09:24 KOMMUNAL

Abroll- und Absetzsysteme: Schneller Wechsel eingebaut

Geschrieben von: Joachim Zeitner (jz)
Teaserbild-Quelle: zvg

Kommunalfahrzeuge können mit Abroll- und Absetzsystemen für Mulden, Container und Arbeitsgeräte besser ausgelastet werden. Auch Standardfahrzeuge werden mit solchen Wechselsystemen weitaus vielseitiger verwendbar. Sogar in der PKW-Klasse.

LKW mit Abrollsystem vom Hersteller Palfinger

Quelle: zvg

Zum Hinbringen oder Abholen – mit Abrollsystemen wie etwa vom Hersteller Palfinger werden die Stillstandzeiten von LKW auf der Baustelle drastisch verringert.

Thusis macht es wieder selbst. Hatte die kleine Bündner Berggemeinde den Kommunal- und Winterdienst noch bis vor wenigen Jahren an private Dienstleister vergeben, werden inzwischen die Glättebekämpfung und die Wegepflege mit eigenen Kräften ausgeführt.

Treibendes Element ist ein vielseitiger, wendiger und berggängiger Kommunaltransporter, der vom Lieferanten mit einem Hakengerät ausgerüstet wurde und damit verschiedene Aufbauten in kurzer Zeit aufnehmen kann, um damit zu arbeiten.

«Wir sind ein gemischter Betrieb mit verschiedenen Aufgaben im Kommunal- und Forstbereich und wollten unsere Dienste auf ein höheres Niveau bringen», schildert Philip Christen, Abteilungsleiter Forst und Werkdienst der Gemeinde, seinen Grundansatz. «Für die einzelnen, teilweise rasch wechselnden Arbeiten hat sich die Anschaffung eines Kommunaltransporters und eines Abrollsystems mit Hakengerät angeboten.»

Konkret haben seine Einsatzkräfte jetzt drei Aufbauformen für die diversen Verwendungen des Kommunalfahrzeugs, erläutert Christen:

«Im Winter nutzen wir das Fahrzeug überwiegend mit einem Streuautomaten. Zudem haben wir eine Bodenmulde für Strassen- und Erdarbeiten, die aber auch eine kleine Rampe hat, über welche wir Maschinen und Geräte in die Mulde fahren und zu ihrem Einsatzort befördern können. Der dritte Aufbau ist ein zehn Kubikmeter fassender Abrollcontainer, mit dem unter anderem Hackschnitzel aus dem Wald zur Heizungsanlage der Schule gefahren wird. Alle diese drei Aufbauten lassen sich mit dem Hakengerät innert weniger Minuten aufnehmen und können in Betrieb gehen.»

Zur Auswahl: Abroll- oder Absetzsystem

Die Vorteile von Fahrzeugen, die ihre Fracht in einem Behälter am Zielort abstellen, gegenüber normalen Kippern ergeben sich aus dem Zugewinn an Einsatzvielfalt, Arbeitskapazität, Flexibilität, Nutzlast und Transportkapazität. Dabei werden zwei technische Spielarten voneinander unterschieden, nämlich Abroll- und Absetzsysteme.

Absetzsysteme sind nach Auskunft der Trösch AG sogar eine Schweizer Erfindung und wurden einst mit dem Begriff «Welaki» für «wechseln – laden – kippen» oder «Wechselladekipper» sowie mit der Wirz Fahrzeugbau AG verbunden. Im Jahr 2002 wurden deren Produkte von der Trösch AG Fahrzeugbau übernommen und beständig weiterentwickelt.

Heute werden Absetzkippfahrzeuge sowie die dazugehörenden Behälter- oder Aufbausysteme von vielen verschiedenen in- und ausländischen Ausrüstern geliefert. Im Einsatz werden die Mulden, Container und sonstige Behälter zum Aufnehmen oder Absetzen von Hand mit Ketten an zwei nach hinten klappbaren Hubarmen befestigt und danach hydraulisch angehoben oder abgesenkt. Dafür sind teilweise Fernbedienungen verfügbar.

