Uferschwalben werden in Kiesgruben heimisch
Uferschwalben finden hierzulande oft keine geeigneten Brutplätze. Ein findiger Kiesunternehmer schüttete daher Sandhügel auf als Alternative zu Steilufern von Flüssen. Seither graben die Vögel fleissig Brutröhren in die Aufschüttungen.

Quelle: BirdLife Schweiz
Als Ersatz für natürliche Sandwände entlang von Flüssen erstellen BirdLife und Partner künstliche Sandwände wie hier in Hüntwangen, damit die Uferschwalben ihre Bruthöhlen bauen können.
Schwalben und Mauersegler sind Boten des Sommers. Am frühen Abend ziehen sie jeweils in kleinen Formationen mit wildem Gezwitscher am Himmel ihre Kreise. Uferschwalben jagen mit spektakulären Flügen über Gewässer Insekten nach. Doch die kleinste Schwalbenart Europas hat in der Schweiz einen schweren Stand. Wenn sie von ihren Winterquartieren in Afrika nach Europa ziehen, finden sie nicht auf Anhieb Brutplätze. Bevorzugt gruben die wendigen Flieger einst ihre Brutröhren in natürlich entstandene Steilufer von Flüssen, wo sie vor Fressfeinden einigermassen sicher waren. Doch durch Schutzverbauungen und die abnehmende natürlicher Dynamik sind solche Brutplätze entlang von Fliessgewässern rar geworden, wie Birdlife Schweiz in einer Mitteilung schreibt.
Mit Sandhaufen des Kiesunternehmers fing es an
Ohne geeignete Brutplätze hätten Uferschwalben keine Überlebenschance. Selbst Sandinseln in Kiesgruben, die lange Zeit als Ersatz dienten, stehen heute immer seltener zur Verfügung, da Abbauprozesse beschleunigt und rationalisiert wurden. Daher will BirdLife Schweiz mit Schutzmassnahmen dazu beitragen, die Zukunft der Vogelart hierzulande zu sichern. Bereits vor Jahrzehnten suchten der Verein «Hot Spots» und BirdLife Schweiz nach Wegen zur Förderung der Uferschwalbe.
Warum nicht vor der Brutsaison in
einem Abbaugebiet für Zuschlagsstoffe mit einem Bagger eine möglichst
senkrechte Brutwand aufbauen, um eine natürliche Ufersteilwand zu
simulieren. Diese entscheidende Idee lieferte schliesslich der Aargauer
Kiesunternehmer Ueli Müller (Müller Kies AG). Denn auch er bemerkte, wie
Schwalben versuchten, ihre Brutröhren in ein vorbereitetes Sanddepot zu
graben. Kurzerhand schichtete er in Eigeninitiative einen separaten
Sandhaufen auf, sodass sich bereits kurze Zeit später die ersten
Uferschwalben niederliessen.
Spezielle Sandmischung für Brutröhren
Der Erhalt bestehender Kolonien in Kiesgruben hat deshalb hohe Priorität. Wo dies nicht möglich ist, schaffen gezielte Sandschüttungen Abhilfe. Dabei handelt es sich um künstliche Steilwände aus einer speziellen Sandmischung, die den Vögeln optimale Bedingungen zum Graben ihrer Brutröhren bietet. Dabei darf der Sand nicht zu locker sein, da sonst die Röhren in sich zusammenfallen. Ist er dagegen zu kompakt, merken die Vögel instinktiv, dass der Aufwand für den Bau einer Brutröhre zu gross ist.

Quelle: Samuel Erzinger
Künstliche Sandschüttungen dienen als Ersatz für die verloren gegangenen natürlichen Brutwände an Flussufern.
Schnell entdeckt und akzeptiert
Das Engagement und die baulichen Massnahmen führten dazu, dass 2024 bereits rund 2700 Brutpaare in künstlichen Sandschüttungen gezählt wurden. Damit brütet rund ein Drittel der Vögel in diesen für sie geschaffenen Sandwänden. Seit 2011 wurden an rund 50 Standorten künstliche Brutwände eingerichtet, ein Grossteil davon unter Beteiligung von BirdLife Schweiz. Letzten März 2025 kamen drei weitere Sandschüttungen dazu, gerade rechtzeitig vor der Rückkehr der Uferschwalben. Damit leisten künstliche Sandschüttungen einen entscheidenden Beitrag zum Fortbestand der Art.
Trotz der Erfolge mit künstlichen Sandschüttungen wäre es für BirdLife Schweiz ein lohnendes Ziel, wenn Uferschwalben wieder in revitalisierten, naturnahen Flusslandschaften brüten können. Das Gewässerschutzgesetz von 2011 bietet laut Birdlife Schweiz dafür eine wichtige Grundlage. Konsequente Renaturierungen seien zentral für die Verbesserung der Nahrungsgrundlage von Uferschwalben, die hauptsächlich aus Insekten besteht.
Eine zentrale Aufgabe bleibe vorerst, die bestehenden Brutplätze in Kiesgruben zu erhalten. BirdLife Schweiz ruft Kantone und Kiesgrubenbetreiber dazu auf, die Bedürfnisse der Uferschwalben frühzeitig in ihre Planungen einzubeziehen, etwa um stillgelegte Gruben gezielt als Brutstandorte erhalten zu können. Dennoch müsse das Engagement intensiviert werden. Denn neue Sandschüttungen an geeigneten Standorten sind dringend nötig. (mgt/sts)

Quelle: Marcel Burkhardt
Nur dank künstlichen Steilwänden in Kiesgruben kann die Uferschwalbe hierzulande noch brüten.