11:04 KOMMUNAL

Wenn die Quaggamuschel die Artenvielfalt bedroht

Teaserbild-Quelle: Linda Haltiner, Eawag

Sie ist winzig, aber ihr Zerstörungspotenzial ist gross: die Quaggamuschel. Sie belastet Seeökosysteme aber auch unter Wasser liegende Infrastrukturen. Neue Daten und ein Faktenblatt der Eawag, liefern einen Einblick in die problematische Verbreitung der invasiven Muschel.

Quaggamuscheln im Genfersee.

Quelle: Linda Haltiner, Eawag

Erobern die Schweizer Seen: Quaggamuscheln im Genfersee.

Invasive Arten zählen auf der ganzen Welt zu den Hauptursachen für den Rückgang der Artenvielfalt in Ökosystemen. Eine dieser invasiven Arten, die sich zurzeit in Schweizer Gewässern ausbreitet, ist die Quaggamuschel (Dreissena bugensis). Ursprünglich aus dem Schwarzmeerraum stammend ist sie mittlerweile in grossen Teilen Europas und Nordamerikas zu Hause. Sie gilt zusammen mit der Zebramuschel (Dreissena polymorpha) als eine der aggressivsten invasiven Arten.

Während die Zebramuschel sich seit den 1960er-Jahren in der Schweiz niedergelassen hat, wurde die Quaggamuschel erst im 2014 erstmals nachgewiesen, und zwar im Rhein bei Basel. Seither ist sie in verschiedenen Schweizer Seen heimisch geworden. Im Bodensee hat sie sogar die Zebramuschel weitestgehend verdrängt.

Als wesentliche Gründe für die Tatsache, dass die Quaggamuschel in tiefen Seen gegenüber der Zebramuschel konkurrenzfähiger ist, werden die Fähigkeit der Quaggamuschel, sich fast ganzjährig fortzupflanzen, weichen Grund in der Tiefenzone zu besiedeln und ihre effizientere Nahrungsaufnahme angesehen.

Mit dem Boot durch die Schweiz

Seit  die Quaggamuschel erstmals in der Schweiz festgestellt worden ist, hat sie sich rasant ausgebreitet. Dies konnte ein Team um Linda Haltiner vom Wasserforschungsinstitut Eawag und Hui Zhang von der Universität Konstanz nachweisen. So ist sie bereits in den folgenden Seen gefunden worden: im Genfersee, Bodensee, Neuenburgersee, Bielersee, Lac Hongrin und im Murtensee.

Die Mollusken verbreiten sich entweder auf natürliche Weise, indem sie im Larvenstadium in der Strömung schweben und so stromabwärts getrieben werden. Im Ballast-, Bilgen- oder Motorenkühlwasser von Schiffen und Freizeitbooten, die in verschiedenen Gewässern unterwegs sind, werden die Larven aber auch unbeabsichtigt vom Menschen verschleppt. Zudem kleben sich erwachsenen Muscheln an Booten und anderen Gegenständen fest: Werden diese nicht gereinigt oder gut getrocknet, bevor sie anderswo wieder zu Wasser gelassen werden, verbreiten sich die Muscheln auch auf diese Weise.

Das Risiko, dass sich die Schalentiere in von ihnen noch unbesiedelten Schweizer Gewässern weiter verbreiten ist laut dem Eawag-Forschungsteam gross.

Rasche Ausbreitung im Bodensee

Hat die Quaggamuschel einmal ein Gewässer befallen, dominiert sie dieses mit einschneidenden Folgen. Das zeigt ihre rasche Ausbreitung im Bodensee, wo sie erstmals 2016 nachgewiesen wurde. Bereits 2017 war sie in allen Seeteilen zu finden und ihre Verbreitung in der Flachwasserzone nimmt laut Eawag seither kontinuierlich zu. Sie besiedelt den See auch bereits bis in grosse Tiefen. Eine weitere Zunahme der Bestandsdichte in den tiefsten Bereichen sei anzunehmen.


Informationen dazu liefert ein neues Faktenblatt, das anlässlich des von der Eawag  geleiteten Forschungsprojekts „SeeWandel“ entstanden ist, fasst zusammen, warum sich die Quaggamuschel so schnell und weit im Bodensee verbreitet und was mögliche Folgen für das See-Ökosystem sein könnten.


Allerdings bleibt gemäss Piet Spaak, Eawag-Forscher und Leiter des „SeeWandel“-Projekts, noch offen, welche Konsequenzen die Quaggamuschel für die betroffenen Voralpen- und Alpenseen im Detail haben wird. Allerdings meint er, dass anhand der Beobachtungen, die in in Nordamerika gemacht worden sind, zu befürchten ist, dass die Quaggamuschel einschneidende Folgen für die hiesigen Seeökosysteme haben wird und diese möglicherweise aus dem Gleichgewicht bringt.

Reinigungspflicht und Sensibilisierungskampagnen

Das Eawag-Forschungsteam empfiehlt, noch nicht betroffene Gewässer bestmöglich vor einer Einschleppung zu schützen: Wichtigste Massnahme ist gemäss aktuellem Wissensstand die Weiterverbreitung zu verhindern; etwa mit einer Reinigungspflicht für Boote, die vorher auf einem anderen Gewässer verwendet wurden, oder aber mit Sensibilisierungskampagnen. Wie Spaak weiter erklärt, drängen sich für die Früherkennung aber auch für ein besseres Verständnis der Verbreitungsmuster und Populationsdynamik der Quaggamuschel ein regelmässiges und einheitliches Monitoring auf. (mai/mgt)

Der Störenfried am Ansaugkorb

In der Ausgabe vom 14. März hatte das Baublatt darüber berichtet, welche Schäden die Quaggamuschel bei Infrastrukturen anrichten kann. Mehr dazu im Artikel Der Störenfried am Ansaugkorb

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