10:02 BAUPRAXIS

Kunsthandwerk: Möbel aus Beton und Holz

Geschrieben von: Claudia Bertoldi (cb)
Teaserbild-Quelle: Szabo Homedesign

Im alten Näfelser Hänggiturm, wo früher die bunt bedruckten Glarner Tücher getrocknet wurden, entstehen jetzt Möbel und Wohnaccessoires aus Beton in Kombination mit Holz, Glas oder Metall. Laszlo Szabo und Nadja Winter haben hier im vergangenen Sommer ihre neue Werkstatt bezogen.

Nadja Winter und Laszlo Szabo in ihrer Betonmanufaktur in Näfels GL.

Quelle: Szabo Homedesign

Partner im geschäftlichen wie auch im privaten Leben: Nadja Winter und Laszlo Szabo haben im Sommer2017 ihre Idee von einer besonderen Betonmanufaktur in Näfels GL verwirklicht.

Manche Menschen haben das Glück und machen ihr Hobby zum Beruf. Bei Laszlo Szabo ist das offensichtlich. Der 31-Jährige ist gelernter Maurer. Beton und Baumaterialien gehören also schon seit geraumer Zeit zu seinem Arbeitsalltag. Doch bis zur Gründung des eigenen Unternehmens vergingen einige Jahre. «Ich war eigentlich immer ganz zufrieden bei der handwerklichen Arbeit auf dem Bau. Aber ich verspürte relativ schnell den Drang, weiterzukommen und etwas anderes zu machen», berichtet der gebürtige Rheintaler.

Unser Treffpunkt ist in der Gewerbezone in Näfels, unweit des Bahnhofs. Seit August 2018 hat die «Szabo Homedesign» hier ihren Sitz. Die «neue» Werkstatt ist gar nicht so einfach zu finden. Sie liegt ein wenig versteckt in einem der historischen Fabrikgebäude des Näfelser Mühlhäusern-Quartiers, die den Glarus im vergangenen Jahrhundert prägten. Im rund 150 Jahre alten Hänggiturm wurden früher Stoffbahnen zum Trocknen aufgehängt. Die fast zehn Meter hohen, rauen Wände mit den kleinen quadratischen Fenstern umschliessen die komplette Werkstatt. Momentan konzentriert sich noch alles im Erdgeschoss: Werkzeuge, Betonmischer, Werkbank, Wassertank, Materialvorräte, Schalungselemente und einige fertige Betonteile befinden sich allesamt hier. Direkt neben dem Eingangstor steht das Empfangspult mit einer Leuchte – natürlich aus eigener Produktion.

Draussen ist es kalt und regnet. Die alten Mauern halten Sturm und Feuchtigkeit ab, die Kälte aber nicht. Angesichts der hohen, nicht isolierten Wände ist eine normale Heizung nicht sinnvoll. Also wirft Szabo den gasbetriebenen Heizstrahler an, der direkt auf den jeweiligen Arbeitsort im Raum gerichtet wird. Die Arbeit kann starten. Die Schalung für die beiden Bankelemente hat er bereits gestern zusammengestellt. Diese Mal wird keine Armierung benötigt, ansonsten wird auch sie passgenau gefertigt.

Nach der Lehre ging Szabo zunächst als Abstecher in die Automobilindustrie. Arbeiten im Betonwerk und im Steinbruch folgten, und nach zahlreichen Weiterbildungen in Betontechnologie sattelte er vor Jahren von der Baustelle ins Baustofflabor um. Als Baustoffprüfer und Laborleiter arbeitete Szabo in einer Firma im St. Galler Rheintal. Dieses Fachwissen dient ihm heute besonders. Er kennt sich bestens mit Baustoffen und deren Verhalten aus, ist sozusagen ein Meister in der Materialkunde.

Frühe Leidenschaft zum Holz

Ebenso war da immer schon der enge Bezug zum Holz. «Ich habe von klein auf mit Holz gearbeitet, mit dem Material Gegenstände geschaffen. Und so ist mir irgendwann die Idee gekommen, Beton und Holz für Möbel zu kombinieren», berichtet Laszlo Szabo. Erste Inspirationen erhielt er bereits in seiner Lehrzeit. Ein damals vollkommen in Sichtbeton erstelltes Haus konnte er nach der Fertigstellung eingerichtet besuchen. Der zuvor nüchterne Beton hatte durch die Holzmöblierung einen vollkommen neuen Aspekt erhalten. «So habe ich mich schon immer für diesen Mix Beton und Holz interessiert und natürlich auch auf Reisen viele Ideen gesammelt und diese weiterentwickelt», erzählt er, während er nach und nach die «Zutaten» für die heutige Arbeit aus dem Regal holt.

