11:02 BAUBRANCHE

Berner Münster: Zur Ehre Gottes und für das Seelenheil

Geschrieben von: Claudia Porchet (cet)
Teaserbild-Quelle: Berner Münster-Stiftung, Bern, 2014

Bern leistete sich im späten Mittelalter ein neues Münster. Das Gebäude verschlang Unsummen, bis es endlich fertiggestellt war. Die Bezahlung stellte die Verantwortlichen immer wieder vor Probleme. Roland Gerber hat ein Buch über die komplizierten finanziellen Verhältnisse geschrieben.

Süd-Ost Ansicht Berner Münster

Quelle: Berner Münster-Stiftung, Bern, 2014

Süd-Ost-Ansicht des Berner Münsters.

Im Sommer 1420 beschloss Bern den Bau eines neuen Münsters. Die alte vom Deutschen Orden betreute «Leutkirche» aus dem 13. Jahrhundert war für die Bürgerinnen und Bürger zu klein und auch zu baufällig, also zu gefährlich, geworden. So beschloss die Stadt den Bau einer neuen Kirche.

Der Berner Stadtarchivar Roland Gerber bietet in seinem kürzlich erschienenen Buch «Inszenierung von Glauben und Macht» Einblicke in die komplizierten Verhältnisse der Finanzierung des Kirchenbaus zwischen 1393 und 1470.

100'000 Gulden für neue Kirche

Der Rat schätzte die Kosten der neuen Kirche auf 100'000 Gulden, was damals eine immense Summe gewesen sein musste. Gezahlt wurde grösstenteils privat: über Schenkungen, Zinsen von Immobilien sowie Grundstücke und Stiftungen. Sponsoren waren grösstenteils reiche Bürger und Adlige. Ein Teil wurde auch mittels Ablasshandel bestritten. Doch es gab Widerstand: Die einfachen Leute wehrten sich, sich mit einem Almosen oder dem Kauf eines Ablasses am Kirchenbau beteiligen zu müssen.

Mit dem Bauwerk wollten die führenden Ratsgeschlechter die wachsende Bedeutung der Stadt Bern unter Beweis stellen und gleichzeitig die Kirche St. Nikolaus im ebenfalls von den Zähringern gegründeten Freiburg übertrumpfen, schreibt die Berner Zeitung. Am 11. März 1421 wurde der Grundstein zum neuen Münster gelegt. Der Neubau wurde als durch Kaiser und Papst verkörperten Ausdruck christlichen Glaubens verstanden.

Finanzierung durch Stifter

Der Rat hatte die Idee, den Grundstein für das Münster an der Aussenmauer gegen die Münstergasse hin zu legen. So konnte man mit den Bauarbeiten anfangen, ohne die alte Kirche abzubrechen, wofür ohnehin das Geld fehlte. Der Rat machte aus der prekären finanziellen Situation eine Tugend. Er gab den regierenden Geschlechtern die Möglichkeit, Grabkapellen entlang des nördlichen Seitenschiffs zu stiften, um damit wenigstens einen Teil des Münsters zu finanzieren.

Gleichzeitig erfolgte die Grundsteinlegung in Zeiten, die einem massiven Wandel unterlagen. «Als Folge von Wirtschaftswachstum und herrschaftlichem Ausgreifen auf die Landschaft veränderten sich auch die sozialen Verhältnisse in der Stadt», schreibt der Autor. Dank Innovationen bei der Herstellung, der Verbreitung von Gewerbeprodukten und der Einführung neuer Finanzierungstechniken im Handels- und Darlehensgeschäft wuchsen die Vermögen wirtschaftlich erfolgreicher Familien in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erheblich an. «Diese seit der Mitte des 14. Jahrhunderts zu beobachtende Ökonomisierung weiterer Lebensbereiche hatte allerdings auch zahlreiche Konflikte zur Folge», so Gerber

Da gab es ehemalige einflussreiche Freiherren- und Rittergeschlechter ohne Existenzgrundlage, die Töchter aus vermögenden Kaufmannsfamilien heiraten mussten. Kaufleute und Handwerksmeister stellten den Führungsanspruch von Rittern und Adligen in Frage, was zu Spannungen führte.

«Angehörige wirtschaftlich und sozial aufsteigender Geschlechter nutzten den Neubau der städtischen Pfarrkirche also dazu, den von ihnen beanspruchten Sozialstatus als Adlige gegenüber den im Kirchenschiff versammelten Zunfthandwerkern wirkungsvoll zu inszenieren, indem sie repräsentative bauliche Ausstattungen wie Grabkapellen, Gewölbe, Glasfenster und Altare stifteten.»

Nachdem man die komplizierten kirchenrechtlichen Grundlagen für die Errichtung der neuen Pfarrkirche gelegt hatte, vergingen noch einmal zwei Jahre, bis die ersten Sandsteinquader auf den Werkplatz transportiert wurden. «Jedem, der zum Bau mit Spenden beitrug, wurde als Lohn das Himmelreich versprochen», schreibt Gerber. «Oder er oder sie erwarb zumindest die Fürsprache des Stadtheiligen Vinzenz beim Jüngsten Gericht.» 

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