08:29 BAUPRAXIS

Bauwerksentwässerung für Swiss-Re-Neubau am Mythenquai in Zürich

Geschrieben von: Claudia Bertoldi (cb)
Teaserbild-Quelle: Häny AG

Jedem Bauprojekt gehen Erschliessungsarbeiten voraus. Am Campus Mythenquai in Zürich werden zurzeit die Grundlagen für ein neues Gebäude der Swiss Re gelegt. Für die Schmutzwasserentsorgung unterhalb des Kanalisationsnetzes wurden vier massangefertigte PE-Fertigpumpenschächte installiert.

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Quelle: Häny AG

Zum Einheben des rund 1000 Kilogramm schweren Schachts kommt ein Turmdrehkran zum Einsatz.

Direkt am Ufer des Zürichsees klafft eine riesige Baugrube. Anstelle des „Mythenschlosses“  komplettiert die Versicherungs-Gesellschaft Swiss Re ihren Hauptsitz am Campus Mythenquai mit einem Ersatzneubau. Das eigentliche Mythenschloss, ein 1926 im Gründerzeit-Stil errichtetes, herrschaftliches Wohnhaus, wurde bereits 1982 abgebrochen. An seiner Stelle baute die damalige Schweizer Rück ein Büro- und Wohngebäude, das nun dem Neubauprojekt „Lake“ der Architektengemeinschaft Meili & Peter Architekten und GFA (Gruppe für Architektur) weichen musste.

Das neue Gebäude wird sich mit seiner roten Fassade und den grossen Fensterflächen markant an der Uferfront des Mythenquais hervorheben. Ab 2026 sollen alle Mitarbeitenden der Swiss Re in der Schweiz an diesem Standort zusammenarbeiten.

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Quelle: Häny AG

Am Zürcher Mythenquai wird der Firmenhauptsitz der Swiss RE der Campus Mythenquai ausgebaut.

Jeder Schacht ein Unikat

In der Baugrube wurde inzwischen mit dem Vergiessen der Bodenplatte begonnen. Einige Bereiche sind bereits fertig betoniert, an anderen Stellen warten die fixfertigen Bewehrungsmatten auf den Betoneinbau. Zwischendrin klaffen freie quadratische Flächen mit rund zweieinhalb Meter Seitenlänge. Darauf kommen insgesamt vier grosse Fertigpumpenschächte zu stehen, von denen einer jetzt eingehoben werden soll.

Der komplett vorinstallierte Schacht steht bereits am Rand der Baugrube für den Einbau bereit. „In diesem Fall waren Systemlösungen gewünscht, die wir als Schacht in Schacht realisieren. Konkret bedeutet das, der Schacht setzt sich aus einem Aufstellraum und einen Sammelschacht zusammen. Der Sammelschacht ist im Aufstellraum fix integriert“, erklärt Heiri Menzi, Projektleiter Kunststoff- und Bautechnik bei der Häny AG in Rapperswil-Jona SG, der den Einbau  überwacht.

Beide Schachtteile sind absolut wasserdicht. Somit sind sie auch für den Einsatz im Grundwasser und in Schutzzonen geeignet. „Nebst Pumpenschächten bieten wir sämtliche Variationen von Schächten in Zusammenhang mit der Grundstückentwässerung an. Jeder Schacht ist ein Unikat und wird genau nach den Angaben und Wünschen des Kunden oder Planers konzipiert“, so Heiri Menzi.

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Quelle: Häny AG

Der fixfertige Schacht wartet in der Baugrube auf die Versetzung an den vorgesehenen Standort.

Leicht und stabil

Die Monteure stehen bereit. Zum Einheben des grossen Schachts mit einem Innendurchmesser von 2,4 Metern kommt der Turmdrehkran der Baustelle zum Einsatz. Im Normalfall würde ein einfacher kleiner Mobilkran die Arbeit übernehmen. Denn trotz der grossen Abmessungen ist das Schachtelement mit rund 1100 Kilogramm ein regelrechtes Leichtgewicht. 

Doch das Bauteil muss über die bereits verlegte Bewehrung punktgenau in der grossen Baugrube eingesetzt werden, was von oben sehr gut einsehbar ist und sich leichter handhaben lässt.

Die Schachtwände, der Boden und der Deckel bestehen aus Polyethylen (PE). Es ist ein durch Kettenpolymerisation vom petrochemisch erzeugten Ethen hergestellter thermoplastischer Kunststoff. Aus diesem langlebigen Kunststoff werden unter anderem auch Rohre und Verpackungen gefertigt. 

