12:57 VERSCHIEDENES

Umweltverschmutzung: Tragbares Mehlwurm-Habitat gegen Plastikabfall

Geschrieben von: Silva Maier (mai)
Teaserbild-Quelle: Jacky Han

Den Plastikmüll im Meer bekämpfen und gleichzeitig für Ernährungssicherheit sorgen: Architekturstudent Pavels Liepins aus Kopenhagen schlägt dazu tragbare Mehlwürmer-Terrarien vor. Die Idee erscheint auf den ersten Blick skurril. Auf den zweiten regt sie zum Nachdenken an.

Färöer-Insel Insel Vágar

Quelle: Polina Kuzovkova, Unsplash

Die Färöer-Insel Insel Vágar mit dem Múlafossur-Wasserfall.

19 bis 23 Millionen Tonnen Plastikmüll geraten gemäss WWF jährlich in die Gewässer der Erde. Hält diese Entwicklung an, wird – ebenfalls laut der Naturschutzorganisation –die Menge Plastik die Anzahl Fische, die im Meer unterwegs sind, ab 2050 übersteigen. Auch wenn das Ausmass der Folgen noch nicht ganz erforscht ist, steht längst fest, dass sich der im Wasser treibende Kunststoff katastrophal auf die Tier- und Pflanzenwelt auswirken kann. Und auch der Mensch dürfte zunehmend darunter leiden.

Vor allem betrifft dies Regionen, in denen der Fischfang für die Bevölkerung überlebenswichtig ist. Ein Beispiel dafür sind die Färöer-Inseln, deren Wirtschaft beinahe vollständig von der Fischerei abhängt: Trifft die Prognose des WWF zu, dann müssen sich die Färöer in naher Zukunft nach neuen Einkommensquellen erschliessen.

Die Färöer-Inseln im Jahr 2100

Wie sieht es im Jahr  2100 auf den Inseln aus? Dies ist eine der Fragen, die sich Architekturstudent Pavels Liepins gestellt hat. Er hat im Rahmen seiner Masterarbeit repektive seines „InXects“-Projekts im Rahmen des Programms „Architecture and Extreme Environments“ an der Königlichen Akademie in Kopenhagen eine Zukunftsvision für die Inseln erarbeitet: Darin schlägt Liepins vor, im Meer vor den Inseln einen Wolkenkratzer zu errichten, der wie ein künstliches Ökosystem funktioniert, in dem „Pflanzen, Menschen und Insekten gut miteinander gedeihen“. 

Mehwurm

Quelle: Jacob Schill

Mehlwürmer können Plastik fressen.

Liepins erklärt die Idee dahinter in einem Video: Das Ökosystem zieht den Plastik aus dem Meer und wandelt ihn in qualitativ hochstehendes Protein um, das dem Menschen wiederum als Nahrungsmittel dient. Möglich machen dies Mehlwürmer. Sie zählen zu den proteinreichsten Nahrungsquellen mit dem kleinsten CO2-Fussbadruck. Zudem haben die Larven des Schwarzkäfers eine besondere Fähigkeit: Wie ein Forschungsteam der Stanford University herausgefunden hat, können die Würmer Kunststoffe fressen und verdauen – ohne dass sie dabei giftige Bestandteile in ihrem Organismus ablagern. Was sie danach ausscheiden, ist unbedenklich, es lässt sich sogar als Dünger verwenden. Darüber hinaus wechseln Mehlwürmer während ihres Lebenszyklus ihr Exoskelett und streifen es ab – die Hüllen können das Rohmaterial für abbaubare Biokunststoffe liefern.

Symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Mehlwurm?

Im Zuge seiner Feldstudien auf dem Färöer Inseln hat Liepins nun ein tragbares Habitat für Mehlwürmer entwickelt, das, wie Liepins erklärt, eine „symbiotische Beziehung“ zwischen Mensch und Tierchen ermöglicht. Es lässt sich wie eine Weste überziehen. Auf der Vorderseite ist ein Behälter angebracht, indem eine Mehlwürmer-Kolonie wohnt, die mit Kunststoff gefüttert wird. Für die klimatisch perfekten Lebensbedingungen sorgt die Körperwärme und -feuchtigkeit des Trägers. Der Mensch dient den Insekten damit laut Liepins als eine Art „Kraftwerk“.  Er stellt sich vor, dass sich das kleine Terrarium in Schutzanzüge für besonders unwirtliche Klimata oder gefährliche Situationen integriert werden könnten.

Was zunächst wie ein fantastisches Gedankenspiel oder eine Idee aus einem Science-Fiction-Roman ersheint, regt zum Nachdenken an. Liepins dazu: „Die Ergebnisse dieses Projekts haben mich davon überzeugt, dass die Arbeit mit dieser bemerkenswerten Spezies uns in der Zukunft dabei helfen kann, eine Lösung für den Umgang mit Plastikmüll und der Ernährungssicherheit zu finden.“




Konzept

Quelle: Pavels Liepins

So funktioniert die tragbare Mehwurmkolonie.

Geschrieben von

Chefredaktorin Baublatt

Ihre Spezialgebiete sind Architekturprojekte, Kultur- und Wissenschaftsthemen sowie alles Schräge, was im weitesten Sinn mit Bauen zu tun hat.

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