Loire-Schlösser in Frankreich vom Klimawandel bedroht
Die Schlösser an der Loire zählen zu den beliebtesten Reisezielen Frankreichs. Doch das einmalige baugeschichtliche Erbe ist bedroht durch den Klimawandel. Fundamente nehmen Schaden, Algen besiedeln Schlossgräben, in prachtvollen Gärten gehen empfindliche Pflanzen ein.

Quelle: Wikimedia Commons – Lieven Smits – eigenes Werk
Extreme Trockenheit gefolgt von schweren Regenfällen setzen der Bausubstanz von Schloss Chenonceau stark zu.
Da ist etwa das Schloss Chenonceau, das auf einer mehrbogigen Brücke über den Fluss Cher gebaut ist, einem Nebenfluss der Loire. Während des Zweiten Weltkriegs verlief die Grenze zwischen Vichy-Frankreich und der freien Zone in der Flussmitte und dadurch auch mitten durch das Schloss, sodass es häufig als Fluchtweg benutzt wurde. Wegen seines ungewöhnlichen Standortes über dem Fluss gilt es als besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels.
Holzpfähle im Fundament könnten verrotten
So ist der Wasserstand des Cher-Flusses in den vergangenen Jahren durch anhaltende Trockenperioden immer wieder stark gesunken. «Wenn die Holzpfähle, die für die Fundamente verwendet wurden, abwechselnd an der Luft und im Wasser stehen, dann drohen diese schneller zu verrotten», erklärt Étienne Barthélémy, der Chefarchitekt für historische Baudenkmäler, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Und er verweist auf das besonders niederschlagsarme Jahr 2022.
Aber auch heftige Regenfälle wie im vergangenen Winter machen dem Gemäuer zu schaffen, da das Flusswasser allmählich die Mauern auswäscht. «Der Wasserdruck auf die Pfeiler erhöht sich, und diese werden zudem durch mitgeschwemmte Baumstämme beschädigt», fügt er hinzu. Die Kosten für die nötigen Restaurierungsarbeiten für Chenonceau würden auf zehn Millionen Euro geschätzt, sagt Barthélémy. «Die alten Bauwerke haben im Lauf der Jahrhunderte eine bemerkenswerte Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit gezeigt, aber heute sind sie in schlechtem Zustand.»
Wöchentliche Reinigung
Das Renaissance-Schloss Azay-le-Rideau, das zu den bekanntesten in der Region zählt, wurde seinerseits auf einer künstlichen Insel aus Eichenpfählen im Fluss Indre angelegt. Auch dort bereiten zunehmende Hitzeperioden und der sinkende Wasserstand Sorgen, da sie die Ausbreitung invasiver Algen befördern. Früher mussten die Gärtnerinnen und Gärtner einmal im Monat das Wasser säubern, inzwischen ist es zur wöchentlichen Aufgabe geworden. «Um ein historisches Denkmal wie dieses zu erhalten, müssen wir ständig nach neuen Lösungen suchen», sagt der Schloss-Verwalter Benoit Grécourt.

Quelle: Wikimedia Commons - Martin Falbisoner – eigenes Werk
Eine Mauer beim Schloss Amboise, wo Leonardo da Vinci seinen Lebensabend verbrachte, drohte einzustürzen.
Resistentere Pflanzen setzen
Auch bei der Gartenpflege sei Erfindergeist nötig. «Im Schlosspark, der im 19. Jahrhundert gestaltet wurde, stehen viele Pflanzen und Bäume, die mit den Klimaveränderungen nur schlecht zurechtkommen», sagt Grécourt. Nun bemühten die Gärtnerinnen und Gärtner sich, manche Pflanzen gegen widerstandsfähigere Arten auszutauschen, ohne dabei den Charakter der Gartenanlage zu verändern. Bei den neuen Pflanzen werde vor allem darauf geachtet, dass sie mit weniger Wasser auskämen.
Befestigungsarbeiten nach heftigen Regenfällen
Im Ort Amboise, wo der italienische Künstler Leonardo da Vinci seinen Lebensabend verbrachte, mussten Anfang des Jahres zahlreiche Wohnhäuser evakuiert werden. Eine Mauer des berühmten Schlosses drohte nach heftigen Regenfällen einzubrechen. Etwa 50 Einwohnerinnen und Einwohner mussten anderswo untergebracht werden. Sie konnten erst im Juni in ihre Häuser zurückkehren.

Quelle: Wikimedia Commons – Manfred Heyde - eigenes Werk
Die Schlossanlage Azay-le-Rideau wurde ursprünglich auf einer künstlichen Insel aus Eichenpfählen im Fluss Indre angelegt. Am 4. Juli des Jahres 1189 wurde in der Burg von Azay englisch-französische Nationalgeschichte geschrieben.
Die Befestigungsarbeiten kosteten etwa 2,5 Millionen Euro. Der Chefarchitekt für historische Baudenkmäler will trotz allem «Alarmismus vermeiden». Er fordert ein landesweites Projekt, bei dem Experten, Politiker und Mäzene zusammenkommen und gemeinsam Lösungen entwickeln. So könnte die französische Fluss- und Schlösserlandschaft trotz des Klimawandels für die nächsten Generationen erhalten bleiben. (sda afp/sts)