Die Behälter bleiben beim normalen Absetzvorgang immer in der Horizontalen, es kann also nichts verrutschen oder herausfallen. Sie können aber auch mit einem Haken hinten an der Ladefläche festgehalten und nach hinten ausgekippt werden – daher der Name Absetzkipper. Weil in der Schweiz unterschiedlich breite Mulden gefertigt werden, sind die Systeme allerdings nicht unbedingt miteinander kompatibel. Der Untergrund spielt zum Abstellen keine Rolle, er kann auch weich oder uneben sein.

Die Abrollsysteme vom Hersteller Maytec eignen sich sowohl für Baumaschinen als auch Pflanzenkübel.

Quelle: zvg

Für Baumaschinen oder Pflanzenkübel – der Hersteller Maytec bringt mit Abrollsystemen auch kleinen Betrieben neuen Schwung in ihre Baustellenlogistik.

Belastbarer Untergrund

Abrollsysteme beziehungsweise Hakensysteme dagegen brauchen festen und belastbaren Untergrund, denn sie haben Mulden oder Aufbauten mit Rollen an der Hinterpartie. Sie werden zum Verladen an einem hydraulischen Hubarm eingehakt und auf das Fahrzeug gezogen oder abgeladen, also abgerollt – daher der Name.

Damit ist auch ein kleiner Nachteil eingebaut: Beim Absetz- oder Aufnahmevorgang gerät der Behälter in Schräglage. Das Aufnahmegut muss daher eventuell gegen ein Verrutschen gesichert werden. Der genannte Schweizer Anbieter Trösch beispielsweise baut auch solche Hakensysteme auf. Nencki aus Langenthal bietet schwere Absetz- und Abrollkipper, die vollständig in der Schweiz konzipiert und hergestellt werden, um ein weiteres Beispiel zu nennen.

Abrollkipper beziehungsweise Hakensysteme sind offenbar bei Bauunternehmen die erste Wahl, sofern es um den Transport von Maschinen und Geräten, Palettenware und Schüttgut geht. Dagegen setzen Container- und Entsorgungsdienste überwiegend auf Absetzsysteme.

Für beide Systeme liefern die Hersteller zahlreiche, verschieden geformte Mulden und Behälter sowie Wechselmodule für verschiedenste Aufgaben, etwa zur Abfuhr von Grünschnitt oder Herbstlaub, zur Strassenreparatur und für den Winterdienst.

Und beide Systeme sind für Trägerfahrzeuge aller Arten und Grössen erhältlich – für kostengünstige Fahrgestelle mit normalen Schaltgetrieben, für kommunale Fahrzeuge mit hydrostatischen Getrieben oder für komplexe Alleskönner mit den Vorteilen beider Antriebswelten.

Schwerer Absetz- und Abrollkipper von Nencki

Quelle: zvg

Nencki aus Langenthal bietet nach eigenen Angaben die einzigen komplett in der Schweiz konzipierten und hergestellten schweren Absetz- und Abrollkipper.

Allrounder oder Strassenfahrzeug

Was die Gemeinde Thusis betrifft, herrschen in Graubünden bekanntlich erschwerte topografische Bedingungen: Die bewohnten Gebiete liegen zwar auf leicht erreichbaren 600 bis 800 Metern Höhe, aber das Strassen- und Wegenetz reicht bis auf 2000 Meter Höhe und umfasst dort sehr schmale Waldstrassen. Auch dort oben muss mit Pflug und Salz gearbeitet werden.

«Deswegen brauchen wir ein kompaktes, relativ schmales Fahrzeug mit einem mechanischen Getriebe», erläutert Christen, «für die Arbeitsfahrten und zum komfortablen stufenlosen Beschleunigen eignet sich aber ein hydrostatisches Getriebe besser.»

Ein Bestandteil der Submission war daher ein Trägerfahrzeug, das beides kann. Möglichst schmal sollte es auch noch sein, denn ein grosser Geräteträger mit 2,50 Metern Fahrzeugbreite könnte auf den schmalen Waldwegen nicht operieren.

Von den drei Anbietern, die ein Angebot abgaben, bekam schlussendlich die schweizerische Reform-Generalvertretung Agromont AG den Zuschlag für die Lieferung eines Reform-Geräteträgers Muli T10 X Hybridshift mit mechanisch-hydrostatischem Getriebe und einem von Zaugg speziell für dieses Trägerfahrzeug entwickelten Hakengerät.

