10:16 BAUPRAXIS

«IDA – Integrated Design Atlas»: Eine Plattform für nachhaltiges Bauen

Geschrieben von: Pascale Boschung (pb)
Teaserbild-Quelle: zvg

Das klimabewusste Planen und Bauen in der Schweiz fördern: Das soll die neue digitale Plattform «IDA – Integrated Design Atlas». Entwickelt vom SIA und acht Hochschulen bietet der frei zugängliche Atlas unter anderem nützliche Werkzeuge für Planungsfachleute.

Screenshot der IDA-Plattform

Quelle: zvg

Auf der Plattform werden unter anderem digitale Werkzeuge bereitgestellt. Zum Beispiel «Ladybug» (oben links), ein Plug-In zur Analyse von Klimadaten, das Fachplaner bei Studien zu Sonneneinstrahlung, Verschalung und thermischem Komfort unterstützt – für klimaangepasste Gebäude.

Umweltfreundliche und energieeffiziente Standards in der Planung, Bauausführung und im Betrieb von Gebäuden, die Schonung von Ressourcen und das Reduzieren von CO2-Emissionen – Nachhaltigkeit spielt zunehmend eine zentrale Rolle und ist längst mehr als ein Schlagwort. Die ganzheitliche Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte während des gesamten Bauprozesses wird für die Baubranche immer mehr zur Pflichtaufgabe. «Architekturschulen und -schaffende benötigen heute spezifische Kompetenzen in den Bereichen Klima, Energie, Komfort, Zirkularität und Nachhaltigkeit, um den aktuellen Anforderungen der Baupraxis gerecht zu werden», sagt Samuel Kummer von der ETH Zürich auf Anfrage.

Kummer ist Projektkoordinator der neuen Plattform «IDA – Integrated Design Atlas», die für Architekturschaffende eine Wissensumgebung für das klimabewusste Entwerfen in frühen Planungsphasen bereitstellt. Entwickelt wurde der digitale Atlas gemeinsam vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und acht Hochschulen aus allen Sprachregionen der Schweiz (siehe Kasten «Projektbeteiligte» unten). Die Plattform bündelt praxisnahes Wissen und digitale Werkzeuge zu Themen wie Suffizienz, Kreislaufwirtschaft, Energie und Komfort an einem zentralen Ort. Langfristiges Ziel von IDA ist es, Nachhaltigkeit als festen Bestandteil der Baukultur zu verankern sowie Lehre und Praxis im Sinne der Energiestrategie 2050 enger miteinander zu verzahnen.

Vier Bausteine für die Praxis

Die Plattform richtet sich an Architekturschaffende, Lehrende und Studierende und ist unter https://idaida.ch frei zugänglich. «IDA vereint für Architekturschaffende alle Werkzeuge, die ein nachhaltiges Planen und Bauen ermöglichen», erklärt Pierre Métrailler, Projektverantwortlicher der Plattform seitens des SIA. Der Atlas ist in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch verfügbar und gliedert sich in vier Bereiche: Case Studies, Toolbox, Stories und Community.

Unter der Kategorie «Case Studies» werden «Good practice»-Projekte, sachlich aufbereitet mit einer Beschreibung, Plänen und Bildern präsentiert. Der Bereich «Toolbox» liefert Planerinnen und Planern eine Sammlung digitaler Werkzeuge zur Unterstützung im Entwurfsprozess und unter «Stories» sind vertiefende Beiträge im Blog-Format zu finden, die Fallstudien und Tools besprechen. Ergänzt wird das Angebot schliesslich durch den «Community»-Bereich, der dem fachlichen Austausch, der gegenseitigen Beratung und der Veröffentlichung von News dient.

Projektpartner

  • Berner Fachhochschule (BFH)
  • Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
  • Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)
  • Haute école d’ingénierie et d’architecture de Fribourg (HEIA-FR)
  • Hochschule Luzern (HSLU)
  • Ostschweizer Fachhochschule (OST)
  • Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA)
  • Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI)
  • Università della Svizzera italiana (USI)
  • Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)

Screenshot der IDA-Plattform

Quelle: zvg

Unter der Kategorie «Case Studies» werden «Good practice»-Projekte, sachlich aufbereitet mit einer Beschreibung, Plänen und Bildern präsentiert.

«Die letzte Umfrage hat gezeigt, dass die Toolbox derzeit das grösste Interesse weckt», sagt Kummer. Die Werkzeuge aus diesem Bereich decken denn auch ein breites Spektrum ab. Da wäre zum Beispiel das «Psychrometric Chart», ein interaktives Diagramm-Webtool, mit dem sich verschiedene Komfortkennzahlen sowie Wetterdaten oder Raumluft visualisieren lassen. Oder «Ladybug», ein Plug-In zur Analyse von Klimadaten, das Fachplaner bei Studien zu Sonneneinstrahlung, Verschalung und thermischem Komfort unterstützt – für klimaangepasste und energieeffiziente Gebäude.

Kummer: «Schon heute zeigt sich, dass IDA auf unterschiedliche Weise genutzt wird.» So gibt es neben den Werkzeugen in der Community auch Foren für Fragen und Diskussionen sowie Informationen zu aktuellen Veranstaltungen. Zusätzlich bieten Appointments die Möglichkeit, Projekte im direkten Gespräch zu besprechen. «Ein Format, das besonders bei Studierenden Anklang findet.» In Zukunft sollen gemäss Kummer weitere Anwendungsformen hinzukommen. «Je nachdem, wie sich Lehre und Praxis rund um die Plattform weiterentwickeln.»

