07:59 MEINUNG

Markus Weber: «Digitalisierung als Treiber einer nachhaltigeren Bau- und Immobilienwirtschaft»

Geschrieben von: Markus Weber
Teaserbild-Quelle: Bauen digital Schweiz/buildingSMART Switzerland

In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Markus Weber, Präsident von «Bauen digital Schweiz /buildingSMART Switzerland», sieht in digitalen Technologien das Potenzial für mehr Produktivität, Qualität und Nachhaltigkeit in der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft.


Markus Weber

Quelle: Bauen digital Schweiz/buildingSMART Switzerland

Markus Weber ist Präsident von «Bauen digital Schweiz/buildingSMART Switzerland».

Digitale Technologien begleiten unseren Alltag, doch in der Bau- und Immobilienwirtschaft sind diese noch zaghaft etabliert und noch lange nicht durchgängig vernetzt. Das Wissen und die digitalen Technologien sind verfügbar, nun gilt es diese neuen Werkzeuge zu nutzen und die etablierten Prozesse sukzessive umzubauen. Digitale Technologien sind der Schlüssel zu einer höheren Produktivität und besseren Qualität und damit für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft. Sie sind aber auch die Grundlage nachhaltigere Abläufe wie zum Beispiel die Kreislauffähigkeit von Baumaterialien und Bauprodukten. Und nicht zuletzt sind sie Garant für attraktivere Arbeitsplätze und damit ein wirksames Mittel gegen den Fachkräftemangel. Eines ist also klar: Die Potenziale sind riesig. 

Digitalisierung heisst Vernetzung: mit Hilfe der digitalen Technologien werden durchgängige und datenbasierte Prozesse erst möglich. Die Digitalisierung vernetzt damit die Wertschöpfungskette, von der Machbarkeitsstudie, über die Bestellung, Planung, Ausführung, zum Betrieb und zur Bewirtschaftung bis zur geordneten Rückführung der Baumaterialien und Bauprodukte in den Kreislauf. Strukturierte und von Maschinen interpretierbare Informationen bilden das Fundament für die Vernetzung der Wertschöpfungskette und für das Lifecycle Data Management von morgen. In der aktuellen Praxis ist eine echte digitale Durchgängigkeit allerdings nur schwer umzusetzen, weil Daten viel zu heterogen vorliegen und Unternehmen dazu tendieren, ihre eigenen Datenstrukturen aufgrund von projektspezifischen Anforderungen anzulegen. Die Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft muss vor diesem Hintergrund als eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung verstanden werden.

Ein Beispiel: Die Bauwirtschaft ist für über achtzig Prozent des gesamten Abfallaufkommens in der Schweiz verantwortlich. Theoretisch lässt sich der Bauabfall fast zu hundert Prozent wiederverwenden oder rezyklieren. Die gute Nachricht ist, dass davon bereits über zwei Drittel in den Kreislauf zurückgeführt werden. Die schlechte Nachricht: Der übrige nicht verwertete Anteil Bauabfall ist immer noch viel grösser als der gesamte übrige Abfall. Und weil die Deponiegebühren im benachbarten Ausland günstiger sind als in der Schweiz, wurden im Jahr 2022 rund 15 000 Lastwagen Bauschutt nach Deutschland gekarrt. Diese Ressourcenverschwendung lässt sich mit Hilfe der Digitalisierung drastisch senken: Der «digitale Kreislaufzwilling» macht den Kreislaufprozess für Baumaterialien und Bauprodukte planbar. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass Baumaterialien und Bauprodukte, die demnächst rückgebaut werden, frühzeitig in der Planung von neuen Bauprojekten durch Teilen, Wiederverwenden, Reparieren oder Wiederaufbereiten berücksichtigt werden können. 

«Bauen digital Schweiz / buildingSMART Switzerland» setzt sich für eine konsequente Nutzung der genannten Potenziale ein. Der vom Verband initiierte Use-Case-Management-Service von «buildingSMART» schafft die wichtige Grundlage, um BIM-Projekte in einzelne überschaubare Anwendungsfälle, sogenannte Use-Cases, aufzuteilen und später wieder zu durchgängigen Prozessen und Informationen zusammen zu fügen. An der Swissbau 2024 hat «Bauen digital Schweiz /buildingSMART Switzerland» drei konkrete Use-Cases zum «digitalen Kreislaufzwilling» präsentiert und diskutiert: Bestandsinventarisierung, Materialpass und Lean-Deconstruction. Diese drei realen Anwendungsfälle machen klar: Die Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft muss miteinander gestaltet werden. 

Konkrete Beispiele und erste Erfahrungen sind wichtige Enabler in einer Veränderung hin zu besseren Prozessen. Nur vom «Practice» über «Practice» kommen wir irgendwann zu einem «Best-Practice». Die drei erwähnten konkreten Use-Cases zum «digitalen Kreislaufzwilling» sind im Status «Practice», es braucht nun Nachahmer, die auf diesen Grundlagen und Erfahrungen aufbauen und ihre Erfahrungen teilen. Der Use-Case-Management Service von «buildingSMART» bildet die Kollaborationsplattform dazu: gemeinsam vom Practice zum Best-Practice und damit zum Grundstein für nachhaltige Baustandards.

Geschrieben von

Präsident von «Bauen digital Schweiz /buildingSMART Switzerland».

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