Zudem ist dieses Fahrzeug auch schmal genug, und so können die Kommunalarbeiter jetzt auch endlich wieder unterhaltende Arbeiten auf den schmalen Waldstrassen oberhalb der Gemeinde ausführen – etwa Strassenkies hinauffahren und dort ausbringen.

Reform Muli T10X Hybridshift mit Hakengerät

Quelle: zvg

Wechselhafte Einsätze fährt ein Reform Muli T10X Hybridshift mit Hakengerät in der Bündner Gemeinde Thusis – hier beim Reparieren des Wegenetzes.

Strassenfahrzeug eignet sich auch

Aber natürlich funktionieren Wechseleinsätze nicht nur mit kommunalen Multitalenten von Aebi, Lindner, Reform oder einem Unimog. Wenn man aus betrieblichen Gründen solch ein relativ kostspieliges Kommunalfahrzeug nicht braucht, kann man auch ein preisgünstiges Strassenfahrzeug mit überschaubaren Zusatzkosten für den Wechselaufbau in einen vielseitigen Transporter und Geräteträger verwandeln.

Vieles spricht dafür, finden begreiflicherweise die Aufbauhersteller. Und bekanntlich werden auch Absetz- und Abrollsysteme massenweise auf Fahrgestellen aller Marken und Grössen aufgebaut. Das beginnt bereits mit Fahrzeugen der 3,5-Tonnen-Klasse, die von Fahrern mit dem normalen PKW-Führerausweis bewegt werden können.

Vom schweizerischen Hersteller Rölli stammt etwa der neuartige X-Rack. Wahlweise aufgebaut auf Single-Cabs von Ford, Isuzu oder Toyota, sind es Absetzsysteme reinsten Wassers, deren Nutzlast von 1000 bis 1150 Kilo mit der eines reinen Pritschenwagens vergleichbar ist. Zieht man das Gewicht einer Mulde ab, bleibt immer noch etwa eine Tonne Nutzlast übrig.

Man kann aber auch etwa eine kleine Bau- oder grössere Pflegemaschine direkt aufs Fahrzeug heben und am Zielort absetzen, dann wird die gesamte Nutzlast ausgeschöpft. Richtig etwas wegschaffen können dagegen Fahrzeuge der 7,5-Tonnen-Klasse: Nutzlasten bis 3,5 Tonnen bietet etwa ein weiterer Absetzkipper von Rölli, dem nach eigenen Angaben einzigen Schweizer Hersteller von leichten Absetzkippern.

Absetzkipper X-Rack von Hersteller Rölli Tec

Quelle: zvg

Der Schweizer Hersteller Rölli Tec ist überzeugt, mit seinem neuen kleinen Absetzkipper X-Rack für Pickups den Bedarf von Kleinbetrieben zu treffen.

Auslastung deutlich erhöhen

Bisher wurde in der Gemeinde Thusis der Winterdienst mit Schmalspurschleppern und Salzstreuern ausgeführt, die naturgemäss eine begrenzte Kapazität hatten. Das passte nicht zum Thema, denn je Winter werden auf den Gemeindestrassen immerhin 30 bis 40 Tonnen Salz ausgebracht.

Dafür musste der Traktor-Anbaustreuer bei einer morgendlichen Tour durchaus zwei- bis dreimal nachgeladen werden und die Räum- und Streuschicht zog sich bis weit in den Morgen. Mit dem Muli und seinem deutlich mehr Streugut fassenden Streuautomaten ist der morgendliche Winterdienst schon um sieben Uhr beendet.

Dann sind die Strassen bestens präpariert für den beginnenden Berufsverkehr und der Geräteträger kann anderen Tätigkeiten nachfahren. Im Grunde können Christens Experten alle drei Aufbauten an einem Tag nutzen. Sehr häufig sind jedenfalls zwei Einsatzarten an einem Tag – etwa im Winter morgens Streusalz ausbringen und mittags frisches Brennmaterial zur Hackschnitzelheizung der Schule fahren.

Multicar Fumo mit Absetzkipperaufbau (AKLTS) von Meier-Ratio

Quelle: zvg

Der vielseitige Multicar Fumo kann mit einem Absetzkipperaufbau (AKLTS) von Meier-Ratio seine Nutzlast in nahezu alle Richtungen absetzen – auch seitwärts.

