16:13 VERSCHIEDENES

Mit zugemauerten Fenstern gegen Steuern

Geschrieben von: Pascale Boschung (pb)
Teaserbild-Quelle: Michael/Flickr

In Grossbritannien stehen zahlreiche historische Gebäude, deren Fenster teilweise zugemauert sind. Dies aus einem einfachen Grund: Vor über 300 Jahren gab es eine Fenstersteuer. Je mehr Fenster eine Immobilie besass, desto mehr Steuern musste der Besitzer zahlen.

Die viel verachtete Fenstersteuer in Grossbritannien nahm 1696 ihren Lauf. Die Steuer eines jeden Briten wurde anhand der Anzahl Fenster – oder ähnlichen Öffnungen – seines Zuhauses gemessen. Zwar änderten sich die Details der Steuer im Laufe der Zeit, der Grundstein blieb aber immer gleich: Je mehr Fenster das Haus besass, desto mehr Steuern musste der Besitzer zahlen.

Für den Gesetzgeber war damals klar, dass die Fenstersteuer eine perfekte Gelegenheit bot, um die Steuerlast auf die Schultern der Oberschicht zu legen. Denn die reichen Leute hatten natürlich grössere Häuser und damit mehr Fenster. Ärmere Menschen lebten hingegen meist in kleineren Häusern. Um das System für die ärmere Schicht zudem noch attraktiver zu gestalten, wurden Immobilien mit weniger als zehn Fenstern von der Steuer befreit.

Natürlich war die Steuer aber längst nicht so fortschrittlich, wie es auf den ersten Blick schien. In den grossen Städten lebten viele arme Familien in grossen Mietshäusern mit vielen Fenstern. Deshalb unterlagen die Familien auch strengen Steuerprüfungen. Die Steuer wurde damals zwar vom Vermieter bezahlt, jedoch wurden die anfallenden Kosten den Bewohnern einfach inform von höheren Mieten wieder abgeknüpft.

Der grösste Fehler hinter dem System war aber die Annahme, dass die Leute auf so eine Frechheit nicht reagieren würden. Denn natürlich war die Steuer extrem verhasst unter den Briten. Anstatt also zu bezahlen, wählten viele Familien einen kreativeren Weg: Sie mauerten ihre Fensterzu. Auch bei Neubauten wurden oftmals die Anzahl Fenster reduziert um Steuern zu vermeiden. Neben höheren Mieten litten die Bewohner dementsprechend auch unter sehr dunklen Wohnungen und unzureichender Belüftung.

Erst um 1851 – 156 Jahre nach ihrer Einführung – fand die schräge Steuer ein Ende und wurde aufhoben. Und auch heute zeugen einige historische Gebäude in Grossbritannien noch davon. Im ganzen Land sind zahlreiche Immobilien zu finden, die mindestens ein oder zwei zugemauerte Fenster vorweisen.

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Redaktorin Baublatt

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