15:09 BAUPRAXIS

Ersatzneubau für Walo-Haus: Hommage an die 50er-Jahre

Geschrieben von: Robert Mehl (rm)
Teaserbild-Quelle: Peter Tillessen

In der Zürcher Limmatstrasse ersetzte der Baukonzern Walo Bertschinger schweren Herzens sein Stammhaus aus den 50er Jahren durch einen Neubau. Das in Dietikon ansässige Unternehmen entschied sich dabei für den Bau eines fünfgeschossigen Wohnhauses.

Auch wenn der Neubau sich in seinem Charakter als eine Hommage an die 1950er Jahre versteht, findet sich nirgends ein Zitat des Vorgängergebäudes. Tatsächlich tat sich der Baukonzern Walo Bertschinger schwer mit dem Gedanken, das nach dem Umzug nach Dietikon leerstehende und funktionslos gewordene Stammhaus vollends aufzugeben. So wurde zunächst ein Umbau zu einem Mehrparteienwohnhaus favorisiert, dann jedoch aus Kostengründen verworfen. In der Folge lud man einige Architekturbüros zu einem beschränkten Wettbewerb ein. Hier gab der Baukonzern lediglich den Bestandsabriss und eine Wohnnutzung vor, ein dezidiertes Raumprogramm jedoch nicht.

Duplex gewinnt "Pitch"

Erhöhter Patio

Die äussere Gebäudeanlage korrespondiert mit den Wohnungszuschnitten, bei denen die Planer bestrebt waren, ganze Fassadenabschnitte auch im Innen erlebbar zu machen. So ordneten sie die Zimmerdurchgänge nahe der Außenwände an, um schlossähnliche Enfiladen zu schaffen.

Die 27 Wohneinheiten variieren jedoch stark in ihrer Grösse: Die größten fünf Wohnungen mit 4,5 Zimmern messen 105 m², die vier kleinen 1,5 Zimmer-Studios dagegen nur 28 m². Letztere werden über einen knapp 70 m² großen Innenhof erschlossen, der im ersten Obergeschoss und damit oberhalb der durchgehenden 455 m² großen EG-Gewerbefläche liegt. Diesen erhöhten Patio erreicht man über das zentrale Treppenhaus, an dem auch alle anderen Wohnungen angebunden sind.

Keine Vorhangfassade

Ersatzneubau für das Walo-Haus

Quelle: Robert Mehl, Aachen

Die Fensterbrüstungen haben Andeer Granitstein als grün färbenden Zuschlag erhalten.

Echte Handarbeit

Anders als erwartet wurde die Betonfertigteilbrüstung nicht liegend auf Stahltischen einer Umlaufanlage produziert, sondern stehend nach dem Prinzip einer Riegelschalung erstellt. Auch wurde nicht mit einer grundsätzlich quaderförmigen Grundschalung gearbeitet, in die eine konkave und eine konvexe Kunststoffmatrize eingelegt wurden. Stattdessen wurde von vornherein mit einer gekrümmten Holzschalung operiert, wofür man – wie im Schiffbau – eine dünne, entsprechend gekrümmte Spanplatte an Holzspanten fixierte.

Um sowohl den Abdruck der Holzmaserung wie auch den der Schaltafelstösse im Beton zu vermeiden, trug man auf die Schalinnenfläche Acrylharze auf, die man nach ihrem Aushärten glattschliff. Zu diesen vorbereitenden Arbeiten lagen die Schalungselemente noch, sie wurden erst für die Betonage aufgestellt und zusammengefügt. Obwohl es sich um eine Holzschalung handelte, war diese auf ihre projektbezogene Wiederverwendung ausgelegt, da der handwerkliche Aufwand für ihre jeweilige Herstellung einfach zu gross war.

Verwendet wurde ein selbstverdichtender, frost- und tausalzbeständiger Beton, dem man Andeer Granitstein als Zuschlag beigab, um den gewünschten Grünschimmer zu erhalten. Mit Blick auf einen optimalen Poliereffekt entschied man sich für eine Korngröße von maximal 16 mm.

Verbunden war die Oberflächennachbehandlung mit einem erhöhten handwerklichen Aufwand, da es bislang keine industriellen Möglichkeiten gibt, eine konvexe Betonfläche maschinell zu schleifen und zu polieren. Immerhin war es den Arbeitern möglich, mit Winkelschleifern zu arbeiten, so dass diese sich nicht auf ihre Handballen und auf Schleifpapier beschränken mussten. Aber der zusätzliche Aufwand hat sich mehr als gelohnt: Die Farbe der Fensterbrüstungen wechselt beständig mit dem Lichteinfall und ihrer wetterbedingten Oberflächenfeuchtigkeit. Um zu vermeiden, dass diese Feuchtigkeit das Bauteil auf Dauer schädigt, wurden die Betonfertigteilelemente nach Abschluss der Schleifarbeiten schliesslich hydrophobiert.

Grünes Refugium

Sowohl die Dachlandschaft, mit Ausnahme der holzbeplankten Terrassenflächen, wie auch der hochgelegte Patio sind extensiv begrünt, weshalb der Neubau von oben wie ein grüner Annex des vis-a-vis gelegenen Klingenparks erscheint. Sein Innenhof steht allen Bewohnern offen, weshalb das Anwesen das Gefühl eines Großstadtrefugiums mit Ausblick ausstrahlt.

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