Rascher Wechsel spart Zeit

Wechselsysteme zum Absetzen oder Abrollen bieten also einerseits die Chance, im raschen Wechsel Container, Mulden und Behälter beziehungsweise funktionale Aufbauten zur Grünflächenpflege und Strassenreinigung, für Giesseinsätze und den Winterdienst einzusetzen. Andererseits bringen sie neuen Schwung in die Transportlogistik in Bauunternehmen, Gartenbau- und Kommunalbetrieben.

Ein herkömmlicher Kipper oder Pritschenwagen muss immer anwesend sein, bis das Transportgut vollständig be- oder entladen wurde, und ist mitsamt dem Fahrer – wenn dieser nicht selbst den Be- oder Entladevorgang übernimmt – die ganze Zeit blockiert.

Absetz- oder abrollbare Materialcontainer dagegen lassen sich bereits auf dem Bau- und Betriebshof baustellengerecht vorbereiten, zudem muss nichts mehr mühsam von Hand auf Ladepritschen oder Kastenwagen verladen werden.

Das Trägerfahrzeug kann vielmehr während dieser Zeit bereits anderen Tätigkeiten nachfahren – die Auslastung von Fahrer und Fahrzeug wird erhöht. Das rechnet sich natürlich insbesondere bei kommunalen Geräteträgern, aber eben auch bei herkömmlichen Strassenfahrzeugen.

Multilift-Hakengerät vom Aufbaucenter Notterkran

Quelle: Notterkran

Vom Aufbaucenter Notterkran stammt dieses Multilift-Hakengerät, mit dem sich grössere Lasten wie etwa Kompaktbagger sicher befördern lassen.

Absetz- und Abrollanhänger: Material befördern mit System

Mit Absetz- und Abrollsystemen können Bauunternehmen, Kommunalbetriebe und Grünprofis ihre Transportlogistik verbessern und die Auslastung ihrer Fahrzeuge erhöhen. Für kleine Betriebe und Baustellen sowie für junge Fahrer können sich Absetz- und Abrollsysteme auf Anhängern eignen – leichte, auflaufgebremste Anhängersysteme für Kombis und Transporter, leichte LKW oder Pickups mit Kugelkupplung.

Beispiel Absetzanhänger:

Schon mit Flachmulden sind sie ungemein praktisch. Man kann darin nahezu sämtliche Baustoffe zum Einsatzort befördern – etwa Feinsand und Steine, Schotter und Splitt. Sogar ganze Paletten mit Zementsäcken oder Pflastersteinen.

Ganz schlaue Transportprofis verwenden dazu einfach das Hubgerüst ihres Absetzanhängers und hängen eine Palettengabel in die Trageketten ein. Zusätzliche Maschinen zum Abladen brauchen sie dann nicht mehr.

Mit diesen Absetzsystemen lassen sich auch Baumaschinen befördern. Dazu wird eine Flachmulde am Boden abgestellt, die Hinterwand abgeklappt und der Minibagger oder Kompaktlader fährt hinein.

Mit dem Hubarm des Absetzanhängers lässt sich auch mühelos eine 500 Kilo schwere Vibrationsplatte, im Ernstfall sogar eine Zweitonnen-Strassenwalze verladen. Weil man die Flachmulden übereinander stapeln kann, sind sogar gemischte Fuhren aus Maschinen und Material möglich.

Beispiel Abrollanhänger:

Auch diese Systeme können zum Kernpunkt eines neuen Logistikkonzepts werden. Ein Basis-Containersystem besteht aus einem PKW-Abrollkippanhänger und zwei Mulden. Wenn der Anhänger einen eigenen Antriebsmotor hat, können die Mulden mit nahezu beliebigen Zugfahrzeugen befördert werden. Die Flachmulde dient beispielsweise zum Transport von Sand, Steinen oder ähnlichen Materialien und kann dank ihrer klappbaren Bordwände einfach beladen und befahren werden.

Über diese Ladekante Null können – genauso wie bei den Absetzsystemen – auch Baumaschinen und Baugeräte in die Mulde gelangen. Wenn sie ordentlich verzurrt sind, können die Mulden bedenkenlos mit ihrer Fracht auf den Anhänger gezogen und abtransportiert werden. Eine zweite Mulde kann man mit hohen Gitterwänden wählen und damit reichlich leichte, lose Bauabfälle befördern.(jz)

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Freier Mitarbeiter für das Baublatt.

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