Verkehr in der Bauregion Zürich: Auf dem Land wachsen die Autobahnen
Im Kanton Zürich haben gleich auf zwei Autobahn-Abschnitten grössere Ausbau-Arbeiten begonnen. Innerhalb von Zürich und Winterthur zeigt der Trend in die entgegengesetzte Richtung. Die Stimmbevölkerung beider Städte hat einen umfassenden Abbau des Strassenraums für den motorisierten Individualverkehr beschlossen.

Quelle: Eberhard Unternehmungen
Imposantes Bauwerk: Wenn die Mini-Autobahn durch den Hardwald fertig gebaut ist, wickelt hier an deren nördlichem Ende der zweigeschossige Hochleistungskreisel Chrüzstrass den Verkehr ab.
Nördlich des Hardwalds im Norden von Bülach im Zürcher Unterland ist derzeit ein spektakuläres Bauwerk zu sehen: Anstelle des als berüchtigtes Nadelöhr bekannten Kreisels Chrüzstrass entsteht hier ein zweigeschossiger Hochleistungs-Kreisel. Das heisst: Der Verkehr zwischen Bülach und Eglisau, der rund 60 Prozent des Gesamtaufkommens an dieser Stelle ausmacht, wird in Zukunft kreuzungsfrei über den abgesenkten neuen Kreisel hinweg führen. In diesem wird auch in Zukunft der Verkehr zwischen Glattfelden und Bülach abgewickelt.
Richtung Süden führt aus dem Kreisel eine separate Fahrspur kreuzungsfrei auf die ausgebaute Schaffhauserstrasse. Von hier aus soll der Verkehr ab September 2026 vierspurig durch den Hardwald rollen. Denn auf dem 2,9 Kilometer langen Abschnitt bis zum Anschluss Bülach Nord wird die bisherige, unfallträchtige Hauptstrasse zu einer vierspurigen, sogenannten Mini-Autobahn ausgebaut. Der Start zu den Hauptarbeiten für die Verlängerung der Flughafenautobahn A51 erfolgte Anfang Juni 2024 – neun Monate später als geplant.

Quelle: Eberhard Unternehmungen
Mittlerweile voll im Plan: Seit sie im Juni 2024 endlich anfangen durften, schreiten die Arbeiten an der Mini-Autobahn von Glattfelden nach Bülach (im Hintergrund) wie vorgesehen voran.
Zur Verzögerung des mit Gesamtkosten von 94,5 Millionen Franken veranschlagten Projekts war es vor allem wegen einer Submissionsbeschwerde gekommen. Auf sie ging das kantonale Verwaltungsgericht aus formalen Gründen nicht ein. Der Beschwerdeführer, ein unterlegenes Bauunternehmen, zog den Fall ans Bundesgericht weiter. Das Lausanner Gremium entzog dem Rekurs schon bald die aufschiebende Wirkung. Witterungsbedingt musste der Baustart dennoch auf das Frühjahr 2024 verlegt werden. Im Mai schliesslich führten die vielen Niederschläge zu einer zusätzlichen Verspätung. Laut den neusten Informationen der Baudirektion schreiten die Arbeiten nun aber planmässig voran. Aktuell ist vorgesehen, den Verkehr im Wald ab Sommer 2025 über die neue Strasse zu führen und in der Folge die bisherige Hauptstrasse umzubauen.
Startschuss mit Fragezeichen im Weinland
Ende 2028 soll der Ausbau eines weiteren zweispurigen Autobahn-Abschnitts im Norden des Kantons Zürich abgeschlossen sein. Das Teilstück der Weinland-Autobahn A4 von der Verzweigung Winterthur Nord bis Kleinandelfingen ist 9,5 Kilometer lang und gilt als einer der bedeutendsten Engpässe im Schweizer Nationalstrassen-Netz. In Zukunft wird der Verkehr hier über eine vollwertige Autobahn mit vier Fahrspuren plus Pannenstreifen durchs Zürcher Weinland fliessen. Im Dezember 2024 begannen mit ersten Rodungen einzelner Waldstücke die Vorarbeiten für das rund 350 Millionen Franken teure Vorhaben. Nach der Umsiedlung von bedrohten Reptilien, Ameisen und Schnecken soll es mit den Hauptarbeiten im Mai losgehen.

