, Servicemechaniker im vierten Gesellenjahr, und Ramon Nussbaumer im vierten Lehrjahr.

Jens Mayer Bordrechner

Quelle: Joachim Zeitner

Auf seinem Bordrechner kann der Servicetechniker Jens Mayer die Fehlermeldungen und Reparaturanleitungen der Baumaschine aufrufen.

Bereits im fünften Gesellenjahr arbeitet der 24-jährige Jens bei Avesco als Baumaschinenmechaniker, sein jüngerer Kollege Ramon ist Lernender im dritten Ausbildungsjahr. Tagein, tagaus draussen zu sein, bei jedem Wetter – das macht ihnen überhaupt nichts aus, sagen sie. Auch nicht der innige Kontakt mit an den Baumaschinen zwangsläufig anhaftendem Boden, mit Schmierfett und anderen Betriebsmitteln. Auch nicht, dass sie niemals wissen, welche Tätigkeiten sie in der kommenden Woche erwarten, noch nicht einmal drei Tage im Voraus. 

Immerhin, einige Routinen gibt es doch. Zum Beispiel, dass grössere Revisionen an Baumaschinen in den ruhigen Winter-monaten vorgenommen werden, wenn vielerorts der Baustellen- und Gewinnungsbetrieb ruht. Dann kommen die Servicetechniker, je nach Arbeitsumfang, auch einmal mehrere Tage hintereinander zu einer Einsatzstelle. 

Guten Service organisieren 

Avesco betreibt in der Schweiz ein dichtes Servicenetz für Baumaschinen. Der Caterpillar-Vertriebspartner unterhält hierzulande 20 Servicestützpunkte. Im Feld arbeiten 13 Serviceberater als Verkäufer von Kundendienstleistungen, im Innendienst steuern 13 Disponenten die insgesamt 80 Servicetechniker mit ebenso vielen Servicefahrzeugen. Diese kümmern sich ihrerseits um rund 20 000 Maschinen im Feld.

«In dieser Jahreszeit», sagt Jens Meyer, «besteht unser Alltag etwa zur einen Hälfte aus lange im Voraus geplanten Arbeiten, zur anderen Hälfte aus spontanen Reparaturen an Maschinen, die im Einsatz havariert sind.» Im Sommer mit seinem regen Baubetrieb sind solche unerwarteten Störungen oder Schäden an Baumaschinen deutlich häufiger, und die Monteure müssen dann schneller reagieren. Aber die Disponenten in Langenthal planen ihre Kollegen im Aussendienst so ein, dass möglichst je Arbeitstag immer nur einer aus einem regionalen Team für einen solchen Notfalltag mit unplanbaren Einsatzorten eingesetzt wird. Die übrigen Kollegen wissen meistens bereits einen Nachmittag im Voraus, wohin sie zum nächsten Serviceeinsatz fahren müssen und welche Aufgaben sie dort erwarten. 

Jens Mayer

Quelle: Joachim Zeitner

Vom rechten Antriebsrad des Dozers sind schon die Ritzelsegmente abmontiert. Jetzt werden die Kontaktflächen gereinigt und von Flugrost befreit.

Ramon Nussbaumer

Quelle: Joachim Zeitner

Ramon Nussbaumer verschraubt unterdessen am linken Antriebsrad der Baumaschine die neuen Ritzelsegmente.

Die Disponenten planen die Arbeitszeiten für bestimmte Arbeitsroutinen anhand ihrer Erfahrungswerte. Für den Wechsel der Ketten, Antriebsrad-Zahnsegmente und Tragrollen einer mittelgrossen Caterpillar-Raupe «D6 T» etwa rechnen sie mit 12 bis 14 Stunden. Die Disponenten versuchen auch immer, dieselben Kollegen zu denselben Maschinen zu schicken. Auf diese Weise erwerben die Serviceleute eine gewisse Vertrautheit mit den Maschinen, ihren Fahrern und den Betreibern. Es bringt auch Vorteile im Monteursalltag, die betrieblichen und räumlichen Gegeben-heiten der Kundschaft zu kennen – und wenn die Maschinen der Kundschaft nicht allzu weit vom eigenen Stützpunkt entfernt sind. 

Jens hatte jedoch in diesem Fall nicht das Glück. Für den Caterpillar-Dozer und seinen Betreiber ist eigentlich ein Kollege aus einem Nachbarort verantwortlich. Weil aber für die Reparatur an der Maschine spezielles Werkzeug, darunter ein Schweissbrenner und eine Kettenpresse, notwendig waren, die lediglich in Langenthal verfügbar sind, ist Jens mit diesen Utensilien vom Avesco-Hauptstützpunkt, der ziemlich genau mittig zwischen Bern und Zürich liegt, hierher an den Hochrhein gefahren. 

Manager für Equipment 

Nach der Mittagspause beginnen die beiden Servicetechniker erneut, neue Tragrollen und Ritzel an den Antriebsrädern des Dozers zu montieren. Jens klappt im Servicewagen seinen mobilen Rechner auf, schaltet ihn an und ruft die Datensätze der Maschine auf. Darin ermittelt er die Drehmomente, mit welchen die Schrauben an den frisch montierten Ritzeln angezogen werden müssen. 

