14:09 VERSCHIEDENES

Der God da Tamangur, ein Arvenwald im Wandel

Teaserbild-Quelle: Markus Bolliger / WSL

Als höchstgelegener, geschlossener Arvenwald Europas war der God da Tamangur im Unterengadin Projektionsfläche für verschiedenste Anliegen. Im letzten Jahrhundert hat er sich stark verändert. Ein soeben erschienener Bericht der WSL erzählt von seiner Geschichte und seinem Wandel.

Abgestorbene Arve.

Quelle: Markus Bolliger / WSL

Abgestorbene Arven im God da Tamangur sind sehr witterungsbeständig.

Ein lockerer Wald aus mächtigen, wettergegerbten Arven. Einige der mehrere Hundert Jahre alten Bäume sind bereits abgestorben; ihre verdrehten Äste und silbergrauen Stämme ragen kahl in den Himmel. Holzreste liegen am Boden. Ein den Naturgewalten der Alpen und dem Tod trotzender Verband uralter Arven, ein Wald aus mächtigen Einzelbäumen: So wirkte der God da Tamangur im Unterengadin, am Ende des Val S-charl auf 2300 Metern Höhe, über Jahrhunderte. Und er diente damit Dichterinnen und Dichtern, Patrioten und Forstleuten, Kunstschaffenden und Naturschützern als Inspiration und Symbol. Sowohl für den Tod als auch für die Widerstandskraft und die Schönheit der Natur. «Dabei starb der Wald gar nicht, auch wenn es für manche so aussah», sagt WSL-Forscher Matthias Bürgi. «Arven werden uralt. Er verjüngte sich nur nicht, weil er als Waldweide diente und das Vieh nachwachsende Bäume auffrass.» 

Der Forscher und Susan Lock, ebenfalls von der WSL, sind der Geschichte des God da Tamangur nachgegangen und haben sie im neu erschienenen WSL-Bericht «God da Tamangur – ein Wald und seine Geschichte(n)» zusammengefasst. Sie nutzten dafür Quellen, die von alten Forstberichten über Fotografien bis zu Interviews reichen.

Dem Kahlschlag entgangen

God da Tamangur.

Quelle: Markus Bolliger / WSL

Der God da Tamangur.

Der rätoromanische Dichter Peider Lansel war einer, der das mächtige Bild der sterbenden Baumriesen verwendete. Sein Gedicht «Tamangur» (s.o.) endet mit den Worten: «Rettet mit eurer Liebe unsere Sprache vor dem Schicksal von Tamangur!» Dass der Wald damals allerdings überhaupt noch existierte, dürfte laut den Forschenden der Unzugänglichkeit seines Standortes zu verdanken gewesen sein. «Im Tal gab es ein Blei- und Silberbergwerk», erzählt Bürgi, «für das die ganze Umgebung kahlgeschlagen wurde.» Der God da Tamangur sei diesem Schicksal wohl entgangen, weil es nicht möglich war, die mächtigen Stämme bis dorthin zu transportieren.
So blieben seine Arven stehen und konnten als Projektionsfläche für die verschiedensten Anliegen dienen. So auch für den Naturschutz. Die landschaftliche Schönheit seiner Lage, die Seltenheit eines reinen Arvenwaldes und seine Faszination. «Der God da Tamangur wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Standort eines Schweizerischen Nationalparks propagiert», berichtet Bürgi. So weit kam es zwar nicht, aber er wurde 2007 zum Naturwaldreservat erklärt. Die Waldweide, die ihn über Jahrhunderte geprägt hatte, war bereits in den Jahrzehnten zuvor stark zurückgegangen, was das Aufkommen junger Bäume begünstigte.

Dadurch hat sich das Bild des Waldes drastisch gewandelt. Dies zeigen eindrückliche Vorher/Nachher-Fotografien: Der God da Tamagur präsentiert sich heute als lebendiger, geschlossener Bestand, in dem unterschiedlich junge Arven zwischen uralten Riesen wachsen. Der Wald und die ihn umgebende Landschaft werde sich weiter verändern, heisst es im Bericht , etwa weil sich die Nutzungsansprüche wandeln, und die Klimaerwärmung Spuren hinterlassen werde. Es sei zu hoffen, dass der God da Tamangur, seine Schönheit und Faszination erhalten bleibe, um weitere Generationen zu inspirieren. (WSL, Stephanie Kusma / Der Text wurde leicht redigiert. Hier im Original lesen.)

God da Tamangur – ein Wald und seine Geschichte(n) kann kostenlos auf www.wsl.ch heruntergeladen werden.

Arve im God da Tamangur.

Quelle: Susan Lock / WSL

Arve im God da Tamangur.

Arve im God da Tamangur.

Quelle: Susan Lock / WSL

Arve im God da Tamangur.

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