16:33 VERSCHIEDENES

Archäologie: Blick zurück in die Töpferei vor rund 3000 Jahren

Teaserbild-Quelle: Andrea Squitieri

Die Überreste einer Töpferei im sogenannten Dinka-Siedlungskomplex im Nordirak zeigt, dass die Keramikherstellung dort in der Zeit zwischen 1200 und 800 vor Christus äusserst organisiert gewesen sein dürfte.

Töpferwerkstatt

Quelle: Andrea Squitieri

Die freigelegte Töpferwerkstatt. Aus dieser Perspektive sind die Mauern der Gebäude sowie pyrotechnische Anlagen deutlich zu erkennen. |

Als eines der häufigsten und beständigsten Zeugnisse längst vergangener Kulturen zählt Keramik zu den wichtigsten archäologischen Quellen. Dennoch ist ihre Herstellung bislang wenig beachtet worden. Eine archäologische Entdeckung im Zagrosgebirge des heutigen irakischen Kurdistans rückt nun die Keramikproduktion in den Fokus: Im sogenannten Dinka-Siedlungskomplex in der Peschdar-Ebene ist ein Forschungsteam der Universität Tübingen und der LMU München auf eine laut Medienmitteilung  aussergewöhnlich gut erhaltene Töpferwerkstatt mit zwei Brennöfen gestossen, ebenso konnten sie Produktionsabfälle und geschichtete Sedimentablagerungen freilegen. Diese stammt vermutlich aus der Eisenzeit, die Archäologen gehen von einem Alter von zwischen 2800 und 3400 Jahren aus. Der Dinka-Siedlungskomplex wird seit rund zehn Jahren erforscht und gehört zu den am umfassendsten ausgegrabenen urbanen Siedlungen der Eisenzeit der Region.

Wie in einer Töpferei der Eisenzeit gearbeitet wurde

«Da die Werkstatt so gut erhalten ist, konnten wir verschiedene Techniken kombinieren und so ein umfassendes Bild davon gewinnen, wie Töpferinnen und Töpfer in dieser Region während der Eisenzeit tatsächlich gearbeitet haben», erklärt Silvia Amicone von der Forschungsgruppe Archäometrie an der Universität Tübingen und Erstautorin der Studie im Zusammenhang mit dem Fund, die im Journal of Archaeological Science veröffentlicht worden ist. Amicone und ihre Kollegen haben dazu die Tonmaterialien selbst – die Keramik, den Ton und die Innenauskleidung der Brennöfen – sowie die Ofenfüllung und die Überreste des Brennmaterials untersucht und konnten so sowohl Rohstoffe als auch die Herstellungstechniken identifizieren.

Laut dem Forschungsteam zeigte sich auch, dass die Werkstatt eine zentrale Rolle für ihre Umgebung gespielt hat: Zwar variierten die Gefässe aus der Siedlung in ihrer Form und Verarbeitung, wahrscheinlich wegen ihrer jeweiligen Funktion. Aber diese Variationen dürften Teil eines modularen und gut organisierten Produktionssystems gewesen sein, das wohl nicht nur den Dinka-Siedlungskomplex, sondern auch die umliegende Region mit Keramik versorgt hatte. Belege dafür sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der weiten Verteilung von Produktionsspuren im gesamten Siedlungskomplex, aber auch in weiteren, mittels geophysikalischer Analysen identifizierten möglichen Brennöfen. Dies deute darauf hin, dass die Töpferei in die städtische Struktur eingebettet und Teil eines Netzwerks von Werkstätten gewesen sei, die nach gemeinsamen Verfahren arbeiteten.

Organisierte Arbeitsabläufe bei der Keramikherstellung

«Töpferinnen und Töpfer mögen in den frühen Phasen der Herstellung unterschiedliche Verfahren angewendet haben, doch letztendlich vertrauten sie alle auf dieselben einfachen und effizienten Niedrigbrandmethoden – Temperaturen unter 900 Grad Celsius, oxidierende Bedingungen, langsame Aufheizraten und kurze Verweilzeiten in einfachen stehenden Öfen», sagt Amicone.  Diese Einheitlichkeit in der Herstellung deute nicht nur auf eine gemeinsame Tradition und eine starke kollektive Produktionsidentität hin, sondern auch auf einen Grad an Koordination, der auf hochgradig organisierte Arbeitsabläufe und institutionelle Aufsicht bei der Verwaltung von Ressourcen, Arbeitskräften und technologischem Wissen hindeuten könnte. «Dieses Mass an Komplexität haben wir in dieser Region zu dieser Zeit nicht erwartet», so Amicone. (mai/mgt)

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