12:47 BAUBRANCHE

Zwei Handwerker zeigen sich vor Zürcher Bezirksgericht reuig

Teaserbild-Quelle: wal_172619 / pixabay.com / public-domain-ähnlich

Zwei Handwerker, die mitgeholfen haben, in einer Zürcher Baugenossenschaft gesamthaft rund 2,4 Millionen Franken zu veruntreuen, haben sich am Donnerstag vor dem Bezirksgericht reuig gezeigt. Gleichzeitig betonten sie ihre damalige Abhängigkeit von der Genossenschaft.

Weil die Beschuldigten grundsätzlich geständig sind, fanden die Prozesse im abgekürzten Verfahren statt. Die Handwerker einigten sich also mit der Staatsanwaltschaft auf Urteilsvorschläge.

Die Staatsanwaltschaft fordert für den einen Handwerker eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten mit einer Probezeit von zwei Jahren. Der 58-Jährige soll der mehrfachen Urkundenfälschung, der qualifizierten Geldwäscherei und der mehrfachen Gehilfenschaft zur qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig gesprochen werden.

Und zwar, weil er zwei Ex-Chefs einer Zürcher Baugenossenschaft über Jahre mit fiktiven Rechnungen geholfen haben soll, knapp 1,9 Millionen Franken zu veruntreuen. Die von den beiden Genossenschaftschefs telefonisch angekündigten Überweisungen hob der Beschuldigte – wie angeordnet – bar ab und übergab sie ihnen.

Später überliess er den Chefs die Bankkarten, mit denen sie die Bargeldbezüge selbst vornahmen. Sie verwendeten das Geld für ihre eigenen Zwecke, was dem Beschuldigten bewusst war.

Ende 2020 wurde der damalige Geschäftsführer der Genossenschaft fristlos entlassen, nachdem die Unregelmässigkeiten aufgeflogen waren. Gegen ihn läuft ein separates Verfahren. Der besagte Präsident verstarb Anfang desselben Jahres.

Von der Genossenschaft abhängig

Bei der Befragung sagte der Beschuldigte, er selber habe nichts von all dem Geld für sich behalten, sei aber von der Genossenschaft abhängig gewesen. Deren Chefs hätten ihn unter Druck gesetzt und gedroht, ihm keine Aufträge mehr zu geben, wenn er nicht mitmache.

Auf die Frage des Richters, ob er in all den Jahren nie daran gezweifelt habe, ob sein Handeln richtig sei, antwortete er: «Doch, Gopferdeckel!» Immer wieder habe er sich gefragt, ob er damit aufhören solle. Doch so habe er seine Mitarbeitenden bezahlen können. «Ich habe das alles gemacht, um an neue Aufträge zu kommen. Aber ich hätte es nie tun sollen», sagte er schliesslich reuig.

Im besagten Storenunternehmen, das er einst von seinem Schwiegervater übernommen hatte, sei er heute nicht mehr als Geschäftsführer tätig, sagte der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Er verdiene sein Geld jetzt mit Reparaturarbeiten und Mieteinnahmen. Die meiste Zeit verbringe er mit Holzen im eigenen Waldstück.

«Keine andere Wahl»

Auch der zweite Handwerker, der mit seinem Einzelunternehmen regelmässig Aufträge für die Baugenossenschaft ausführte, soll ab 2015 laut Anklageschrift den beiden Ex-Chefs der Genossenschaft geholfen haben, Geld abzuzweigen.

Und zwar über eine halbe Million Franken. Davon soll der der 72-jährige Italiener 103'000 Franken für sich behalten haben. Der Ablauf war bei ihm gleich: Er erhielt von den Genossenschaftschefs Geld überwiesen – meist 5000 Franken. Danach hob er es vom Konto ab und übergab es ihnen wieder bar.

Dies, obwohl er laut Anklage wusste, dass er keinerlei Gegenleistung für die erhaltenen Gelder erbrachte und die beiden Männer das Geld für ihre persönlichen Bedürfnisse verwendeten.

Für ihn fordert die Staatsanwaltschaft eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten – ebenfalls mit einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem soll er verpflichtet werden, der Baugenossenschaft 505'000 Franken zuzüglich fünf Prozent Zins – also rund 700'000 Franken – zu zahlen.

Auch dieser mittlerweile pensionierte Mann, der zusammen mit seiner Frau laut eigenen Angaben von 3700 Franken pro Monat lebt und kein Vermögen besitzt, zeigte vor dem Richter Reue. Immer wieder betonte er – teils auf Italienisch, teils in gebrochenem Deutsch –, wie leid ihm alles tue.

«Aber ich hatte keine andere Wahl, ich konnte mich nicht wehren», sagte er. Er sei auf die Aufträge angewiesen gewesen. Zudem sei er damals spiel- und alkoholsüchtig gewesen.

Die Urteilseröffnung findet in beiden Fällen um 16 Uhr statt. (sda)

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