12:22 MANAGEMENT

844'000 Menschen in der Schweiz können schlecht lesen und rechnen

Teaserbild-Quelle: Jonathan Cooper, Unsplash

15 Prozent der Schweizer Bevölkerung zwischen 16 und 65 Jahren haben Mühe beim Lesen, Rechnen und Problemlösen ohne direkte Handlungsanweisung. Das sind etwa 844'000 Menschen. Tendenziell verdienen sie weniger und sind seltener erwerbstätig als die Gesamtbevölkerung.

Zudem sind ihr Wohlbefinden und ihre Teilnahme am sozialen Leben niedriger als bei Personen mit höheren Kompetenzen, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Donnerstag aufgrund der OECD-Evaluation der Kompetenzen von Erwachsenen (Piaac) mitteilte.

Von den Erwachsenen mit geringen Kompetenzen haben 46 Prozent demnach keine nachobligatorischen Bildungsabschluss. 56 Prozent von ihnen finden sich in der Altersgruppe zwischen 46 und 65 Jahren. Mit 7 Prozent lag ihre Arbeitslosigkeit höher als in der Gesamtbevölkerung (2 %).

Tiefe Bildungsniveaus «vererbt»

Gemäss dem BFS könnte die fehlende Kompetenzentwicklung sozioökonomische und familiäre Hintergründe haben: Lediglich 12 Prozent der Eltern dieser Menschen hatten höhere Bildungsabschlüsse gegenüber 34 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Zudem verfügten nur 25 Prozent der Eltern der Personen mit schwächeren Kompetenzen über eine Berufsqualifikation (Gesamtbevölkerung 52 %) und waren mit 7 Prozent öfter arbeitslos.

Die Piaac-Evaluation der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) misst die Fähigkeiten in den jeweiligen Landessprachen. Dennoch sind nicht nur Fremdsprachige von Kompetenzschwächen betroffen, wie das BFS schrieb.

Von den Menschen mit mangelnden Kompetenzen sprechen 38 Prozent eine Landessprache als Hauptsprache. Bei den übrigen 62 Prozent lässt sich ein Teil der tieferen Kompetenzen damit erklären, dass sie in einer Fremdsprache an Piaac teilnahmen.

Schlechter in Arbeitsmarkt integriert

71 Prozent der Personen mit geringeren Kompetenzen sind erwerbstätig gegenüber 83 Prozent der Gesamtbevölkerung. Über 80 Prozent von ihnen gehören dabei zu den 40 Prozent mit den tiefsten Einkommen.

Sie beziehen häufiger Sozialleistungen und verrichten häufiger körperliche Arbeit. So arbeiten 66 Prozent von ihnen täglich längere Zeit körperlich, in der Gesamtbevölkerung beträgt dieser Anteil 34 Prozent. Damit einher geht auch weniger Selbstbestimmung im Beruf etwa bei bei der Organisation der Arbeit oder den Arbeitszeiten.

Geringere Lebenszufriedenheit

Während 86 Prozent der Bevölkerung mit ihrem Leben sehr zufrieden sind, sinkt dieser Anteil bei den Personen mit geringeren Kompetenzen auf 75 Prozent. Ausserdem schätzen nur 38 Prozent von ihnen gegenüber 55 Prozent der Gesamtbevölkerung die eigene Gesundheit als sehr gut ein.

Starkes Vertrauen in ihre Mitmenschen haben 33 Prozent der weniger Kompetenten (Gesamtbevölkerung 47 %), das freiwillige Engagement liegt bei 19 Prozent (37 %). Und nur 33 Prozent der weniger gut Gebildeten schätzen die Möglichkeiten der politischen Mitsprache als hoch oder sehr hoch ein (Gesamtbevölkerung 51 %).

Weiterbildung primär für mehr Lohn

In der Bevölkerung liegt der Anteil der Personen mit einer Weiterbildung in den letzten fünf Jahren vor der Erhebung bei 61 Prozent. Bei Menschen mit geringeren Kompetenzen erreicht der Wert 33 Prozent.

Dabei unterscheiden sich die Gründe: 33 Prozent der Personen mit geringeren Kompetenzen verbinden die Weiterbildung stärker mit konkreten Berufs- und Karrierechancen im Vergleich zu 21 Prozent in der Gesamtbevölkerung.

Bei der übrigen Bevölkerung bildet bei 29 Prozent das persönliche Interesse die Hauptmotivation. Von jenen mit geringeren Kompetenzen geben dies 19 Prozent als Grund an.

Seit 2021 bei Piaac-Evaluation

Das internationale Programm zur Evaluation der Kompetenzen von Erwachsenen fragt die für die angesichts des technologischen und digitalen Wandels nötigen Fähigkeiten ab. Konkret erfasst Piaac die Lese-, Rechen- und adaptiven Problemlösungskompetenzen. Die Schweiz ist beim zweiten Zyklus seit 2021 dabei.

Geringe Kompetenzen im Lesen bedeuten etwa, dass die Betroffenen nicht in der Lage sind, einen sehr einfachen Text zu verstehen. Im Rechnen kommen sie nicht über das tiefste Niveau hinaus.

Beim sogenannten adaptiven Problemlösen geht es um die Fähigkeit, ein Ziel auch dann erreichen, wenn unmittelbar keine Methode dafür vorliegt. Beispiele dafür sind etwa die Organisation von Reisen zusammen mit anderen oder das Steuern von Produktionsanlagen. (sda)

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