16:08 BAUBRANCHE

Kleine und mittlere Gemeinden haben grosse Reserven

Teaserbild-Quelle: Pierre Kellenberger

Kleine und mittlere Gemeinden verfügen gemäss einer ETH-Untersuchung über die grössten Siedlungsflächenreserven. Sie spielen deshalb bei der angestrebten Entwicklung nach innen eine Schlüsselrolle. Die Umsetzung erfordert aber eine klare Gesamtstrategie und einen langen Atem – und dies bei knappen Ressourcen.

Innenentwicklung: In Romanshorn TG wurde die Hafenanlage aufgewertet (Pierre Kellenberger)

Quelle: Pierre Kellenberger

Innenentwicklung: In Romanshorn TG wurde die Hafenanlage aufgewertet

Fast drei Viertel der unbebauten Bauzonenreserven liegen in den kleinen und mittleren Gemeinden. Das ergab eine Untersuchung der Professur für Raumentwicklung an der ETH Zürich. Und in diesen Gemeinden befinden sich rund zwei Drittel der Nutzungsreserven im Bestand.
"Die kleinen und mittleren Gemeinden sind die Hauptakteure der Raumentwicklung", erklärt ETH-Professor Bernd Scholl.
Bei über zwei Millionen weiteren Einwohnern liegt gemäss der ETH-Studie die theoretische Kapazität der bestehenden Reserven, in denen Wohnnutzungen zugelassen sind. Bei den inneren Reserven, das heisst in den weitgehend überbauten Gebieten, wird die zusätzliche Einwohnerkapazität auf 0,7 bis 1,4 Millionen beziffert, wobei eine Mobilisierungsrate von 20 Prozent dieser Flächen im Bestand angenommen wird.
Die Auseinandersetzung mit diesen Siedlungsflächenreserven sei zentral für eine erfolgreiche Umsetzung der Innenentwicklung, sagt Scholl. "Wir stehen vor einem Denkmusterwechsel in der Ortsplanung: Mögliches Wachstum wird mit den inneren Reserven des Bestands und nicht über Flächenausdehnung bewältigt werden müssen."

"Blick für das grosse Ganze"
Rein quantitativ seien ausreichend Reserven für die Siedlungsentwicklung nach innen vorhanden, doch die Innenentwicklung sei anspruchsvoller als das Bauen auf der grünen Wiese, hält Scholl fest. Neue Herangehensweisen und Verfahren seien als Ergänzung zu den bestehenden Instrumenten erforderlich. In rund 50 Gesprächen mit Vertretern von Gemeinden, Kantonen, Verbänden und Planungsbüros hat die ETH die Erfolgsfaktoren und Stolpersteine der Innenentwicklung ermittelt. Die konkrete Umsetzung erfordere "Massschneiderei und einen langen Atem", so Scholl. Für eine Innenentwicklung mit Augenmass und Qualität sei eine sorgsame Planung notwendig.
Eine klare langfristige Gesamtstrategie sei eine notwendige Voraussetzung, um die räumliche Entwicklung der Gemeinde in die gewünschte Richtung lenken zu können. Eine Gemeinde müsse den "Blick für das grosse Ganze" haben. Wichtig sei es auch, die Initiative zu ergreifen und in den wesentlichen Schwerpunkten der Strategie standhaft zu bleiben. Die politische Behörde müsse zudem den Bauherrschaften einen Schritt voraus sein, zum Beispiel durch eine aktive Bodenpolitik, und sie sollte gezielte Vorinvestitionen wagen, etwa in Konkurrenzverfahren.
Aber: Es gibt keine Patentrezepte. Zu unterschiedlich sind die Ausgangslagen der Gemeinden. Wesentlich ist aber der Erfahrungsaustausch zwischen den Gemeinden, wie es in der ETH-Studie weiter heisst. Gemeinden, die neue Wege beschreiten, könnten Impulse setzen und Ideen liefern.

Anforderungen steigen
Gerade die kleinen und mittleren Gemeinden sehen sich allerdings vor einige Herausforderungen gestellt, weil ihnen nur knappe finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen. Grosse Anstrengungen müssen vielerorts im Milizsystem geleistet werden. Dabei steigen die fachlichen Anforderungen an die Gemeindebehörden wie auch die beratenden Planer. Innenentwicklung bedeutet stets, sich mit Fragen des Verkehrs, Freiraums, der Nutzungen, Unterschutzstellungen und der Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu beschäftigen.
Probleme können auch durch Rollenkonflikte und unterschiedliche Ansprüche verschiedener Interessengruppe entstehen. Deshalb sind laut der ETH-Untersuchung Kompromissbereitschaft und Flexibilität nötig. Diese Entwicklung in den Gemeinden könne nicht nur in Harmonie stattfinden, erklärt Scholl. Kritik müsse man ertragen oder gar einfordern, denn dadurch könnten die Projekte besser werden. (bb)

Den vollständigen Artikel lesen Sie im Baublatt Nr. 34 vom 25. August 2017.

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