Synergien zwischen Schulen

Als Basis für den «Integrated Design Atlas» diente eine Plattform, die an der Professur für Architektur und Gebäudesysteme der ETH Zürich für die Lehre entwickelt worden ist und sich technisch auf ein Open Source System für Lernaktivitäten stützt, das weltweit eingesetzt wird. Die gemeinsame Entwicklung mit mehreren Hochschulen bringt Vorteile mit sich, wie Métrailler erklärt: «Jede Schule bringt ihre eigene Sichtweise und Erfahrung sowohl in den kreativen Prozess als auch in die Art des Lehrens und Lernens ein.» Dieser Erfahrungsaustausch bereichere das Projekt und schlage Brücken zwischen den verschiedenen Schulen, wodurch neue Synergien entstünden.

Die aktuell grössten Lücken beim nachhaltigen Planen und Bauen in der Schweiz sieht Métrailler in den frühen Phasen im Planungsprozess eines Projekts. «Da ist der Handlungsspielraum zur Berücksichtigung der Umweltwirkung sehr gross, während der Einfluss auf die Gesamtkosten des Bauwerks noch gering ist.» Je weiter man jedoch in die Ausführungsphase vordringe, desto teurer und schwieriger werde es, Anpassungen vorzunehmen. «Deshalb ist die Entwurfsphase entscheidend für die energetische Bilanz des Projekts.» Genau hier soll die Wissensplattform ansetzen und Architekturschaffenden brauchbare Tools und Informationen zur Hand geben.

Langfristig möchte der SIA die Plattform nach eigenen Angaben zu einer nationalen Referenz im ökologischen Bauen machen. Dafür sollen laut Métrailler in einem ersten Schritt alle Architekturschulen in das Projekt einbezogen werden, um sicherzustellen, dass der Design-Atlas in allen Studiengängen – vom Bachelor bis zum Master – genutzt wird. «Darauf aufbauend kann eine breite Gemeinschaft entstehen, indem Veranstaltungen organisiert und der Austausch zwischen den Schulen sowie mit der Bauwirtschaft intensiviert wird.» Gemäss Métrailler soll IDA zudem später auch den Weg an die Hochschulen für Bauingenieurwesen finden.  

Screenshot der IDA-Plattform

Quelle: zvg

Die Plattform «IDA – Integrated Design Atlas» stellt für Architekturschaffende eine Wissensumgebung für das klimabewusste Planen und Bauen bereit.

Offener Wissens-Austausch

Der Aufbau der Plattform ist laut Kummer über drei Jahre angelegt. Im Ersten Jahr sei die technische Infrastruktur geschaffen worden, zudem entstand eine neue, grafisch gestaltete, schulunabhängige Webseite als attraktive Benutzeroberfläche. «Seit Beginn des zweiten Jahres liegt der Fokus auf gemeinschaftsfördernden Aktivitäten wie Foren, Workshops und Nutzertreffen.» Damit werde die aktive Nutzung und Pflege sowie die Integration neuer Inhalte gestärkt. «Ziel ist es, dass IDA zu einem integralen Bestandteil der Lehre an Schweizer Architekturschulen wird», so Kummer. Im dritten Jahr soll dann die langfristige Bewirtschaftung durch die Partner und weitere Träger gesichert werden.  

Finanziert wird IDA derzeit durch das Programm «EnergieSchweiz» des Bundesamtes für Energie (BFE). Dieses fördert im Rahmen der «Bildungsoffensive Gebäude» aktiv Bildungsprojekte in der Schweiz, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Energie- und Klimapolitik im Gebäudesektor voranzutreiben. «Das BFE unterstützt die Plattform finanziell bis 2027», sagt Métrailler. Danach liege es in der Verantwortung des SIA, zusammen mit den Projektpartnern, die langfristige Finanzierung der Plattform sicherzustellen.  

Qualifizierte Gemeinschaft

Métrailler wünscht sich, dass Architektinnen und Architekten IDA aktiv einsetzen: «Dank dieser Plattform finden sie die notwendigen Werkzeuge für eine nachhaltigere Bauweise und können sich von Best Practices inspirieren lassen.» Diese zeichneten sich nicht nur durch innovative Ansätze wie den Einsatz biobasierter Materialien und energetische Autonomie aus, sondern auch durch herausragende architektonische Qualitäten.

«Durch den offenen Austausch von Wissen und Erfahrungen sowie die aktive Verankerung in der Lehre entsteht eine qualifizierte Gemeinschaft von Architekturschaffenden, die bestens ausgerüstet ist, klimafreundliche Gebäude zu entwerfen und umzusetzen», sagt Kummer. Ziel sei es, dass ökologisch und sozial verantwortungsvolles Bauen zur Selbstverständlichkeit wird – als integraler Bestandteil architektonischer Praxis.

Die Plattform ist frei zugänglich unter: https://idaida.ch

Screenshot der IDA-Plattform

Quelle: zvg

Die digitale Plattform richtet sich an Architekturschaffende, Lehrende und Studierende.

Mobile-Screenshot der IDA-Plattform

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IDA soll Nutzern brauchbare Tools für ein nachhaltiges Planen und Bauen zur Hand geben.

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Redaktorin Baublatt

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