Polyethylen kann von der Natur nicht abgebaut werden. Im Falle der Schächte und Rohre ist es ein Pluspunkt, denn im Vergleich zu traditionellen Schachtelementen aus Beton oder Polymerbeton, die bereits nach einigen Jahrzehnten ausgetauscht werden müssen, kann bei PE mit einer Langlebigkeit von rund 100 Jahren gerechnet werden.

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Quelle: Häny AG

Langsam wird das grosse Schachtelement eingehoben.

PE ist sehr stabil. Weder besteht grosse Bruchgefahr, noch sind die Elemente rissanfällig und temperaturempfindlich. Auch Transport- oder Lagerschäden können so gut wie ausgeschlossen werden.

Das geringe Gewicht ist zudem ein grosser Vorteil beim Transport und Einbau der Schächte. Kleine Schächte können auch mit Muskelkraft auf den PKW-Anhänger verladen oder auf der Baustelle vorgewartet werden. „Die PE-Schächte sind tendenziell etwas teurer als Betonelemente. Aber die Langlebigkeit, einfacherer Transport und leichter Einbau kompensieren diese Kosten“, meint Menzi. Auf die Dichtigkeit der Schächte gewährt die Häny AG zehn Jahre Garantie.

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Quelle: Häny AG

Der Fertigpumpenschacht wird in die Bewehrung eingepasst und muss nur noch angeschlossen werden.

Vorfertigung in Rapperswil-Jona

Langsam wird der Schacht herabgelassen. Drei Mitarbeiter stehen bereit, um ihn exakt zwischen den aufragenden Bewehrungseisen einzupassen. Ein leichtes Schieben genügt, und der Koloss ist in Position und kann komplett abgesenkt werden. Einzig auf die vorstehenden Anschlussstutzen muss geachtet werden, damit sie nicht durch die Bewehrungseisen beschädigt werden. Der Einhub des Schachts hat keine halbe Stunde gedauert. Da bereits alle Anschlüsse werkseitig vorgesehen sind, kann auch die spätere Vernetzung schnell ausgeführt werden.

Der Schacht beziehungsweise der Sammelbehälter wird speziell zusammengebaut. Dies geschieht  komplett im Hauptsitz der Häny AG in Rapperswil-Jona. In der Werkhalle werden zunächst der Boden und Deckel des Schachts aus zwei Meter breiten, vier Meter langen und drei Zentimeter dicken Platten ausgefräst, die rund 230 Kilogramm Gewicht auf die Waage bringen. 

„Dies erfolgt mit einer digital gesteuerten CNC-Fräse. Viele Masse sind standardisiert und können wie ein Schnittmuster ausgelesen werden. Spezialanfertigungen werden nach den Angaben der hausinternen Projektierung ausgeführt“, erklärt Heiri Menzi den Ablauf. Der Verschnitt, der bei kreisrunden Elementen immer auftritt, wird dem Recycling zugeführt. 

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Quelle: Häny AG

Dieser Schacht wurde bereits vor einigen Tagen eingesetzt und ist bereits angeschlossen.

Auf Mass in Handarbeit

Auf dem Hof liegt eine grosse Auswahl an schwarzen Röhren verschiedener Durchmesser bereit. Sie werden in Stücken von bis zu sechs Metern Länge angeliefert und vor Ort auf das gewünschte Mass zugeschnitten. Bis zu einem Durchmesser von 140 Zentimetern sind sie komplett vollwandig ausgeführt, bei einem Durchmesser ab 150 Zentimetern handelt es sich um Wickelrohre. 

Nach dem Zuschnitt werden die Teile verschweisst. Dazu muss die zu verschweissende Stelle zunächst von der oxidschicht befreit und mit einer Ethylalkohol-Lösung gereinigt werden. „Sauberkeit ist das A und O einer korrekten und wasserdichten Schweissnaht“, so Menzi.

Insgesamt sind vier Mitarbeiter in der Produktion beschäftigt und arbeiten nach den Projektvorgaben die Details heraus. Druckleitungen, Einläufe, Entlüftung sowie die Kabelschutzrohranschlüsse werden in Dimension und Lage den Anforderungen angepasst. Alle Zu- und Ableitungen werden nach Plan eingeschweisst. 

