10:15 MANAGEMENT

Vermittlung: Mediation als Konfliktbeilegung

Teaserbild-Quelle: Cornelia Sigrist

Die Bauwirtschaft ist geprägt von hoher Komplexität, zahlreichen Projektbeteiligten mit unterschiedlichen Ansprüchen und immer umfangreicheren rechtlichen Bestimmungen. Durch diese Faktoren, zusammen mit einem enormen Zeit- und Kostendruck, entsteht ein optimaler Nährboden für Konflikte. Eine der wirtschaftlichsten Möglichkeiten der Konfliktbeilegung ist die Mediation.

Von Walter A. Speidel*

Das Baugewerbe ist ein wichtiger Teil der Wirtschaft. In der Schweiz waren 2012 im Bauhauptgewerbe 76500 Personen vollzeitbeschäftigt und die Bautätigkeit umfasste ein Volumen von 18,9 Milliarden Franken. In diesem Kontext müssen schwierige Situationen und Konflikte möglichst einvernehmlich und auf freiwilliger Basis geregelt werden. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich aus diesem Grund mit der Mediation.

Eine Forschungsarbeit der ETH Zürich zum Thema Mängel im Hochbau macht deutlich, dass im Schweizer Wohnungsbau etwa acht Prozent der Ausgaben zur Mängelbehebung aufgewendet werden. Dabei geht es um einen Betrag von etwa 1,6 Milliarden Franken. Der Hinweis, dass Baukonflikte und Bauprozesse in Deutschland jedes Jahr rund 40 Milliarden Euro kosten, belegt die Grösse des vorhandenen Konfliktpotenzials.

Für die Schweiz gibt es noch keine umfassende Studie zu den Konfliktkosten im Baugewerbe. Konfliktkosten zu Baumängeln sind dabei nur die eine Seite. Weitere Transaktionskosten entstehen durch Vertrauensverlust, Mietausfälle, Schadenersatzforderungen oder gar Baustillstand, was keine abschliessende Aufzählung der möglichen Probleme darstellt. Weitere Konfliktfelder sind Bewilligungsverfahren, unterschiedliche Vorstellungen zwischen Bauherr, Investor und Behörden oder Nachbarn und auch zwischen Bauherr, Investor und seinen am Projekt beauftragten Vertragspartnern.

Wirtschaftsmediation

Wie wird mit Konfliktsituationen umgegangen? Mehrheitlich sind langwierige und komplizierte Rechtsstreitigkeiten die Folge, die über Jahre Gerichte und Juristen beschäftigen. Wo möglich, sollte das vermieden werden und mit Bau -und Wirtschaftsmediation eine einvernehmliche Regelung zeitnah angestrebt werden.

Bei der Bau- oder Wirtschaftmediation wird auf freiwilliger Basis ein Vermittler eingeschaltet, der um partnerschaftliche Lösungen und Konfliktmanagement bemüht ist. Dabei kann es sich, je nach Projektgrösse, auch um ein Mediationsteam handeln, bestehend aus Bauexperten und Baujuristen sowie dem leitenden Mediator.

Baustellen sind in vielerlei Hinsicht konfliktbehaftet. (Symbolbild)

Quelle: Cornelia Sigrist

Baustellen sind in vielerlei Hinsicht konfliktbehaftet. (Symbolbild)

Die Schlichtung

Neben der Wirtschaftsmediation gibt es die Schlichtung. Bei der Schlichtung schliessen die Parteien einen gemeinsamen schriftlichen Schlichtervertrag mit einem Schlichter oder mehreren Schlichtern ab. Die Schlichtung wird nach einem gescheiterten Mediationsverfahren vereinbart oder direkt, ohne ein vorheriges Mediationsverfahren.

Die Parteien haben die Möglichkeit, den Schlichter mit einem Schiedsgutachten zu beauftragen. Dies kann in einer laufenden Schlichtungsverhandlung erfolgen und diese damit erweitert werden. Oder die Parteien bestimmen gemeinsam einen Schiedsgutachter. Ein Schiedsspruch ist verbindlich.

Baukonfliktprävention

Wesentlich günstiger ist die Investition in eine Prävention von Konflikten. Das bedeutet, dass je nach Projektumfang eine oder mehrere Fachpersonen wie Mediator, Konfliktmanager, Moderator, Coach ab Projektbeginn im System integriert sind. Alle beteiligten Personen und Unternehmen werden so proaktiv unterstützt, damit Schwierigkeiten und Konflikte von Anfang an möglichst vermieden werden. So ist zudem eine frühzeitige, kurze mediative Schlichtung möglich, in der auch anfänglich einfache Probleme geregelt werden.

Es bedingt jedoch, dass diese Fachpersonen fähig sind, in der Projektorganisation Konflikte zu erforschen und diese dann auch zu erkennen. Daraus ergibt sich die Einführung eines konstruktiven Konfliktklärungssystems, wovon die Mediation nur ein Bestandteil ist. Der Mediator ist zum Beispiel bei schwierigen Verhandlungen als Moderator gefragt, wertschätzend und mit Empathie dafür zu sorgen, dass ein respektvoller Umgang aller Beteiligten untereinander gewährleistet ist. Der Mediator muss in der Lage sein, das System, das er für die Konfliktprävention wählt, immer auf dessen Tauglichkeit zu prüfen und wo nötig, neu anzupassen.

Als Grundlage dazu dient ihm das Entwicklungs- und Implementierungsmodell einer dauernden Anpassung, basierend auf der qualitativen Sozialforschung, der Grounded Theory. Die gebräuchlichsten Datenquellen sind Interviews und Beobachtungen.

Ein Konfliktklärungssystem wird durch den spezialisierten Baumediator eigenverantwortlich implementiert, ist er doch auf der hierarchischen Ebene dem Fachplaner oder dem Qualitätsmanagement gleichgesetzt. Wichtig ist für den Baumediator, dass er in eigener Verantwortung die richtige Position und Rolle im Kontext des Projektes einnimmt.

Die Konfliktprävention durch einen Baumediator, Konfliktmanager, Coach ist bereits in der Projektphase eine Möglichkeit, die beteiligten Personen proaktiv zu unterstützen, damit Schwierigkeiten und Konflikte von Anfang an möglichst vermieden werden.

Unterschiedliche Vorstellungen von Bauherr und Behörden, Nachbarn oder am Projekt beteiligten Ausführenden können zu Konflikten führen.

Quelle: Helmut J. Salzer / Pixelio

Unterschiedliche Vorstellungen von Bauherr und Behörden, Nachbarn oder am Projekt beteiligten Ausführenden können zu Konflikten führen.

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