Die verantwortungsvolle Arbeit im Labor gefiel Szabo, doch irgendwann fasste er den Entschluss, das Beton-Holz-Experiment professioneller anzugehen. «Ich musste es einfach wagen. Ich hab mir gesagt, zurück kann ich immer noch. Damals gab es dazu noch Gelegenheit.» Vor eineinhalb Jahren, im Sommer 2017, war es dann soweit: Die selbst auferlegte Probezeit startete in der Werkstatt eines Kollegen im Liechtensteiner Triesenberg. Hier entstand der Prototyp seiner Möbelkollektion, ein Betontisch mit einem Holzeinsatz in der Platte und einem Holzgestell. Den Tisch gibt es immer noch. Er steht etwas angestaubt in der Werkstatt. Auf den ersten Blick ist das robuste Möbel ein durchaus ansprechendes Stück. Aber für Perfektionist Szabo auf keinen Fall.

Mixtur grammgenau berechnet

Inzwischen hat Szabo viel Erfahrung gesammelt, um auch sehr individuelle Elemente herstellen zu können. Alle Betonschalungen werden vor Ort selber herstellen und sind dadurch sehr flexibel. So können auch ausgefallene Sonderwünsche bezüglich Farbe und Abmessungen als Einzelstück oder in Kleinstmengen gefertigt werden.

Auf der Werkbank stehen inzwischen Waage, Messbecher und Eimer bereit. Szabo zückt sein Handy. Jetzt geht’s an die Berechnung der Betonmischung, genau abgestimmt auf den Tagesbedarf. Hier entsteht keine Massenware. Jedes Möbel ist eine Massanfertigung, zumeist ein Ideen-Mix des Kunsthandwerkers und des Auftraggebers. Auf Grundlage der Abmessungen wird der Materialbedarf ermittelt, daraus wiederum die einzelnen Bestandteile grammgenau berechnet. Die Grösse des Bauteils, die Stärke des Betons, Verwendungsart und Aufstellungsort sind ausschlaggebend für die Mixtur. «Ein 08/15-Rezept gibt es nicht. Es waren viele Proben nötig, bis ich die Rezeptur mit der optimalen Sieblinie gefunden habe», erzählt er. Entstanden sind zwölf eigene (geheime) Szabo-Rezepturen. Ganz präzise wird jetzt jedes Mal kalkuliert und abgewogen, wenn ein neues Möbel in Produktion geht. Das Material soll perfekt sein, zudem möglichst nichts verschwendet werden.

Nach einigen Monaten Testphase stand Anfang letzten Jahres die erste Bewährung auf dem Programm. Auf der Zürcher Oberländer Frühlingsmesse «Wohnen & Genuss» in Wetzikon konnte Szabo im April eine Auswahl seiner Möbel und Accessoires präsentieren. Zwei Monate intensiver Vorbereitungszeit waren nötig. Nicht allein für Laszlo Szabo, auch für seine Partnerin Nadja Winter. Während er für alles Praktische das Sagen hat, ist sie für nicht unwesentlichere Arbeiten verantwortlich: Kalkulation, Buchhaltung und Marketing - wichtige Bestandteile für eine erfolgreiche professionelle Präsentation.

Die aussergewöhnlichen Kreationen aus Beton und Holz, die inzwischen auch mit Metall und Glas ergänzt wurden, fanden Gefallen. «Mit einigen Stücken hatten wir einen sensationellen Erfolg. Wir hatten viele positive Rückmeldungen. Dann stand für uns fest: Wir wagen den Schritt!», berichtet Szabo. Nicht nur bei den Messebesuchern kam die Ausstellung gut an, auch ein Profi meldete sich kurz danach. Der Chef der Bau­arena bekundete Interesse daran, die Szabo-Homedesign-Stücke auch in der Ausstellung in Volketswil ZH vertreten zu haben. Die Bauarena vereint auf einer Fläche von über 18 000 Quadratmetern Ideen rund ums Bauen und Wohnen. «Als diese Nachricht kam, war uns klar: Jetzt geht’s los!»

Den ganzen Artikel lesen Sie im Baublatt Nr. 6.

Geschrieben von

Ehemalige Redaktorin Baublatt

Claudia Bertoldi war von April 2015 bis April 2022 als Redaktorin beim Baublatt tätig. Ihre Spezialgebiete waren Architektur- und Technikthemen.

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