Corona-Forschung: Abwasser als Datenquelle zur Früherkennung
Das Ansteigen und Abklingen der Coronavirus-Infektionen ist Dauerthema in den Medien. Durch die vielen asymptomatischen Verläufe ist es schwierig, die tatsächliche Zahl der Infizierten zu erheben. Daher setzen zahlreiche Länder auf Analysen des Abwassers.
Infektionsherde erkennen, bevor die Betroffenen die ersten Symptome bemerken: Das ist das Ziel der Abwasseranalysen, die weltweit im Fokus für die Früherkennung neuer Sars-Coronavirus-2-Herde stehen. Mit Hochdruck wird an Methoden und Logistik für diese Analysen gearbeitet. Das Prinzip ist einfach: Das Sars-Coronavirus-2 wird von Infizierten ausgeschieden, bevor sie selbst ihre Infektion bemerken; selbst dann, wenn sie ohne Symptome bleiben.
Durch archivierte Abwasserproben konnte man in Norditalien beispielsweise rückverfolgen, dass die ersten Covid-19-Viren bereits im Dezember kursierten. Also Wochen vor dem massenhaften, nicht mehr beherrschbaren Ausbruch, der lange die Schlagzeilen beherrschte.
Effizienter als Massentests
Abwasser-Monitoring hat sich schon bei anderen Fragestellungen bewährt, etwa der Entwicklung des Kokain-Konsums in verschiedenen Grossstädten. Auch hier lässt sich ein Anstieg im Abwasser nachweisen. Die Abwasseranalyse ist effizienter und liefert zeitnähere Ergebnisse als jeder Corona-Massentest. Bis ein Infizierter erkrankt, kann eine Woche vergehen, bis das Testergebnis vorliegt nochmals einige Tage. Ganz davon abgesehen, dass die Testkapazitäten nicht ausreichen, um letztere regelmässig durchzuführen.
Aus den Niederlanden kamen früh erste Meldungen über derartige Analysen. Schon im Februar berichteten niederländische Forscher, dass sie wenige Infizierte pro 100000 Personen anhand des Corona-Erbguts in einigen Kläranlagen detektiert hätten. Das niederländische Wasserforschungsinstitut KWR konnte an zwei Kläranlagen sogar das Virus nachweisen, bevor die ersten Fälle in den betroffenen Gemeinden bekannt wurden.

Quelle: André Künzelmann / UFZ
Covid-19-Analyse am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: René Kallies arbeitet Abwasserproben auf.
Forschung mit Hochdruck
Weltweit forschen Institute mit Hochdruck an der schnellsten und massentauglichsten Methode. In der Schweiz hat sich die Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) des Themas angenommen (siehe Baublatt-Ausgabe 10/2020), in Österreich die TU Wien und in Deutschland neben verschiedenen Universitäten auch ein Zusammenschluss unter der Federführung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung - UFZ in Leipzig. Europaweit gibt es einen regelmässigen Austausch, bei dem Analytik-Protokolle weitergegeben und Methoden diskutiert werden. Je früher man ein Frühwarnsystem hat umso besser. Das ist allen klar.
Suche nach Viren-Erbgut
Das Helmholtz-Zentrum arbeitet mit verschiedenen Forschungsinstituten und Universitäten an einem bundesweiten Ansatz. Ein Team von mehr als zwanzig Abwasserfachleuten, Mikrobiologen, Virologen und Modellierern des UFZ, der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) und der TU Dresden arbeitet mit den Kläranlagenbetreibern der Städte Köln, Leipzig, Dresden, dem Wasserverband Eifel-Rur und weiteren Städten daran, aus repräsentativen Abwasserproben zeitnah auf den Infektionsgrad der Bevölkerung zu schliessen.
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