Quelle: Astra Infrastrukturfiliale Winterthur
Die A4 zwischen Winterthur-Nord und Kleinandelfingen wird von zwei auf vier Fahrspuren mit definitiver Richtungstrennung erweitert.
Der im ursprünglichen Ablaufplan gleich zu Beginn vorgesehene
Neubau der über 440 Meter langen und bis zu 40 Meter hohen Weinlandbrücke über
die Thur verzögert sich zwar. Das Bundesamt für Strassen (Astra) brach im Oktober
2024 das Vergabe-Verfahren ab. Laut einem Artikel im «Landbote» lagen die
Offerten der Bauunternehmen um mehr als 25 Prozent über den Vorstellungen des
Astra. Doch trotz der Verschiebung des Brücken-Neubaus um mindestens zwei Jahre
halte das Amt am Zeitpunkt für die Fertigstellung fest.
Vorwärts in Kloten, Warten in Zürich
Auch auf einer Bahnstrecke im Kanton ist ein Ausbau im Gange:
Der einspurige Abschnitt zwischen Opfikon-Riet und Kloten wird seit November
2024 auf zwei Spuren erweitert. Um Synergien zu nutzen, komme es im Raum
Kloten/Opfikon zu weiteren Arbeiten, führen die SBB auf der Webseite zum
Projekt aus. Unter anderem erhält der Bahnhof Kloten-Balsberg ein neues und
verlängertes Perron, verbesserte Zugänge und eine komplett neue
Personenunterführung. Anfang 2026 soll auch der Bahnhof Opfikon für den
stufenlosen Zugang zu Niederflurzügen ausgebaut werden. Die Gesamtkosten des
Projekts betragen rund 77 Millionen Franken. Einen Grossteil übernimmt der Bund.

Quelle: Christina Boschung
Vorarbeiten in Kloten: Hier entsteht eine Hilfsbrücke, über welche der Verkehr während des Neubaus der SBB-eigenen Brücke Schaffhauserstrasse über die Bahnlinie fliessen soll. Letztere wird zwischen dem Bahnhof der Flughafenstadt und Opfikon auf zwei Spuren ausgebaut.
Ein ungleich grösseres ÖV-Vorhaben erlitt 2024 diverse Rückschläge.
Gegen die Pläne für die neue Tramlinie ins Stadtzürcher Quartier Affoltern
gingen gemäss «Tages-Anzeiger» während der öffentlichen Planauflage im Frühjahr
und Sommer rund 100 Einsprachen ein. Und dann setzte der Kanton das Tram
Affoltern auch noch auf seine Liste mit 83 zeitlich verschobenen Bauprojekten
(siehe Hauptartikel). Im Stadtzürcher Gemeinderat haben Parlamentarierinnen und
Parlamentarier der SP, FDP sowie der Mitte-/EVP-Fraktion eine Motion
ausgearbeitet, um dem Vorhaben wieder Schub zu geben. Inhalt der Motion: Die
Stadt soll dem Kanton seinen Kostenanteil von 325 Millionen Franken am
Tramprojekt vorstrecken und zu einem späteren Zeitpunkt rückerstattet bekommen.
Ganz ähnlich, wie der Kanton Zürich im Jahr 2008 dem Bund unter die Arme griff,
um den Bau des neuen unterirdischen Bahnhofsteils im Zuge der Durchmesserline
zu beschleunigen.
Grün statt Asphalt, Velos statt Autos
Von der nationalen Referendums-Abstimmung im November,
welche die Gegnerschaft des Autobahn-Ausbaus gewann, war der Kanton nicht
betroffen. Keines der gebodigten Projekte befand sich auf Zürcher Grund. Dafür wurde
der motorisierte Individualverkehr auf der untersten Polit-Ebene ausgebremst. In
Dübendorf scheiterte eine Initiative zur Umwandlung der Tempo-30-Zonen der Glatttalstadt
in Tempo-40-Zonen. Wesentlich grössere Auswirkungen auf Bautätigkeit, Stadtbild
und Verkehrsfluss dürften zwei Abstimmungen in den beiden Grossstädten des
Kantons haben.

Quelle: Peter Weiss
Vorfahrt für den Langsamverkehr: In den nächsten Jahren soll dies in Zürich und Winterthur grossflächig neu gelten. Im Bild: das ehemalige Winterthurer Industriequartier.
In Zürich und Winterthur reüssierten die Gegenvorschläge zu zwei gleichlautenden Initiativen: jener zur «Gute-Luft-Initiative» sowie jener zur «Zukunftsinitiative». Die Stadt Winterthur ist daher nun verpflichtet, bis 2040 nicht weniger als 80'000 Quadratmeter Strassenraum in Grünfläche umzuwandeln. Im selben Zeitraum sind zudem 170'000 Quadratmeter Strassenfläche neu primär Fussgängern, Velofahrerinnen und dem ÖV zur Verfügung zu stellen. Zum Vergleich: Die insgesamt 250'000 Quadratmeter entsprechen der Fläche von rund 34 Fussballfeldern.
Noch schneller soll es in der Stadt Zürich vorwärtsgehen. Innert zehn Jahren soll auf 145'000 Quadratmetern des bisherigen Strassenraums das Grün gedeihen und sollen 462 000 Quadratmeter Strasse neu für ÖV, Velofahrer und Passantinnen reserviert sein