09:07 MANAGEMENT

Chefsache mit Stefan Baumberger: «Ich muss nicht immer recht haben»

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«Kritik ist essenziell, um sich weiterzuentwickeln», sagt Stefan Baumberger, Geschäftsführer der Schweizer Baumuster-Centrale. In der Interview-Serie «Chefsache» nimmt er Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung.

Stefan Baumberger ist Geschäftsführer der Schweizer Baumuster-Centrale.

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Stefan Baumberger ist Geschäftsführer der Schweizer Baumuster-Centrale.

Was macht Sie zu einem guten Chef?
Stefan Baumberger: Ich kann gut zuhören, abwägen und eine Lage vernünftig einschätzen; trotzdem muss ich nicht immer recht haben.

Was glauben Sie, was sagen Ihre Mitarbeiter über Sie?
Es geziemt sich nicht, darüber zu spekulieren, aber natürlich hoffe ich, dass sie mich als kompetent und sympathisch wahrnehmen.

Wie gehen Sie mit Kritik um?
Ungerechtfertigte Kritik nervt, weil sie ungerechtfertigt ist. Gerechtfertigte Kritik nervt, weil sie gerechtfertigt ist und ich erkennen muss, dass ich etwas hätte besser machen müssen. Darum ist Kritik so essenziell, um sich weiterzuentwickeln. Wer ein System aufbaut, in dem keine Kritik möglich ist, steuert auf direktem Weg in eine autokratische Verblödung.

Wollten Sie schon immer Chef werden? Weshalb oder weshalb nicht?
Das «Chef-Sein» im Sinne des Innehaltens einer Machtstellung hat mich nie interessiert. Ich verstehe meine heutige Funktion als Konsequenz meiner Arbeit und als Ausdruck von Vertrauen und Hoffnung, die in mich gesetzt werden. Das ist schön.

Darf ein Chef auch Schwächen zeigen? Warum?
Wer meint, keine Schwächen zu haben, ist entweder ein Dummkopf oder ein Prahlhans. Ich versuche, beides zu vermeiden. Ich weiss, dass ich mich bei meinen Schwächen auf die Stärken meiner Mitarbeitenden verlassen kann.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage der Bauwirtschaft ein?
Die Auftragslage ist nach wie vor gut. Die Prophezeiung eines bevorstehenden Absturzes der Bauwirtschaft begleitet mich mittlerweile mein ganzes Berufsleben lang. Jeder Boom geht irgendwann zu Ende; wann und wie schmerzhaft dieses Ende sein wird, das wissen die Götter.

Sehen Sie in der Digitalisierung eine Chance oder eine Gefahr?
Die Digitalisierung ist mit Sicherheit ein grosser Hebel für effizientere Abläufe und ein Katalysator für neue Lösungen. Die kleinteiligen Strukturen der Bauwirtschaft erschweren jedoch die Entwicklung, Etablierung und Durchsetzung digitaler Standards und Abläufe. Trotzdem wird sich die Digitalisierung in der Baubranche durchsetzen – mit etwas Verspätung, aber auf breiter Front. Wer jetzt die Weichen nicht richtig stellt, droht zu den Verlierern im Umzug zu gehören.

Was schätzen Sie an der Baubranche und was nicht?
Gute Architektur zu schaffen, ist ein hehres Ziel, von dem viele Menschen über mehrere Generationen permanent profitieren können. Damit identifiziere ich mich gerne und versuche meinen Beitrag dazu zu leisten. Wir haben glücklicherweise eine insgesamt sehr gute Baukultur in der Schweiz, trotzdem gibt es leider allenthalben Immobilienspekulation anstatt Architektur, Profitgier anstelle von Qualitätsbewusstsein und Mauscheleien statt Wettbewerb.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Image der Baubranche zu verbessern?
Mehr Frauen würden der Branche guttun.

Was wünschen Sie der Schweiz?
Verglichen mit dem Rest der Welt leben wir in der Schweiz in einem geradezu unwirklichen Wohlstand. Das birgt immer die Gefahr mit sich, in Protektionismus und Stillstand zu verfallen. Ich wünsche mir, dass die Schweiz die Herausforderungen der Zukunft progressiv in Angriff nimmt und in der Welt als erfolgreiches Vorbild einer offenen, gerechten und empathischen Gesellschaft vorangeht.

Wie bringen Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut?
Indem ich die Grenzen nicht sehr scharf ziehe. Ich reise architektonisch interessanten Projekten hinterher, ich gehe auf Besichtigungen von Neubauprojekten und besuche Architekturveranstaltungen. Überall treffe ich auf Freunde aus dem beruflichen Umfeld. Insofern überlagern sich Privates und Berufliches in einem von mir gesuchten Umfang. Dass meine Partnerin ebenfalls Architektin ist, hilft.

Wo können Sie wirklich abschalten?
Zum Beispiel beim Squash mit Freunden. Nach wenigen Minuten reduziert sich die Welt auf die Box und den kleinen, schwarzen Gummiball... Und dann wird, was gross und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein... (stg)

Chefsache

In der Interview-Serie «Chefsache»nehmen bekannte Exponenten der Bauwirtschaft in loser Folge Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten die gleichen 20 Fragen, von denen sie zwölf auswählen und schriftlich beantworten können.

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