Als Fertigpumpwerk sind die Pumpenschächte komplett mit Kupplungsfüssen, Kugelrückschlagventilen und Absperrarmaturen ausgestattet – ausgelegt auf den entsprechenden Schmutzwasseranfall des Objekts: Entwässerung von häuslichen, kommunalen oder industriellen Abwässern mit oder ohne Feststoffanteile. Die Schächte werden als fixfertige Einheiten ausgeliefert und müssen vor Ort nur noch versetzt und angeschlossen werden. 

Dieses einfache und saubere Handling erleichtert die Arbeit auf der Baustelle und macht die Kunststoffprodukte wirtschaftlicher als Beton. Auch die Handhabung und Wartung der Schächte ist unkompliziert. Das Schacht-in-Schacht-Modell ist begehbar. In die obere Abdeckung sind zwei separate Einstiegsöffnungen für beide Schachtteile eingearbeitet. Sie werden mit einem verschliessbaren, geruchsdichten Gussdeckel verriegelt. Im Aufstellraum ist eine Schachtleiter montiert.

Inzwischen sind auf der Baustelle des zukünftigen Gebäudes "Lake" alle vier Schächte eingebaut. Transport und Montage verliefen problemlos. Der Anschluss wurde inzwischen von den Sanitär-Technikern vorgenommen. Die Spezialisten der Firma Häny AG werden die Sicherheit und Zuverlässigkeit der eingebauten Schächte weiterhin überwachen. 

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Quelle: Claudia Bertoldi

In die Schachtwände werden laut Projektvorlagen die Öffnungen für die Anschlüsse eingearbeitet.

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Quelle: Claudia Bertoldi

Die Einzelteile werden miteinander verschweisst.

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Quelle: Claudia Bertoldi

Die Schweissstellen müssen von der Oxidschicht befreit werden.

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Quelle: Claudia Bertoldi

Die fertigen Pumpenschächte stehen zum Abtransport bereit.

Systemanbieter für sichere Pumplösungen

Die Häny AG ist ein führender Anbieter von hochwertigen Produkten und Dienstleistungen im Bereich Transport und Behandlung von Wasser und Abwasser sowie in ausgewählten Nischenbereichen. Häny gilt als kompetenter Systemanbieter von fortschrittlichen, innovativen und vor allem sicheren Pumplösungen.

Das Familienunternehmen wurde 1875 gegründet und wird in der sechsten Generation von Sabina Häny geleitet. Gestartet wurde mit einer mechanischen Werkstatt in Stäfa. Bereits zehn Jahre später ist die Maschinen-, Pumpen- und Apparatefabrik Häny in Obermeilen aktenkundig, der von 1892 bis in die 1920er-Jahre eine Giesserei angeschlossen war. Heute beschäftigt das Unternehmen in seinen verschiedenen Abteilungen im In- und Ausland insgesamt 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Seit Jahrzehnten ist der Name Häny auf dem Schweizer Markt ein Begriff für Pumpen- und Systemtechnik sowie Schwimmbadtechnik. Die starke Stellung wurde 1999 mit der Übernahme von Sulzer Pumpen Schweiz und fünf Jahre darauf mit der Übernahme der Generalvertretung der Netzsch Mohnopumpen AG in der Schweiz ausgebaut. Seit 2009 besteht eine Kooperation mit der Caprari S.p.A. in Modena, Italien.

Seit 2013 ist die Firma mit ihrem Tochterunternehmen Häny Austria GmbH in Österreich präsent. 2018 folgte die Eröffnung der Geschäftsstelle Haeny Inc. in den USA. Im selben Jahr wurden der Fertigungsstandort in Elin Pelin, Bulgarien, eröffnet und der neue Bereich Kunststoff- und Bautechnik ins Unternehmen integriert. Weltweit ist die Häny AG mit ihren jüngsten Produktionsbereich, den Zement-Injektionssystemen, vertreten. Sie können bei grossen Tunnel- und Tiefbau- sowie Infrastrukturprojekten zum Abdichten von Stollen, Tunneln oder Staumauern sowie zur Verstärkung des Baugrunds verwendet werden. 

Fertigung Kunststoffschacht

Geschrieben von

Ehemalige Redaktorin Baublatt

Claudia Bertoldi war von April 2015 bis April 2022 als Redaktorin beim Baublatt tätig. Ihre Spezialgebiete waren Architektur- und Technikthemen.

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