Holcim bestreitet Zulässigkeit der Klimaklage am Kantonsgericht Zug
Ein Zivilgericht kann nicht über Klimaschutzmassnahmen entscheiden. So argumentierte der Konzern Holcim am Mittwochvormittag in der Verhandlung am Zuger Kantonsgericht. Der Zementriese ist Beklagter unter anderem im Zusammenhang mit einer Schadenersatzforderung von Bewohnern einer vom Klimawandel betroffenen indonesischen Insel.

Quelle: Sasmitaayunani, eigenes Werk, CC BY-SA 4.0
Trügerische Idylle? Hafen der Insel Pari. Die Insel liegt vor der Küste Jakartas.
Bei der Verhandlung stand die Frage im Zentrum, ob die Klage überhaupt die Prozessvoraussetzungen erfüllt: Drei Bewohner und eine Bewohnerin der indonesischen Insel Pari fordern vom Zuger Zementkonzern Schadenersatz, Reduktion des CO2-Ausstosses und Beteiligung an Anpassungsmassnahmen. Dies aufgrund der Mitverantwortung des Konzerns für den Klimawandel, der die Lebensgrundlage auf Pari bedroht. Namens Holcim plädierten eine Anwältin und ein Anwalt.
Für den Klimaschutz sei in der Schweiz der Gesetzgeber verantwortlich, betonten die für Holcim Sprechenden. Ein Zivilgericht könne darüber hinaus keine Massnahmen verordnen. So würden das demokratische System und die Gewaltenteilung unterwandert. Die Klage sei ein rein "politischer Prozess", hinter dem Nicht-Regierungsorganisationen wie das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz stehe. Der Anwalt sprach von einer "Aufführung", für die das "Schweizer Vorzeigeunternehmen Holcim" als "Bösewicht" hinhalten müsse.
Formalrechtlich hätten die Klägerinnen und Kläger kein schützenswertes Interesse, das ausreichend persönlich, praktisch und aktuell sei, wie es die Zivilprozessordnung verlange. Vielmehr sei die gesamte Weltbevölkerung von den Folgen des Klimawandels betroffen. Die besondere und konkrete Betroffenheit der Klägerinnen und Kläger sei nicht gegeben. Überdies seien die Schadenersatzforderungen rein symbolisch. Den Klagenden gehe es um allgemeine Massnahmen an der ganzen Insel Pari, die nicht nur ihren eigenen, persönlichen Interessen dienen würden.
Würde sich nichts ändern, auch wenn Holcim die Zementproduktion einstellte
Weiter argumentierte der Holcim-Anwalt, die Persönlichkeitsverletzung müsse in der Gegenwart feststellbar sei.
Künftige
Schäden und die suggerierte Mitverantwortung von Holcim liessen sich
nicht im Vorhinein einklagen. Zudem würde sich an der Lage der
Klägerinnen und Kläger nichts ändern, "selbst wenn Holcim die
Zementproduktion ganz einstellen würde", so der Holcim-Anwalt.
Stattdessen würde ein anderes Unternehmen die Produktion übernehmen -
möglicherweise in einem Land, das weniger strenge Vorgaben für
Klimaschutzmassnahmen kenne. Die Reduktion der CO2-Emissionen müsse
global koordiniert werden.
Nach dem Plädoyer der beklagten Partei
verzichtete die Anwältin der Klagenden auf eine Replik, daraufhin ebenso
die Partei des beklagten Konzerns Holcim. In der Folge schloss der
vorsitzende Richter die Verhandlung. Das Urteil werde "zu gegebener Zeit
schriftlich eröffnet". (sda/mai)