Er bekommt im System auch die aufgelaufenen Fehlermeldungen der Maschine angezeigt, kann Trouble-Shooting-Anleitungen aufrufen und gemäss seinem Arbeitsfortschritt die einzelnen Fehler als behoben quittieren. Dieselben Daten bekommen auch die Kollegen im Servicecenter von Avesco angezeigt, nach Wunsch auch der Betreiber K + B. Dieser unterhält am Standort Kaisten insgesamt vier Caterpillar-Maschinen – den Dozer, einen Bagger, einen Radlader und eine Walze – und hat, genauso wie die Techniker von Avesco über das elektronische Portal «Equipment Management» von Avesco einen genauen Überblick über seinen Maschinenbestand. 

Avesco Servicetechniker

Quelle: Avesco

Der Kollege in Langenthal hat auf dem linken Monitor das Service Information System (SIS) geöffnet, auf dem rechten Monitor ein Diagnosetool.

Welche feinsinnigen Instrumente Caterpillar den Technikern seiner Handelspartner ausserdem noch bereithält, um wie mit einem Stethoskop ins Innere der Baumaschinen zu blicken, zeigt ein Blick in die Serviceorganisation von Avesco am Firmensitz in Langenthal. Auf dem linken Monitor seines Arbeitsplatzes hat ein Kollege das Service Information System (SIS) von Caterpillar geöffnet. Es erlaubt unter anderem den Zugriff auf Ersatzteilpläne zum Kettendozer und eine Fernfehlerbehebung – die sogenannte «Troubleshooting-Funktion». Im rechten Monitor ist ein Diagnosetool geöffnet, also eine Software-Lösung, mit der man Daten der Baumaschine in Echtzeit sehen kann. In diesem Fall sind es Daten zur Elektrik der Maschine.

Über das Onlineportal «Equipment Management» haben Servicetechniker und Kunden direkten Zugriff auf den Standort der Maschinen, auf statische Maschinendaten wie etwa die Konfiguration zum Zeitpunkt der Auslieferung und dynamische Daten wie Arbeitsstunden und Kraftstoffverbrauch. Die Monteure haben auch Einblick in die Servicehistorie und anstehende Wartungstermine, und die Kunden gelangen über einen Klick auf andere Portale, etwa den Webshop für Ersatzteile. 

Neben der Ersatzteilversorgung, Wartung, Revision und Reparaturen gehören auch Schulungen und digitaler Support zum Leistungsumfang dieser Dienstleistungseinheit des schweizerischen Caterpillar-Distributors. «Bereits vor rund 20 Jahren», erzählt der Serviceleiter Stefan Hager, «sind Laptops, elektronische Diagnosetools und Datenverarbeitung zur Gewohnheit im Alltag unserer Baumaschinen-Mechaniker geworden.» Das bedeutete das Ende eines täglichen Kampfes mit Papier. Solche Zettelwirtschaft kennen die Baumaschinen-Mechaniker Jens und Ramon überhaupt nicht mehr. Sie gehören zu den «digital natives», den jungen Mitbürgern, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind. «Allerdings gehört dazu einiges an Ausbildung», räumt Stefan Hager ein, «und unsere Techniker lassen sich regelmässig nachschulen. Sie sehen es als eine Herausforderung und einen persönlichen Anspruch, mit ihrem Technikwissen jederzeit à jour zu sein und beim Stand der Technik mitzuhalten.» 

Neue Herausforderungen in der Baumaschinenwelt brachten beispielsweise moderne Motoren- und Getriebetechnologien mit aufwendigen Systemen zur Abgasnachbehandlung. Im nächsten Schritt werden sich Jens, Ramon und seine Kollegen vermehrt mit alternativen Antrieben und Elektrobaumaschinen befassen müssen. «Was wir schon jetzt deutlich spüren», bestätigt Jens Meyer, «sind die zunehmende Vernetzung von Maschinen sowie die Verwendung elektronischer Arbeitshilfen. Immer öfter richten wir beispielsweise 3D-Maschinensteuerungen auf Hydraulikbaggern ein, mit denen die Baggerfahrer elektronische Planungsdaten abarbeiten können – zentimetergenau dank GPS-Positionsbestimmung.» Entsprechend lassen sich bereits sämtliche Serviceverträge um ein Modul «3D Connect» für 3D-Maschinensteuerungen ergänzen. 

Spät am Nachmittag packen die beiden jungen Techniker ihr Werkzeug zusammen und fahren nach Hause. Ganz haben sie es heute nicht geschafft. Morgen werden sie noch einmal zur Kiesgrube nach Kaisten fahren und die Ketten des Dozers wieder aufziehen. Dann wird Jens abschliessend auf seinem Laptop die Störungsmeldungen quittieren und die Reparaturen als ausgeführt eingeben. Danach kann die Maschine wieder Abraum schieben, hoffentlich störungsfrei bis zum nächsten Servicetermin.

Geschrieben von

Freier Mitarbeiter für das Baublatt.

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